SPIELSTIL Rezension

Aeons End

Lesezeit: 7 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Kevin Riley
erschienen bei Frosted Games, Pegasus Spiele

- 3.Feb.2021

Die Menschheit hat sich, ganz nach Matrixmanier, tief nach unten in die Erde zurückgezogen, um Schutz vor der finalen Vernichtung zu finden. Doch die Maschinen – nein Monster – versuchen die „Feste der letzten Ruhe“ trotzdem zu überrennen. Aeons End erzählt die Geschichte der Rissmagier, die verhindern wollen, dass sich die „Feste der letzten Ruhe“ in den Friedhof verwandelt, nach dem sie klingt.

Jede hinreichend fortgeschrittene Technologie ist von Magie nicht mehr zu unterscheiden.

(Arthur C. Clarke)

Wir Rissmagier verteidigen gemeinsam die letzte Städte der Menschheit gegen ein übles Monster und seine Schergen. Haben wir den Fiesling ins Jenseits geballert, ohne dass einer der Magier oder die bewachte Stadt selber das zeitliche segnet, haben wir gewonnen. Die Reihenfolge der Züge wird durch ein Deck von Karten bestimmt. Es sind meist 4 Karten für die Spieler und 2 für den Gegner. Ein Zug beginnt also damit, die oberste Karte des Reihenfolgedecks zu ziehen. Je nachdem agiert dann ein Spieler oder der Erzfeind.

Es ist viel los auf dem Tisch. Links und Rechts die beiden Rissmagier. Der Rechte hat 2 Sprüche an seine Risse gebunden.

Ein Rissmagier wirkt zuerst etwaige Zauber, die er bereits an einen seiner Risse gebunden hat. Dies ist auch der typische Weg, um Schaden zuzufügen. Danach spielt er seine Handkarten aus. Die Karten haben unterschiedliche Typen: Zauber, die man wieder an Risse bindet, um deren Effekte auszulösen, Kristalle, die die Währung Ätherium generieren, um Karten aus der Auslage zu erwerben und Artefakte mit manch‘ hilfreichen Effekten, wie zum Beispiel Karten zu zerstören. Am Ende des Zuges zieht man auf 5 Karten auf. Ist der Nachziehstapel aufgebraucht, nimmt man den Ablagestapel, dreht diesen herum und zieht weiter, jedoch ohne zu mischen.

So sieht das Reihenfolgedeck für 2 Spieler aus. Jeder kommt 2 Mal dran, auch der Erzfeind. Ist der Stapel aufgebraucht wird neu gemischt.

Ist der Erzfeind an der Reihe, bricht durch das Deck des Feindes das Unheil über die Magier herein. Es besteht aus allgemeinen Karten und den speziellen des jeweiligen Gegners. Dies können einmalige Effekte sein, weitere Monster, die man bekämpfen muss oder Pläne, die nach einer gewissen Zeit eintreten, wenn wir sie nicht verhindern.

Einer der Erzfeinde in der Box, die Carapax Königin. Sie bringt Leerlinge (ja wirklich mit 2 „e“)

Diejenigen, die nicht an Magie glauben, werden sie niemals finden.

(Roald Dahl)



Robert meint:

Damit ihr, ich hoffe es ist OK, wenn ich beim informellen Du bleibe, diese Meinung einordnen könnt, möchte ich euch einen Eindruck meiner bisherigen Deckbuilder „Karriere“ geben. Der erste Kontakt mit dem Genre war „Dominion“. Nach ein paar Partien rangierte das Spiel bei mir zwischen langweilig und völlig belanglos. Zu öde war mir das Bauen des Decks als reiner Selbstzweck. Dann noch das selten verständliche und wenig interessante Nuscheln der Mitspieler „jetzt mach ich das, dann das, dann das und das und dann noch …„. Ich habe meist mit ein paar Ausnahmen einen großen Bogen um das Thema gemacht. Zwischenzeitlich kam das grandiose „Klong“, was mir zeigte, dass man mit Deckbau doch was Tolles machen kann. Und dann später, leider viel später, kam endlich Aeons End!

