SPIELSTIL Rezension

Neon Hope Prototyp

Lesezeit: 8 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Dominik Schönleben, Francesco Grothe
erschienen bei Hopeful Games

- 10.Jan..2025

Auf der Spielemesse durfte ich dieses Jahr Neon Hope antesten und sogar einen Prototypen zu weiteren Testzwecken mitnehmen. Das Spiel spielt in einer (noch nicht) dystopischen Zukunft in der die Konzerne regieren. Noch ist allerdings nicht alles so schlecht, wie es sein könnte und die Spielenden versuchen so gut sie können, das Schlimmste zu verhindern und ein wenig Positivität in der Welt zu erhalten.

Einer der Startcharaktere mit seiner Starthand und -ausrüstung.

Es gibt unendlich viel Hoffnung, nur nicht für uns.

(Franz Kafka)

Mechanisch orientiert sich Neon Hope eindeutig an Arkham Horror – Das Kartenspiel. Es ist also ein kooperatives Spiel, das eine Geschichte erzählen möchte. Allerdings gibt es einige entscheidende Änderungen. Der Deckbau ist zum Beispiel wesentlich eingeschränkter und wird wohl erst mit Erweiterungen möglich sein. Daher werde ich hier erst einmal – mangels Informationen – nichts weiter dazu schreiben.

Ansonsten läuft das Spiel recht ähnlich ab. Sind wir dran, hat jeder Charakter drei Aktionen. Er kann sich bewegen oder eine von vier Handlungen (Hack, Fight, Investigate oder Get support) durchführen und diese mittels Karten verstärken. Die Karten geben uns entweder zusätzliche Erfolge, verbessern unsere Chancen, in dem sie einen Wert erhöhen oder haben einen anderen Bonuseffekt. Natürlich gibt es auch beliebige Kombinationen davon.

Führt man eine der genannten Handlungen an einem Ort durch, wird erst der Basiswert des eigenen Charakters genommen und potentielle Modifikationen aus Karten hinzugezählt. Dann wird überprüft, ob die Probe geschafft ist. Man zieht einen zufälligen Token, hier allerdings, im Gegensatz zu Arkham Horror, nicht aus einem Beutel, sondern aus einem Raster. Von -3 bis +3, epischem Fehlschlag und automatischem Erfolg ist alles dabei. Manchmal aktivieren auch Gegner und man muss noch mehr Tokens aufdecken. Anders als in Arkham Horror kommen gezogene Marker allerdings erstmal nicht zurück, sondern bleiben offen liegen. So kann man etwas abschätzen, was man bei der nächsten Probe wohl zieht. Damit man es jedoch nicht voll berechnen kann, kommen immer ein paar Token zur Seite, bevor das Raster aufgebaut wird. Erst wenn das Raster leer ist, werden alle Token wieder gemischt, einige zur Seite gelegt und das Raster wieder aufgebaut.

Das Raster mit den Modifikationstokens

Irgendwann sind die Karten in der Hand aufgebraucht. Dann kommt die Ausdauer ins Spiel, die bestimmt wie viele Karten wir auf der Hand haben können. Im Spiel zu zweit sind das anfangs acht. Jedes Mal, wenn man keine Karten mehr auf der Hand hat, reduziert sich allerdings die Ausdauer um eins und man bekommt so eine der eigenen Karten weniger zurück. Ist man bei 0 Ausdauer angelangt, ist das Spiel vorbei.

Nach der Spielerphase – also nachdem alle Spieler ihre drei Aktionen hatten – kommt noch die Begegnungsphase, in der unsere Überwachung steigt (eine weitere Möglichkeit zu verlieren, sollte sie zu hoch steigen) und jeder Charakter eine Begegnungskarte ausführen muss. Wie man solche Spiele kennt, ist diese fast immer schlecht für die Spieler.

Unser erster Ort im Spiel: Die Disco.

So kämpft man sich durch die Geschichte, macht Aktionen, führt Begegnungskarten aus, bis man ein Ende der Geschichte erreicht. Das passiert entweder über eine der schlechten Endbedingungen oder in dem wir in der Geschichte gewisse Punkte erreichen.

Auch eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts.

