SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 5 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Randy Flynn
erschienen bei AEG, Flatout Games
Ich kann nicht genug betonen, dass ich richtig schön wohne. Während ich diese Zeilen schreibe, streift mein Blick nach draußen und dort über die Wiesen und Bäume, die unser schönes Dorf einsäumen. Und so ist auch nicht verwunderlich, dass allerlei Tiere dort ihr Zuhause gesucht und gefunden haben. So konnte ich dieses Jahr im Sommer häufig dem Jagdruf der Greifvögel lauschen oder in der Dämmerung den einen oder andern Fuchs auf seinen Streifzügen beobachten. Herrlich.
Seltsam wird das Ganze dann, wenn man mit dem Auto auf dem Heimweg ist und stehen bleiben muss, weil es sich eine komplette Rehfamilie auf der Straße bequem gemacht hat. Gut, ich gebe zu, das ist mir nur einmal passiert und ich war viel zu langsam, um das Handy zu zücken, aber der Anblick wird mich wohl noch eine Weile begleiten.
Die Natur ist und war stets verbunden mit uns. Egal, wo wir uns aufhalten und ob wir es direkt bemerken oder nicht. Sie ist immer da. Und so funktioniert sie auch immer als Thema für Spiele. Wie hier in Cascadia, in welchem wir unser persönliches, perfektes Ökosystem im Nordwesten der USA aufbauen. Hier sind wir nicht nur für die Ausprägung der Landschaft zuständig, sondern auch dafür, dass sich ansässige Tierarten möglichst wohl fühlen.
(Oscar Wilde)
Eine Partie Cascadia besteht stets aus 20 Spielzügen. Sind wir dran, müssen wir zuerst eine Kombination aus Landschaftsplättchen und Tier aufnehmen und diese dann in unserer Auslage platzieren. Im Normalfall müssen wir die Plättchen aus einer Spalte verwenden, können jedoch durch die Abgabe eines Tannenzapfens auch etwas Freiheit in unserer Wahl gewinnen.
Das Ziel ist es, die Landschaft so zusammenzustückeln, dass möglichst große Flächen gleicher Untergründe entstehen. Denn wir werden am Spielende nicht nur für deren Anzahl belohnt, sondern auch dafür die größte ihrer Art zu haben. Gleichzeitig gilt es, die Bedürfnisse der Tiere zu erfüllen.
Hierfür wurden zu Spielbeginn Aufgabenkarten gezogen, die bestimmen, wie die Punkteverteilung stattfindet. Das kann beim Bären dazu führen, dass wir bestimmte Gruppengrößen einbauen müssen, während wir beim Elch Formen nachzubilden versuchen und den Lachs in einer möglichst großen Kette aneinanderlegen. Dabei jonglieren wir nicht nur damit, die Aufgabe zu erfüllen, sondern auch zu erkennen, wie lange es Sinn macht, dieser zu folgen. Schließlich können wir jedes Tier mehrfach punkten, sofern wir die Voraussetzung dazu erfüllen.
Am Ende wird dann abgerechnet. Wer dann die meisten Punkte aufweisen kann, gewinnt die Partie mit dem besten Ökosystem.
(Wolfgang Menzel)
Cascadia ist eine sehr meditative und solistische Erfahrung. Denn im Großen und Ganzen bin ich lediglich mit meinem persönlichen Puzzle beschäftigt, das sich Stück für Stück vor mir aufbaut. Denn dieses muss bestimmten Mustern folgen und je mehr ich einhalte, umso besser passt die Szenerie zu einer guten Punktzahl.
Dabei ist jeder Zug wichtig, obgleich auch nicht jeder gleich befriedigend ist. Denn nicht immer passen die Bauteile zu unserem Plan und wenn Runde um Runde dieser vermaledeite Elch nicht auftauchen möchte, könnte einen das schier in den Wahnsinn treiben. Nur gut, dass es unseren Mitspielenden auch so geht. Ok, gehen kann. Denn diese können im Gegensatz zu uns natürlich durch Glück die passenden Bauteile bekommen. Befeuert wird dies in einer nicht voll besetzen Runde dadurch, dass zufällig Plättchen aus dem Spiel entfernt werden. Was dann eben frustrierend ist, wenn wieder nur Füchse und Lachse auf Flüssen und Wiesen ausliegen, ich aber unbedingt Bären im Wald brauche, um mein Muster zu vervollständigen.
Und dann empfiehlt es sich nicht einmal zu viert zu spielen. Denn wie eingangs schon erwähnt, habe ich nichts davon, außer dass eine Partie länger dauert, mehr Wechsel in der Auslage stattfindet und wir nebenher noch gemütlich Kaffee trinken und tratschen können. Für ein richtig schönes Spielerlebnis empfehlen wir Cascadia ganz klar zu zweit. Hier ist ein steter Fluss zu spüren, der einen stets beschäftigt hält.
Cascadia ist dennoch das schönere Calico, während letzteres das interessantere Rätsel beherbergt. Nicht nur, weil die Auslage im Gesamtbild stimmiger wirkt, sondern ein etwas geringer verzwicktes, aber dennoch schönes Rätsel bietet, bei dem man eben versucht, möglichst viele der Aufgaben zu optimieren. Durch die freiere Gestaltung hat man hierzu auch bessere Möglichkeiten und interessante Ansätze.
Das macht Cascadia zu einem Puzzle, das ich gerne auf den Tisch bringe. Ein Spiel, das entschleunigt, aber nicht nervt. Hätte es etwas mehr Augenmerk in der Skalierung und dem gemeinsamen Erlebnis bekommen, hätte es mir noch besser gefallen. Aber auch so ist es ein schöner Zeitvertreib, der mich vor wichtige Entscheidungen und der einen oder anderen Kopfnuss stellt, ohne zu überfordern.
Bis jetzt ist Cascadia lediglich in englischer Sprachversion verfügbar. Jedoch hat Kosmos bereits angekündigt das Spiel bald in einer deutschen Auflage auf den Markt zu bringen.
Cascadia von Randy Flynn
Schönes Puzzle mit Naturthema, das einem die eine oder andere interessante Entscheidung abverlangt. Dennoch eine sehr solistische Erfahrung mit nicht zu unterschätzendem Glücksfaktor.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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