SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Manny Vega
erschienen bei Asmodee, Cardboard Alchemy, Lucky Duck Games
Bereits in seinem Kickstarter hatte Flamecraft mich optisch gefangen. Ich wurde komplett abgeholt und wollte das Brettspiel sofort haben und auf meinen Tisch bringen. Einfach, weil ich nicht nur die Drachen, sondern auch die Welt, in der sie leben, als unglaublich sympathisch empfand. Aber ich bin auch ein Opfer meines Medienkonsums, welcher auf manche arg befremdlich wirken mag. Denn neben Horrorfilmen kann ich vor allem auch friedlichen Fantasywelten viel abgewinnen.
Vielleicht bin ich hier einfach durch meine Kindheit mit Biene Maja und später den Studio Ghibli Filmen geprägt. Ich weiß es nicht. Was ich jedoch sagen kann, dass ich eben ein wohliges Gefühl habe, wenn ich entsprechendes konsumiere.
Flamecraft haut genau in diese Kerbe. Es sorgt beim Anblick für ein warmes Gefühl im Inneren. Bringt mich zum Lachen. Schafft eine wohlige Atmosphäre. Zumindest hat es das vor der ersten Partie. Danach ging es steil bergab. Denn dann wurde mir klar, dass ich mal wieder vom Aussehen her stark geblendet wurde. Etwas, das ich bereits in unserem Podcast erzählte.
Flamecraft wurde für mich zum äquivalent des alten Witzes, dass Licht schneller als Schall ist und man manche Personen beim Anblick toll findet. Bis sie den Mund aufmachen.
(Sprichwort)
Mit unserem süßen Drachen wandern wir durch eine noch viel süßere Fantasy Stadt, in der es allerlei Läden gibt. Zu Beginn liegen immer dieselben aus, doch das ändert sich im Verlauf des Spiels. Haben wir uns dafür entschieden, welchen Laden wir besuchen, dürfen wir dort entweder Waren einsammeln oder den Laden verzaubern.
Sammeln wir Waren, erhalten wir nicht nur diese, sondern dürfen auch noch einen passenden Werkeldrachen platzieren und dessen Belohnung kassieren. Das sorgt wiederum dafür, dass beim nächsten Besuch des Ladens vor allem mehr Waren gesammelt werden können. Außerdem dürfen wir noch die Sonderfähigkeit eines im Laden befindlichen Werkeldrachens und die des Ladens selbst auslösen.
Um einen Laden zu verzaubern, nehmen wir einen passenden Zauber aus der Auslage und geben die dort angegeben Waren ab. Nachdem wir unsere Belohnung kassiert haben, wird der Zauber in den Laden integriert und erweitert dadurch auch wieder die Waren, die wir beim Einsammeln erhalten. Ein weiterer Vorteil des Verzauberns ist, dass wir alle Werkeldrachenfähigkeiten des Ladens auslösen dürfen.
Wurden während des Zuges in einem Laden der letzte Platz mit einem Werkeldrachen besetzt, erscheint ein neues Geschäft, welches die Stadt erweitert. Danach geht es reihum weiter. Wurden alle Karten vom Zauber- oder Werkelstapel gezogen, endet das Spiel und es gewinnt, wer die meisten Punkte sammeln konnte.
Die komplette Spielregel zu Flamecraft findet ihr hier. (externer Link)
(Ninon de Lenclos)
Flamecraft sieht so unglaublich hübsch und süß aus, dass man beim Anblick schon beinahe befürchten muss, einen Zuckerschock zu bekommen. Die unglaublich vielen schön gestalteten Details, die dort auf uns warten, laden dazu ein, in eine andere Welt zu versinken. Eigentlich möchte man direkt in dieser Stadt über den Markt schlendern und nur alles auf sich wirken lassen. Doch leider hat Flamecraft einen entscheidenden Nachteil. Irgendwo auf dem Weg der Entwicklung wurde vergessen ein interessantes Brettspiel in die Schachtel zu packen.
Das ist äußerst schade, da grundlegende Ansätze vorhanden sind. Es ist etwas Planung und Timing vonnöten, aber nichts Tragisches. Man ist am Zug, wählt einen Laden, wird mit Vorteilen überschüttet und fertig. Gerade Letzteres ist mein größtes Problem, das ich mit dem Spiel habe. Ich werde regelrecht mit Waren geflutet, ohne irgendetwas dafür zu tun! Das empfinde ich dann auch nicht als befriedigend. Schließlich habe ich ja nichts Großartiges vollbracht, sondern nur meine Drachenfigur bewegt.
So stolpere ich dann durch das Spiel. Selten muss ich einen Plan verfolgen, da das Belohnungshorn eh so weit geöffnet ist, dass ich immer einen Vorteil aus meinem Zug ziehen kann. Mit Spannung hat das nichts zu tun. Dafür fehlen die Steine, die einem ein Spiel in den Weg legen könnte. Ich meine nun nicht, dass man die Komplexitätsschraube bis an den Anschlag hätte aufdrehen müssen, aber ein wenig mehr würde ich mir meinen Erfolg schon erarbeiten wollen.
Natürlich kann man mir jetzt vorwerfen, dass ich komplett an der Zielgruppe vorbeischreibe. Diese liegt doch ganz klar im Familienspiel. Dem entgegne ich jedoch, dass ich mit Familienspielen auch meinen Spaß habe! Mehr, als man mir vielleicht zutrauen möchte. Aber die Flamecraft Spielrunden waren allesamt nach demselben Schema.
Im Spiel war es irgendwo ganz nett und danach habe ich mich gefragt, was ich jetzt eigentlich getan habe. Das ist ein wenig wie bei Mc Donalds essen gehen. Währenddessen findet man es ok, danach ist man vollkommen unbefriedigt.
Ja, ich kann mir vorstellen, dass es eine Zielgruppe für das Spiel gibt. Aber ich bin nicht hier, um eine zu erfinden, damit ich dem Spiel eine möglichst gute Bewertung geben kann, sondern um meine Erfahrungen wiederzugeben. Wenn ich es aber einordnen müsste, dann wahrscheinlich bei Spielenden die Phase 10 entwachsen sind, neben Catan noch etwas neues haben möchte, denen Terra Nova aber zu komplex ist.
Nein, Flamecraft ist kein Spiel, das mich begeistern kann. Es sieht hübsch aus, das war es dann aber auch fast schon. Spielerisch kann ich mir interessanteres vorstellen. Denn nimmt man die wundervolle Optik weg, bleibt ein langweiliges Ressourcentauschen, mit dem man niemanden hinter dem Ofen hervorlocken könnte.
Flamecraft von Manny Vega
Äußerlich sehr gelungen, fehlt bei Flamecraft jedoch das interessante Spiel. So ist es im Kern eine seelenlose Rohstoffschubserei ohne Anspruch.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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