Die Auslage an Karten für dieses Spiel. In der Box ist noch einige weitere. Oben die Zauber, dann die Kristalle und ganz unten die Artefakte

Vieles von Aeons End ist klassischer Deckbau. Ich habe Geld durch die Kristalle, mit denen ich Karten kaufe und mein Deck aufwerte. Gleichzeitig versuche ich meine miesen Startkarten loszuwerden, damit die guten Karten schneller rotieren. Das ist Standardkost und ich werde hier auch nicht weiter darauf eingehen.Statt dessen bespreche ich die die Dinge, die das das Spiel besonders macht. Von der Spielmechanik her gibt es den Tweak, dass man seinen Ablagestapel nie mischt und sich damit die Reihenfolge, wie die Karten wiederkommen überlegen kann. Das ist sehr nett und gibt Möglichkeiten zu taktieren.

Jian, er startet mit zwei aktiven Rissen, die mit den beiden Funken. Die anderen beiden muss er noch bündeln und aktivieren, d.h. Ätherium (Geld) ausgeben. Das geht auf einmal oder schrittweise.

Was Aeons End aber wirklich zum Leuchten bringt, ist der kooperative Ansatz. Man kämpft gemeinsam gegen einen Gegner. Jetzt ergibt es richtig Sinn, ein möglichst tolles Deck zu bauen, um zum Beispiel der Carapax Königin, von uns inzwischen liebevoll „blöde Bitch“ genannt, so richtig einzuheizen. Es ist wichtig und spannend zu sehen, was der andere Magier macht. Es hat eine direkte Auswirkung auf die gesamte Spielsituation. Ich möchte natürlich wissen, wer welche Zauber an seine Risse gebunden hat. Es ist möglich, unter Umständen die Zauber eines anderen zu wirken. Das kann genau dann den zeitlichen Vorteil bringen, der gerade jetzt gebraucht wird. Dies fühlt sich (nur) anfangs so an, als würde man jemandem etwas wegnehmen, trotzdem lernt man diese Möglichkeit später sehr zu schätzen.

Die Königin hat ihr erstes Monster in den Kampf geschickt, welches uns jetzt auch jede Runde bekämpft. „Spezial“ bedeutet, dass eine Sonderfähigkeit des aktuellen Erzfeindes aktiviert wird. Bei der Königin muss man Leerlinge auf dem Tableau platzieren.

Oft genug haben wir lebhaft diskutiert, mit welcher Strategie man weiter vorangehen möchte oder wo man den nächsten Schaden am besten unterbringt. Denn neben der Deckoptimierung, ist die Entscheidung wem ich wann und wieviel Schaden zufüge der wichtigste Aspekt im Spiel. Der Erzfeind hat schon eine Riesenmenge an Lebensenergie und sein Kartenstapel spuckt regelmäßig weitere Monster aus. Es ist jedes Mal ein wunderbares Dilemma zu entscheiden, „haue ich dem Erzfeind auf den Kopf oder einem der Schergen?“. Wer sich nur um die Nebenmonster kümmert, wird verlieren, weil er sich von der Hauptsache ablenken lässt. Nimmt man den kleinen Fiesling als Ärgernis hin um dem Großen zu schaden oder ist der Kleine doch zu nervig geworden und muss in die Schranken verwiesen werden? Kooperative Spiele bieten oft dieses „wir gegen die“ Gefühl mit den entsprechenden „Ups und Downs„. Bei Aeons End scheinen die Emotionen doch noch eine Ecke intensiver. Die Feinde drehen die Daumenschraube schnell sehr eng, was die Situation wirklich beklemmend macht und umso größer ist die Befriedigung, sich gemeinsam aus dem Schlamassel befreit zu haben. Man freut sich über tolle Züge der anderen oder stöhnt, wenn es mal nicht so lief. Wer sich darauf einlässt, kann viele spannende Momente erleben.

Die Stadt tief unter der Erde gilt es zu verteidigen. Hat sie 0 Punkte erreicht haben wir verloren.

