Es ist mal wieder Zeit für die kleinen Drei. Der Kategorie, in der wir uns vom Umfang eher kleine Spiele ansehen, die aber auch ab und an ganz groß in unseren Herzen punkten können.
Früher oder später
Autor: unbekannt
Spieler: 2 – 12
Dauer: 15 – 45 Minuten
Komplexität: Einsteiger
Transparenz:
Kostenloses Rezensionsexemplar
Früher oder später?
Wir alle kennen dieses uralte philosophische Problem, welches sich mit der Zeitfrage zwischen Huhn und Ei beschäftigt. Doch während wir hier auf Cocktailpartys (gibt es die überhaupt noch?) vortrefflich beweisen können, dass wir ein Angeber sind, beschäftigt man sich in „früher oder später“ mit den wirklich wichtigen Fragen. Gab es zuerst den Teebeutel oder den Reißverschluss? War ABBA schon aufgelöst, als Modern Talking ihre Debüt-Single herausbrachte? Leider wird nicht überliefert, ob ABBA wegen Modern Talking an der Menschheit zweifelte und sich deswegen nicht mehr auf die Bühne stellen wollte.
Huhn? Ei? Egal, beides lecker.
Mit jedem Zug gibt es einen Fragesteller, der zwei der aufgedruckten Ereignisse vorliest. Danach tippen alle übrigen, ob das erste Ereignis vor oder nach dem zweiten war. Wer richtig liegt, bleibt im Spiel und darf entscheiden, weiter zu spielen oder aufzuhören. Aber Vorsicht, nur wer aussteigt, bevor er falsch liegt, sammelt Punkte. Von diesen benötigt man 30, um zu gewinnen.
Ich nehm den Telefonjoker
„Früher oder später“ ist tatsächlich ein witziges Spiel, welches jedoch erst im fortgeschrittenen Alter punkten kann. Denn es verlangt schon Vorwissen, um in etwa einschätzen zu können, dass Facebook den Like-Button eben nicht bereits 1972 eingeführt hat. Etwas, das für uns Ältere selbstverständlich ist, aber Kinder eben vollkommen überfordert.
Auch sind manche Ereignisse auf den Karten nicht sonderlich gut zusammengewürfelt. Nehmen wir obigen Facebook Like Button. Auf derselben Karte könnte es passieren, dass wir zuordnen müssen, ob diese vor oder nach dem Erreichen des Nordpols durch Robert Peary und Matthew Henson eingeführt wurde. Hier sind die Fragen dann viel zu einfach zu beantworten, was ein klein wenig Ungleichgewicht ins Spiel bringt – beziehungsweise dafür sorgt, dass die Ratendenden eine Freirunde erhalten.
Aber zum Glück sind viele Ereignisse so gewählt, dass man tatsächlich Nachdenken und im Zweifelsfall einfach Raten muss. Das sorgt für ein schönes Quiz-Gefühl mit Push-your-Luck Anleihen. Denn wer nicht rechtzeitig aussteigt, droht die gesammelten Punkte zu verlieren. Doch gleichzeitig möchte man den Mitspielenden nicht zu viel Vorsprung gönnen. Eine schöne Zwickmühle.
Tiroler Roulette
Autor: unbekannt
Spieler: 2+
Dauer: nicht angegeben
Komplexität: Einsteiger
Transparenz:
Kostenloses Rezensionsexemplar
Tirole Roulette Deluxe
Eigentlich wollte ich gerade nur mal kurz googeln, ob das Tiroler Roulette wirklich aus Tirol kommt. Aber wie es das Gesetz des Internets so möchte, bin ich wieder ganz woanders herausgekommen, als ich wollte. Nämlich zuerst auf der englischsprachigen Wikipedia, wo ich aufgeklärt wurde, dass es auch Bauernroulette heißt. Dort angekommen fiel mir wieder ein, dass ich schon lange nachschauen wollte, wer älter ist. Mario oder ich – ich habe übrigens gewonnen. Danach war der Spielekatalog von Shigeru Miyamoto an der Reihe. Dann fiel mir wieder ein, dass ich schon zu lange nicht mehr bei Stay Forever war. Zwei Stunden später wusste ich zwar immer noch nicht, ob das Tiroler Roulette aus Tirol stammt, dafür aber, dass der erste deutsche Auftritt der Schlümpfe im Fix und Foxi Nr. 20 von 1969 stattfand.
Ey cool! Beyblade! Aber wo sind die Gegner?
Tiroler Roulette kann jeder spielen, der es schafft, dem Kreisel genügend Schwung zu verpassen. Schwirrt er durch die Arena, schauen alle gebannt, bis er sich vor Erschöpfung hinlegt. Da er auf seinem Weg die Kugeln anstößt, bleiben diese zuweilen in den Löchern des Spielbretts hängen. Dort werden sie je nach Farbe gewertet. Die weißen geben ganz normal die aufgedruckten Punkte. Die rote Kugel wird abgezogen, die grüne verdoppelt. Wer dabei zuerst das zuvor festgelegte Ziel erreicht, gewinnt das Spiel.
Retro: latein Rückwärts
Ja, ich gebe es offen und ehrlich zu, ich habe mir ein Tiroler Roulette aus einem einzigen Grund gewünscht. Weil ich mich an die Zeiten mit Oma und Opa erinnern wollte. Als wir lachend am Esstisch saßen und den Kreisel aussandten. Ein schöner, harmloser Spaß, der auch mal ein hämisches Lachen erlaubte. Und wie es so immer mit Erinnerungen ist, diese sind einfach schöner und glamouröser, als die Realität.
