SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 1 Minute
Ein Spiel entwickelt von Steffen Benndorf
erschienen bei NSV
Vorab eine Warnung an euch alle. Flieht, solange ihr noch könnt! Denn „The Game“ wird eure armen, reinen Seelen fressen. Auf ihnen herumkauen und als nicht definierbares Knäuel ausspucken. Doch auch eure geistige Gesundheit ist gefährdet! So dreht nun endlich um! Mich hat das Spiel bereits in seiner Gewalt! Es darf niemand mehr Opfer dieses Dämons in Kartengestalt werden! Niemand!
(Aus der göttlichen Komödie)
Sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt. Ihr habt eine Pforte betreten, von der ihr euch besser fern gehalten hättet. Denn nun gibt es keine Umkehr. Doch, was erwartet euch denn bei „The Game“? Die Spieler versuchen gemeinsam das Spiel zu besiegen. Hierzu werden Karten auf 4 Stapeln gelegt. Dabei darf niemand erzählen, was er aktuell auf der Hand hat, sondern versuchen mit dezenten Hinweisen seine Mitspieler zu führen.
Einen genaueren, bebilderten Ablauf dieses Rituals findet ihr in der Gallerie. Möge es euch und eurer Seele helfen.
Zögernd fragt er in die Runde: „Ist es okay, wenn ich oben links beginne?“
Murmelnde Zustimmung ist zu vernehmen. So dass er den Stapel mit der 9 beginnt.
Anna schimpft: „Kannst du nicht hören? Soll ich noch deutlicher werden? Mein Gott, das war echt Scheiße!“
Doch Bernd legt siegessicher eine 12 auf die 22. Denn, wenn man den aktuellen Wert um genau 10 Punkte unterschreitet darf man den Stapel zurückstufen.
Doch dann zögert er. Was soll er jetzt tun, jede Karte ist alles andere als optimal. Er fragt in die Runde: „Ist es okay, wenn ich oben rechts einen Sprung mache?“
Bernd antwortet: „Wie groß ist der Sprung.“
Darauf Christian: „Schon etwas.“
Anna bohrt nach: „Kannst du nichts anderes legen?“
Christian schüttelt den Kopf, was Anna wie folgt quittiert: „Naja… einen Tod müssen wir sterben.“
Bernd keucht auf: „Hör jetzt bitte auf!“
Christian nickt und zieht wieder 2 Karten nach, sein Soll für die Runde ist schließlich erfüllt.
(Mittelalterliche Hymnus über das jüngste Gericht.)
Wer bei „The Game“ ein langweiliges Kartenstapeln erwartet, der wird enttäuscht werden. Ich weiß, das Spiel polarisiert, aber in unseren Runden ist es bisher sehr gut angekommen. Runde um Runde hatten wir immer wieder das Gefühl, dass „The Game“ doch ein richtiges Eigenleben führt. Einen kleinen Dämon beherbergt, der einen spöttisch auslacht und einem Karten unterschiebt, die man definitiv nicht brauchen kann. Ständig vor Entscheidungen stellt, die Sieg oder Niederlage bedeuten können.
Diese Spannung wird mit knapp 100 Karten aufgebaut. Manch großes Spiel schafft das nicht mit weitaus mehr Material. Der drohende Schädel im Hintergrund verstärkt diesen Effekt sogar, wobei ich auch von Runden gehört habe, die diesen überhaupt nicht wahrgenommen haben. Für manche mag das Ganze dann doch zu viel des guten Geschmacks sein. Aber ehrlich gesagt finde ich ihn mehr als passend. Er unterstreicht die Stimmung, ohne sich dabei zu sehr in den Vordergrund zu drängen.
Natürlich gibt es Runden, in denen es die Verteilung der Karten unmöglich macht zu gewinnen. Aber was solls? Das Spiel ist so schnell gespielt und begeistert dabei so sehr, dass man einfach noch eine Runde anhängt. Und noch eine… noch eine… noch eine… Und, obwohl es bestimmte Absprachen unterbindet ist es ein sehr kommunikatives Spiel, bei dem die kleinsten Nuancen in der Stimme der Mitspieler dazu beitragen einen Hinweis zu vermuten, den man nun hoffentlich richtig deutet…
So hat es „The Game“ gefühlt innerhalb kürzester Zeit zum meistgespielten Spiel in meiner Sammlung geschafft, ohne dabei ausgelutscht zu sein. Vielen Dank dafür und für die neuen Flüche, die ich von bisher total unscheinbaren Mitspielern lernen durfte…
The Game – NSV – 2015 von Steffen Benndorf
Ein einfaches, aber dennoch böses Spiel, bei dem man in jedem Zug das Gefühl hat, dass man einen großen Fehler macht. Ein herrlich intensives Gefühl.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar selbst gekauft.
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