Ab und an bekommt man in seiner Brettspiel-Blogger Karriere auch mal die Möglichkeit, Spiele lange vor der Veröffentlichung zu spielen. Letztes Wochenende war wieder so ein Moment. Denn Doris Rogoll von Rockerl Games hatte auf Facebook nach interessierten Spielenden gesucht, die einen Blick auf das Erstlingswerk von Johannes Rogoll richten möchten. Praktischerweise liegt der aufgerufene Ort etwa eine halbe Stunde von mir entfernt, sodass ich mir dieses Vergnügen nicht nehmen lassen wollte. Zumindest hoffte ich, dass es ein Vergnügen werden würde. Denn beim Titel Aelderman sollte es sich um ein komplexes Euro handeln und hier können sich manche Newcomer doch etwas überschätzen.
Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und besuchte die Rockerl Games Außenstelle, um mir ein genaueres Bild zu machen. Dabei muss ich noch eines sagen. Diese erste Partie haben wir im Einsteigermodus absolviert. Das bedeutet, dass nur ein Teil der Regeln aktiv waren, um erst einmal die Mechaniken des Spiels zu verinnerlichen.
Das ist der Hintergrund von Aelderman
Nein, Aelderman ist kein neuer Superheld, sondern ganz einfach gesagt der Vorsitzende einer hansischen Handelsniederlassung oder einer Zunft. Und damit haben wir den Hintergrund des Titels auch bereits erreicht. Denn für dieses Spiel reisen wir zurück ins Mittelalter, als die Hanse ihre Hochphase hatte. Wir reisen mit unserem Schiff im Nord- und Osteseegebiet umher, um Handel zu treiben und unsere Macht zu festigen.
So wird Aelderman gespielt
Wie oben bereits erwähnt, haben wir die Einsteigervariante gespielt. Und ich muss noch eines ergänzen. Ich bin auch einer der Spieler, der Einsteigervarianten gerne überspringt. Solltet ihr jedoch irgendwann einmal Aelderman besitzen, solltet ihr diese Variante unbedingt spielen! Diese hilft euch tatsächlich ins Spiel zu kommen, ohne es zu verfluchen.
Fangen wir aber am Anfang an. Wir starten alle mit unserem Schiff in Lübeck. Nacheinander sind wir am Zug. Dabei besteht eine komplette Runde aus insgesamt vier Zügen. Der Zufall entscheidet dabei, ob wir in einem Zug drei, vier oder fünf Aktionen zur Verfügung haben.
Zuerst müssen wir unser Schiff immer in eine angrenzende Stadt bewegen. Dort müssen wir mindestens eine und dürfen maximal zwei Aktionen ausführen. Danach müssen wir das Schiff wieder bewegen, um in der nächsten Stadt wieder mindestens eine oder maximal zwei Aktionen auszuführen.
Die Aktionen sind in drei Kategorien und zwei Zeilen geteilt. Die Zeilen dienen ganz einfach dazu, dass man keine zwei Aktionen aus derselben Zeile wählen darf. Die Kategorien umfassen den Wert der Aktion. Also wie viele unsere Aktionspunkte (eins – drei) wir für diese verwenden müssen.
Die Aktionen selbst können wir nutzen, um Waren zu kaufen, Waren zu verkaufen, Waren zu ändern, Machtsteine zu erhalten, Machtsteine zu platzieren oder das Rad zu drehen. Und genau bei diesem Rad müssen wir erst einmal ansetzen, um den Warenkauf verständlich zu machen und das Besondere an Aelderman aufzuzeigen.
Wir alle besitzen ein Warenrad. Dieses gibt an, was wir aktuell wo einkaufen können. Am Anfang der Runde wird es immer automatisch ein Feld im Uhrzeigersinn gedreht. Manche Aktionen erlauben es uns auch, dieses aktiv weiterzudrehen. Danach geben die Farbe der Stadt und der Wert der Aktion an, welche Waren wir erhalten. Somit muss man nicht nur einen Blick darauf haben, was wir aktuell kaufen können, sondern auch, wie sich das Ganze entwickeln wird und wie wir eingreifen müssen, um die von uns bevorzugten Waren zu erhalten.