Was mir zuerst auffiel, dass der Kreisel etwas grober verarbeitet ist, als ich es in Erinnerung hatte. Und so begab ich mich an das alte Brett (in diesem Fall zu meinen Eltern) und verglich den Kreisel. Ja, es gab einen Unterschied. In der alten Variante ist der Fuß (nennt man das so?) etwas spitzer gearbeitet. Das sorgt dafür, dass der Kreisel länger läuft, bevor er umfällt. Leider fehlt mir das physikalische Wissen über Reibung, um dies genau zu erklären. Spielerisch finde ich es spannender, wenn der Kreisel länger, als die 15 – 20 Sekunden schwirrt. Zumal er in dieser Version sogar ein wenig eiert.
Aber natürlich sind knapp 20 Sekunden spieltechnisch ausreichend und der Wunsch nach etwas mehr rein aus der nostalgischen Not heraus geboren. Denn das Tiroler Roulette tut natürlich genau das, was es soll. Kugeln durch die Gegend schnippen. Das funktioniert heute noch genauso gut, wie vor vielen Jahren. Auch wenn das Spiel für mich inzwischen einiges von seiner Spannung verloren hat.
Tiroler Roulette ist ein wunderschönes Ausstellungsstück, das auch zum Spielen einlädt. Eine Partie ist immer nett, aber nicht mehr fesselnd, wie ich es in Erinnerung hatte. Schön für ein Spielchen zwischendurch, aber nichts, was ich unbedingt brauche. Seiner Natur gemäß ist es vollkommen willkürlich, was man abkönnen und auch lieben muss, um damit viel Spaß zu haben.
Geschickt Gesteckt
Autor: Elizabeth Hargrave
Spieler: 1 – 2
Dauer: 20 Minuten
Komplexität: Einsteiger
Transparenz:
Kostenloses Rezensionsexemplar
Geschickt Gesteckt
Reichen 18 Karten aus, um ein Spiel zu sein? Dass das bei Love Letter mit 16 Karten klappt, lassen wir hier mal außen vor. Denn schließlich soll kein aufgesetztes Thema Grundlage des Spaßes bilden. Oder etwa doch? Denn schließlich gilt es in diesem Drafting- und Bluffspiel darum, den schönsten (Spaß… es ist wie immer der punkteträchtigste) Blumenstrauß zu stecken. Also liebe „ganze“ Kerle. Legt eure falsch verstandene Männlichkeit ab, denn vielleicht ist euer bislang verborgener Herzenswunsch doch einmal etwas Florales zu gestalten.
Botanik? Ich bin froh, wenn ich eine Blume von einem Baum unterscheiden kann.
Normalerweise wird Geschickt Gesteckt zu zweit gespielt. Am Zug nehmen wir zwei Karten vom Stapel und entscheiden, welche wir davon offen und welche wir verdeckt auslegen. Unser Gegenüber darf nun wählen, welche Karte ins Arrangement wandern soll. Danach tauschen wir die Rolle.
Nach vier Karten ist Schluss. Nun werden noch die Aktionen ausgeführt und danach die Punkte gezählt. Dabei ist wichtig, welche Blume offen (= Blumenstrauß) und welcher verdeckt (= Erinnerung) lag. Die Punkte werden notiert und eine neue Runde gestartet. Nach drei davon ist Schluss und es gewinnt, wer die meisten Punkte sammeln konnte.
Das war dann wohl der Zonk!
Bereits vom ersten Moment in Geschickt Gesteckt war ich an Tomaten, Gurken und Paprika erinnert. Nicht, weil man die abgebildeten Blumen mit Gemüse verwechseln konnte, sondern weil ich direkt an Punktesalat denken musste. Ja, die Spiele unterschieden sich in ihrer Mechanik, aber bei beiden sammel ich mit fehlenden Informationen Karten und hoffe am Ende die meisten Punkte zu haben. Leider ist das immer noch nicht meine Art Spiel.
Ich verstehe die Intention hinter dem Geschickt Gesteckt und lasse mich auch gerne von den wundervollen Illustrationen verzaubern. Aber da endet mein Verständnis für das Spiel auch schon. Denn ich bin ein Trampel. Mir fehlt das feingeistige Äderchen, um Freude zu empfinden. Mich fesselt das Spiel nicht genug, um einen Blick hinter den Vorhang zu werfen, mein Gegenüber zu lesen und zu deuten, welche Karte für mich vorteilhafter wäre. Kann man mir das anlasten? Sicherlich, aber ich empfinde das Spiel eben nicht als interessant genug.
Zumeist ist mir egal, welche Blume ich erhalte, denn zwei von ihnen werde ich mit großer Wahrscheinlichkeit ziemlich blind aufnehmen. Pläne bringen mich nicht voran, sondern eine glückliche 50/50 Wahl. Das wirkt eher wie eine abgespeckte Variante des Ziegenproblems, bei dem ich auch theoretisch verstehe, warum die Chancen besser stehen, wenn ich das Tor wechsle, aber mich dennoch wie ein Spielball des Showmasters fühle.
Natürlich ist es hier nicht ganz so schlimm. Denn es geht dabei nur um ein Spiel und ein kurzes noch dazu. Aber selbst dann bin ich in meiner Entscheidung frei genug eben ein anderes zu wählen, welches mir besser gefällt. Hanamikoji zum Beispiel, welches durchaus Parallelen aufweist, aber doch etwas mehr und vor allem interessantere Entscheidungen beinhaltet.
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