(Max Planck)

Dirk meint:

Neon Hope will die Erfolgsformel von Arkham Horror – Das Kartenspiel verbessern. Ich muss mich jetzt erstmal unbeliebt machen, aber ich mag das Arkham Horror LCG nicht sonderlich. Ich wollte es mögen, aber das Spiel hat mich aktiv daran gehindert. Das liegt an den frustrierenden Momenten, wenn man unglaublich viele Bonusfähigkeiten auf einen Test wirft und dann den automatischen Fehlschlag zieht, immer und immer wieder. Es liegt an den frustrierenden Begegnungskarten, die rückgängig machen, was ich gerade getan habe oder mir eine mehrere Runden dauernde Aufgabe geben, die mich einfach nur am Vorankommen hindert ohne zusätzlichen Spaß zu erzeugen. Das liegt an den in meinen Augen teilweise sehr unpassenden Begegnungskarten, die irgendwas tun ohne dass es thematisch für mich Sinn ergibt, obwohl das Thema so im Vordergrund steht. Und vor allem liegt das an der für mich sehr langweiligen Gameloop an einen Ort zu gehen und einen Test zu machen, ob man einen Hinweis aufhebt oder nicht. Schafft man es nicht, versucht man es nochmal – schafft man es, muss man es nur noch neun weitere Male machen um zu gewinnen – gähn.

Neon Hope will es hier besser machen und in großen Teilen tut es das. Der Beutel wird durch das Raster ersetzt, was einem deutlich mehr Manipulationsmöglichkeiten und Vorhersehbarkeit ermöglicht und so die Frustmomente deutlich reduziert. Es ist nicht möglich mehrmals hintereinander automatisch zu scheitern. Und hat man eine ganze Zeit lang Pech, weiß man, dass es danach wieder besser wird (leider auch umgekehrt). Die Begegnungskarten sind aus meiner Sicht immer noch sehr unthematisch in Hinsicht auf das Szenario, aber zumindest verstehe ich anhand des Titels, was die Karte über Mechanik darstellen will. Auch finde ich es deutlich schöner meine Handkarten zu verwalten und mich im Laufe des Spiels immer wieder zu entscheiden, welche Karten es wert sind, dass ich sie zurücknehme und welche ich im Ablagestapel lasse oder vorerst darauf verzichte. Zumal ich dann auch noch die Gelegenheit bekomme ein kleines Upgrade für meinen Charakter aufzusammeln.

Allerdings ist da immer noch die für mich langweilige Gameloop. Man läuft immer noch an Orte und spielt Karten, um Marker zu entfernen. Und das macht man stoisch so lange, bis man alle entfernt hat, dann darf ich die Geschichte weiter lesen und weitere Marker aufheben. Das reizt mich leider überhaupt nicht und sorgt dafür, dass ich das nicht lange spielen kann, obwohl mich grundsätzlich die Geschichte interessiert. Es wird aber deutlich besser, wenn man nicht solo spielt, sondern mit anderen Menschen. Und ich denke, Menschen, die mit Arkham Horror mehr anfangen können, werden Spaß damit haben und sollten sich Neon Hope definitiv ansehen, zumindest ich finde es einen guten Schritt besser.

 

Und Thomas meint:

Nee, nee, nee… Dirk, Du bist da mal sowas von auf dem Holzweg! Mit der Tatsache, dass Du Arkham Horror nicht magst, fange ich jetzt gar nicht erst an. Aber Deine Meinung zu Neon Hope teile ich nicht. So gar nicht.

Der Vergleich mit Arkham Horror ist dabei gar nicht falsch – viele Dinge sind sehr ähnlich. Auch mit Earthborne Rangers kann ich hier viele Parallelen ziehen. Wir haben einen Charakter mit Attributen, die für verschiedene Arten von Proben/Tests als Basis dienen. Dabei ist die Kombination Attribut – Probentyp nicht so festgelegt, wie bei Arkham Horror, sondern eher wie bei Eartborne Rangers sehr frei kombiniert. Was aber vor allem heraussticht: Das Grundgefühl bei Neon Hope ist, anders als bei Arkham Horror, ein positives. Passieren durch das Begegnungsdeck zwar „schlimme Dinge“, so sind die generellen Ereignisse im Spiel positiv. Als Beispiel: Angenommen, wir erforschen einen Raum und in diesem Raum stehen drei Truhen; eine der Truhen bringt uns weiter. Bei Arkham Horror würde die falschen Truhen uns Schaden verursachen, Horror auslösen, wahrscheinlich Gegner rufen und selbst aus der gesuchten Truhe würde noch ein Ghul-Priester springen und außerdem dürften wir wahrscheinlich eine Begegnungskarte ziehen oder so…