Wo wir schon bei Waren sind. Von diesen gibt es eine ganze Menge. Zehn Stück in fünf Kategorien. Dabei können acht von ihnen über die entsprechenden Aktionen verändert werden. Heißt, wir geben eine Ware ab, um eine der besseren Kategorie zu erhalten oder wir geben eine höherwertige ab, um sie in mehrere weniger wertige zu zerlegen. Dabei müssen wir jedoch immer auch ein Auge auf unseren Frachtraum werfen. Dieser ist begrenzt und haben wir zu viel Gut, müssen wir uns entscheiden, welches wir über Bord werfen.
Verkäufe gibt es dann auch in verschiedenen Kategorien. Es müssen immer mindestens vier geforderte Waren in einer Stadt verkauft werden. Das gibt es schon mal einen recht ordentlichen Ertrag. Jedoch können wir uns auch entscheiden, ob wir insgesamt sechs oder auch acht Waren verkaufen. Wieder gibt die Stadt vor, was das sein muss. Jedoch erhalten wir dann neben mehr Geld sogar noch einen Machtstein in dieser Stadt oder ersehnte Siegpunkte.
Damit man noch weiter planen muss, gibt es noch Stadtaktionen. Diese dürfen wir entweder in Lübeck ausführen oder in einem von uns angelegten Handelskontor. Hierunter fallen Feste, die wir feiern (um Machtsteine zu erhalten) und Gebäude, die wir bauen können. Letztere haben laufende Kosten, die wir in jeder Runde bestreiten müssen, geben uns jedoch auch Vorteile, wie Sonderumwandlungen von Waren, Erträge und vieles mehr.
Endet eine Runde, kommt es noch zu einem Zwischenschritt, bevor die nächste startet. Hier werden ausliegende Siegpunkt und Warenkarten unter den Mitspielenden versteigert. Dafür müssen wir in einer geheimen Auktion eine beliebige Anzahl unserer Machtsteine bieten. Wer die meisten hat, darf zuerst wählen. Wer jedoch mindestens einen Stein geboten hat, hat die Möglichkeit, eine Karte zu ergattern. Es finden dann insgesamt zwei Auktionen statt, bevor wir in die nächste Runde starten.
In der Einsteigervariante von Aelderman endet das Spiel nach zwei Runden. Dann muss man seine persönlichen Ziele erreicht haben, die einem zu Spielbeginn zugelost wurden. Es gewinnt, wer diese erfüllen konnte (die Einsteigerversion ist also ein reines Spiel gegen sich und seine Fähigkeiten). In der vollen Variante werden insgesamt fünf Runden gespielt. Hier gewinnt, wer die meisten Siegpunkte erreichen konnte. Zusätzlich gibt es noch weitere Regeln, die das Spiel bereichern sollen. Zum Beispiel Mehrheiten an Machtpunkten in einzelnen Städten und durch Gebäude in einzelnen Stadtbezirken. Aber das ist eine andere Geschichte.
Wie geht es mit Aelderman weiter?
Rockerl Games arbeitet aktuell am letzten Schliff von Aelderman. Die Mechaniken selbst stehen schon so weit fest, jedoch kümmert sich aktuell ein Grafiker noch darum, dass alles gut aussieht und dennoch verständlich ist. Im Prototypen gab es schon ein paar Symbole, die sich einem nicht so ganz erschließen wollten. Das soll jedoch in der finalen Fassung nicht mehr der Fall sein.
Wenn dann alles fertig ist, wird das Spiel über Kickstarter gefördert werden können. Jedoch wird der ursprünglich angepeilte Termin im September wahrscheinlich nicht mehr eingehalten werden können. Aber lieber lässt sich Rockerl Games noch ein paar Tage Zeit, um dann mit der perfekten Version ihres Spiels an den Start zu treten. Unter anderem denkt Johannes Rogoll (der Autor) nach, wie er einen Solo-Modus passend integrieren kann.
Wer selbst einmal einen Blick auf Aelderman werfen möchte, kann dies unter anderem auf der Berlincon machen. Dort wird Rockerl Games mit einem eigenen Stand vertreten sein. Besucht sie also und lasst euch das Spiel direkt zeigen. Sie sind sehr nett und beißen garantiert nicht.
Außerdem lohnt sich definitv auch ein Blick auf die Homepage von Rockerl Games, falls ihr ihnen weiter folgen möchtet.
Lohnt sich Aelderman überhaupt?
