SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 5 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Friedemann Friese
erschienen bei 2F Spiele
Friedemann Friese ist ein Autor, der es mit seinen Werken liebt, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue Ideen zu integrieren. Dass das nicht immer in einem Meisterwerk enden muss, hat jeder von uns schon feststellen dürfen. Manchmal kommen mit dieser Prämisse auch ziemliche Gurken heraus, bei denen wohl die Autorenliebe zur Grundidee der ausschlaggebende Faktor war, das Produkt zu veröffentlichen. Nichtsdestotrotz entstanden einige meiner liebsten Spiele aus Frieses Feder, sodass ich stets neugierig bin, wenn ein neues Werk angekündigt wurde.
Da quäle ich mich dann auch gerne einmal durch ein Futuropia durch, wenn ich dann eben auch Perlen wie Freitag oder Terra entdecken kann. Also setzen wir auch diesmal mit Faiyum das Glas wieder mutig an und nehmen einen großen Schluck. Wir werden dann schon sehen, ob wir nun edlen Wein oder Essig im Mund haben.
(Sprichwort)
Wir sind in Faiyum allesamt Berater des Pharaos, um das namensgebende fruchtbare Gebiet zu nutzen und den größten Ruhm beim Ausbau desselben zu erhalten. Hierfür stehen uns zu Beginn allen dieselben Handkarten zur Verfügung. Mit diesen setzen wir erste Bauern ein, die Krokodile vertreiben und Rohstoffe ergattern oder bauen Siedlungen und Straßen.
Zusätzliche Handkarten erhalten wir aus dem variablen Markt. Diese bieten uns nicht nur verbesserte Grundaktionen, sondern auch einzigartige Möglichkeiten, das Spiel nach unserem Gusto zu beeinflussen. Dabei sorgt die Limitierung der Karten dafür, dass die Spieler allesamt eigene Wege zum Ziel einschlagen müssen.
Wann wir welche unserer Karten Spielen hat dabei einen großen Einfluss auf das Spiel. Denn neben dem Spielen der Karten und dem Kauf neuer gibt es noch eine dritte Aktion. Die Verwaltung. Hier bekommen wir nicht nur etwas Geld und entfernen Bauern vom Spielbrett, sondern dürfen auch die letzten drei ausgespielten Karten kostenlos zurück auf die Hand nehmen. Für den Rest müssen wir bezahlen. Zusätzlich verändert sich der Markt, sodass ein steter Wechsel stattfindet.
Das Spiel läuft, bis vier Katastrophenkarten ausliegen. Nun darf nicht mehr verwaltet werden. Wer keine Karte mehr kaufen oder ausspielen möchte, steigt aus und nimmt sich eine Katastrophenkarte, die allesamt unterschiedliche Ruhmpunkte wert sind. Wer am Ende des Spiels den meisten Ruhm sammeln konnte, gewinnt.
Die komplette Spielregel zu Faiyum findet ihr hier. (externer Link)
(Sprichwort)
Mein Gott, was war ich nach der ersten Partie Faiyum frustriert. Ein vollkommen undurchsichtiges Spiel traf auf stetes Nachschlagen im beiliegenden Erklärheftchen für die einzelnen Karten, was den Spielfluss nicht nur extrem hemmte, sondern auch dafür sorgte, dass ich weit abgeschlagen mit meinen Ruhm-Punkten auf dem letzten Platz lag. Ernüchtert fragte ich mich, wie man dieses Spiel überhaupt auf irgendeine Art und Weise in den Griff bekommen sollte, ohne seiner Willkürlichkeit ausgeliefert zu sein.
Doch man soll den Kopf nicht in den Wüstensand stecken. Schließlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Ja, eigentlich war ich nach einer Partie Faiyum bedient, aber das wollte ich so nicht auf mir sitzen lassen. Also kamen die zweite und dritte Partie und die liefen eindeutig besser. Denn ich hatte meinen großen Fehler entdeckt. Ich habe mich beim ersten Mal zu sehr an meine alten Karten geklammert, mein Deck dadurch jedoch nicht richtig optimiert und – schlimmer noch – einfach ausgebremst. Auch war es nun möglich, die Bildsprache richtig zu deuten, was den Spielfluss erheblich beschleunigte.
Und das ist eine der größten Stärken von Faiyum. Obwohl wir uns selbst stark optimieren müssen, ist das Spiel durch seine kurzen Aktionen in einem steten Fluss. Gleichzeitig benötige ich das richtige Timing, um meinen Mitspielenden nicht unnötige Vorlagen zu liefern. Heißt, ich muss nicht nur mein eigenes Deck in den Griff bekommen, sondern gleichzeitig grob im Überblick haben, was die anderen anstellen können. Auch weil Karten, die in einer Partie übermächtig wirken können, in der nächsten – wenn sich alle anders verhalten – auch schon wieder unglaublich schwach werden. Baut niemand Städte, sind alle Punktekarten, die diese betreffen, eben eher nutzlos. Und obwohl die Auswahl der Karten und der Zeitpunkt, wenn sie im Spiel landen immens willkürlich daherkommen, sind das Ecken und Kanten, die das Spielgeschehen interessant machen.
Schade nur, dass Faiyum durch sein Material eher abstrakt daherkommt. Gut, die Rohstoffe sehen noch aus wie die Dinge, die wir erwirtschaften, aber auch eine ausgebaute Faiyum-Ebene wirkt eben wie eine Ansammlung geometrischer Figuren. Was Jamey Stegmeier mit Tapestry über das Ziel hinausgeschossen ist, wurde hier zu wenig umgesetzt. Damit meine ich nicht, dass man unbedingt Miniaturen verwenden müsste, aber ein paar Aufkleber hätten dem Spielplan schon Leben eingehaucht. Da hätte man sich auch die süßen Krokodile, die thematisch auch eher seltsam wirken, einsparen können. Oder wurde euch klar, warum ihr eine Geldeinheit bekommt, wenn ihr ein Krokodil entfernt?
Solltet ihr also Faiyum bereits gespielt haben und nicht begeistert sein, gebt dem Spiel noch 1 – 2 Chancen. Das hat es verdient und braucht es auch, um seine Qualitäten zu zeigen. Denn Faiyum ist eine Perle, die zwar einen kleinen Makel hat, aber eben durch diesen auch eine eigene Schönheit besitzt.
Faiyum von Friedemann Friese
Keine Liebe auf den ersten Blick, abere in wirklich guter Friese. Wenn man die erste Hürde Überwunden hat, offenbart sich ein schnelles, aber dennoch intelligentes Spiel.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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