Aeons End dreht mit dem Reihenfolgedeck noch zusätzlich die Spannung hoch. Es gibt keine festgelegte Reihenfolge, in der gespielt wird. Dadurch kann es sogar vorkommen, dass der Erzfeind 3 oder im Extremfall 4 Mal am Stück an der Reihe ist. Alles schon passiert, und das heizt nochmal richtig ein oder beendet das Spiel vorzeitig. Es simuliert toll das Chaos eines solchen Kampfes, kann aber auch für manche zu glückslastig sein, ich finde es grandios.

Brama, wie alle anderen fängt mit 10 Lebenspunkten an. Wie alle anderen hat auch sie eine spezielle Fähigkeit, wenn sie genug Energie gesammelt hat. Kann sie einen anderen Magier heilen.

Ich habe nun schon viele Partien hinter mir und spiele immer noch sehr gerne eine weitere. Die Gegner in der Grundbox bieten schon einige, sehr unterschiedliche Herausforderungen, sodass der Spaß für eine grosse Weile gesichert ist. Die Magier unterscheiden sich bei ein paar Eigenschaften, wie zum Beispiel die Anzahl der aktiven Risse bei Spielbeginn, der Zusammensetzung der Startkarten und einer besonderen Fähigkeit. Die Unterschiede sind interessant aber nicht weltbewegend. Gerade als Anfänger sollte man einfach in die Kiste greifen und den Magier nehmen bei dem das Bild am meisten gefällt. Später, kann man dann genauer hinsehen und seine Magiergruppe bewusster zusammenstellen.
Bei den allgemeinen Gegnerkarten hätten es durchaus ein paar mehr sein dürfen, schnell kennt man diese auswendig und weiß oft, wie man darauf reagieren wird. Da fehlt es an Varianz und es wird wohl die eine oder andere Erweiterung helfen müssen. Trotz dieses kleinen Mankos kann ich Aeons End wärmstens empfehlen.
Dir hat die Rezension gefallen? Du denkst wir liegen völlig daneben? Lass uns wissen was du denkst.

Aeons End von Kevin Riley

Ein toller Deckbuilder in dem man gemeinsam gegen Monster antritt, um die letzte Bastion der Menschheit zu beschützen.

Spielstil – Wertung

Robert:

9/10
Das gefiel uns
  • Deckbau mit einer Aufgabe
  • Spannende Schlacht gegen einen gemeinsamen Gegner
Das nicht so
  • Ein paar mehr Gegnerkarten wären gut gewesen.
  • Aeons End könnte von einem Alphaspieler gekapert werden aber das ist in unseren Runden bisher nicht passiert.
Hier bekommt ihr „Aeons End“

Milan-Spiele

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Robert Alstetter

Brettspieler und auch Sammler mit Hang zum Minimalismus - Rollenspieler D&D 5e - Hobbykoch und ProfiEsser - softwarebegeistert - Sportlaie auf dem Mountainbike - Musikkonsument

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5 Comments
  1. Avatar-Foto

    Hallo Robert, gute Rezi..ich schau mir das mal an. Ich mag Deck Building. Das beste Spiel, das ich kenne ist „Legendary Alien“. Sauschwer, daher wohl nicht für jeden geeignet.

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      Hey Ralf,
      freut mich wenn dir die Rezension gefallen hat. Für mich war Aeons End schon ein Eye Opener was Deckbuilding angeht. Ich habe bisher ganz bewusst die meisten Deckbuilder ausgelassen.
      Vielleicht ist es daher ein Gateway Game sogar ein Gateway Game, um mir doch noch andere Spiele aus dem Genre „anzutun“.

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  2. Avatar-Foto

    Eigentlich finde ich Deckbuilding ja doof … Doch für Aeons End mache ich gerne eine Ausnahmen: So viel Spaß und Spannung (es fehlte nur noch die Schokolade) hatte ich bei einem Spiel schon lange nicht mehr. Eine tolle Kombination aus deck building und Kooperation. Und die Erzfeinde sind echt fies …

    Reply

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