Um die Frage zu beantworten, müsst ihr zuerst einmal in euch gehen. Welche Spiele bevorzugt ihr und was seid ihr bereit, dafür zu tun? Wer ein komplett glattgebügeltes Spiel erwartet, das seine gänzlichen Möglichkeiten direkt von der ersten Minute an offenbart, wird mit Aelderman nicht glücklich werden. Denn das Spiel benötigt etwas Einarbeitung (habe ich schon die Einstiegsvariante erwähnt?) und Grübeleien im Spiel.
Denn schließlich möchte ich gewisse Ziele erreichen, habe jedoch über das Einkommensrad und meinen persönlichen Standort nicht immer Zugriff auf alles, was ich haben möchte. Manchmal versteckt sich ein mehrfach benötigtes Gut eben am anderen Ende der Karte. Dann muss ich eben schauen, wie ich sonst dran komme. Denn Möglichkeiten gibt es immer. Auch wird meine in der letzten Aelderman Partie gewählte Vorgehensweise in der nächsten vielleicht schon nicht mehr funktionieren, da die Aktions- und Kaufkarten zufällig verteilt werden. Auch das liegt nicht jedem.
Ich weiß, ich wiederhole mich, aber ich war wirklich dankbar für die Einstiegsvariante mit meinem persönlichen Auftrag. Dieser hat mir eine Art Fahrplan in die Hand gedrückt, an dem ich mich entlanghangeln konnte, um so ins Spiel zu finden. Und auch wenn ich daran scheiterte, war ich mir danach sicher, dass mich Aelderman reizt. Dass ich es unbedingt nochmals spielen und zeigen will, dass ich es besser kann.
Gleichzeitig stellen sich mir natürlich auch noch ein paar Fragen. Zum Beispiel ist nicht etwas zu viel im Spiel? Zu viele unterschiedliche Gebäude, zu viele Rohstoffe, zu viele Möglichkeiten? Denn im vollen Spiel muss ich selbst entscheiden, welchen Weg ich beschreien möchte und da habe ich eben viel zu tun. Durch die Schwemme an Waren bestehen die Kaufkosten für Gebäude dann eben nicht nur aus zwei Getreide und drei Erz, sondern führen auch eine ganze Reihe an Kosten mit sich. Wie weit überfordert mich das Spiel dann? Aber die gute Nachricht. Ich möchte es herausfinden. Möchte weiterspielen. Prüfen, wie weit ich Aelderman meistern kann.
Ja, Alderman hat Ecken und Kanten, aber gleichzeitig ist es eben auch interessant, bietet viele Möglichkeiten, sich den Spielverlauf zu gestalten und ist damit zwangsläufig Analysis Paralysis anfällig. Mit Hardcore-Grüblern, die erst im eigenen Zug zu Denken beginnen, möchte ich es eher ungern spielen. Dann würde es mir wahrscheinlich zu lange dauern. Aber durch die ständige geistige Herausforderung habe ich genauso wenig Zeit, auf die anderen zu achten. Schließlich muss ich selbst kalkulieren und versuchen, den besten Zug in meiner Lage zu finden.
Sucht ihr eine geistige Herausforderung und mögt Spiele von kleineren Verlagen? Dann behaltet Aelderman unbedingt im Auge. Wir geben euch Bescheid, sobald der Kickstarter startet und können euch hoffentlich bald mehr zur Komplettversion erzählen. Wart ihr auf der Berlincon (oder irgendeiner anderen Veranstaltung), auf der ihr das Spiel testen konntet, dann lasst uns unbedingt an euren Erfahrungen teilhaben. Wir sind gespannt, was ihr vom Aelderman haltet.
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Mario
Mensch…ich weiß nicht, wieso ich das Spiel damals nicht mitbekommen habe……irgendwann hatte ich einen Zufalls-Review-Link über youtube bekommen, das Spiel dadurch angeschaut und kennengelernt und fortan nur noch auf eine Gelegenheit gewartet, es auf dem Sekündärmarkt noch irgendwie zu bekommen. Ich hatte nun vor ein paar Wochen Glück und konnte das Spiel ergattern. Nach dem Lesen der Regeln bin ich mir sicher: Das ist genau meine Art von Spiel….irgendwie wie Hansa am PC 😉
Ich freue mich schon riesig auf die Erstpartie, die hoffentlich bald kommt.
Christian Renkel
Ohoh, ich bin gespannt, was du nach deiner ersten Partie sagst.