Bei Neon Hope dagegen würden uns die anderen Truhen wahrscheinlich Karten aus der Ablage auf die Hand geben, Attribut-Verbesserungen geben und die gesuchte Truhe wahrscheinlich noch einen Hope-Marker geben und vielleicht sogar einen Follower, also Verbündeten. Nach dem Motto: Hey, gut gemacht! Du bist auf dem richtigen Weg, aber hier gebe ich Dir noch was mit für die Reise! Ich meine… ja, Arkham Horror gibt uns da auch was mit auf die Reise… aber eher nicht ein Bananenbrot, sondern eher das Ältere Bananenbrotgezücht aus dem All. Mit Tentakeln. Und zu vielen Zähnen.
Dazu kommt die Planbarkeit bei Neon Hope. Zum einen das Grid, also die Modifikatoren für die Proben, die wellenartig immer planbarer werden, bis wir alle aufgedeckt haben und von vorne beginnen müssen. Zum Anderen aber auch das Erholen, wenn wir eine leere Hand haben. Wir suchen uns dann ganz gezielt genau die Karten aus, die wir brauchen – das ist schon eine andere Nummer. Das erlaubt ein deutlich stärkeres Spiel als oftmals bei Arkham Horror oder Earthborne Rangers.

Nun hängt natürlich sehr viel davon ab, wie die zukünftigen Szenarien aussehen werden. Die Demo, die Dirk und ich gespielt haben, ist hier nur ein kleiner, ein sehr kleiner Vorgeschmack auf das „große Ganze“. Ich bin aber bereit, hier Vorschuss-Lorbeeren zu geben, da das Design dieses ersten Szenarios schon so aussieht, als wenn da noch sehr viele tolle Ideen kommen werden. Auch die Abwechslung der vier Charaktere ist da, mal ganz zu Schweigen vom potentiellen Deckbau, der sehr elegant und einfach wirkt. Wie gesagt, diese Dinge sind in Gänze noch nicht in der Demo enthalten, aber im Gespräch mit den Autoren habe ich schon einiges zu den Plänen erfahren – und die hören sich sehr, sehr gut an!

Einziges Manko – oder vielleicht auch eher ein Hinweis? – Solar Punk ist momentan ein großes Schlagwort. Ich würde bei Neon Hope allerdings eben nicht so weit gehen, es eine Solar Punk Utopie zu nennen – es ist schon recht dystopisch, mit Konzern-Sicherheitskräften und als große, tickende Uhr für das Szenario die „Überwachung“. Meiner Meinung nach ist es eher ein frühes ShadowRun, ohne Goblinisierung (also Meta-Rassen wie Orks und Elfen und ohne Magie) aber eindeutig dystopisch in der Veranlagung. Das schadet dem Spiel aber thematisch nicht – ich persönlich mag es ohnehin ein wenig düsterer.

Hier bleibe ich auf jeden Fall am Ball, wenn es im Frühjahr 2025 auf Kickstarter starten wird!

Dir hat die Rezension gefallen? Du denkst wir liegen völlig daneben? Lass uns wissen was du denkst.

Neon Hope Prototyp von Dominik Schönleben, Francesco Grothe

Spielstil – Wertung

Dirk:

5/10

Thomas:

8/10
Das gefiel uns
  • Das Raster macht Proben berechenbarer aber immer noch zufällig
Das nicht so
  • Langweilige Gameloop

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexpemplar als zeitlich begrenzte Leihgabe ohne Auflagen vom Verlag bekommen.

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Dirk Schlösser

Dirk ist Rollen- und Brettspieler mit einem Hang zu Solos. Interaktive Titel (kooperativ oder richtig hart gegeneinander) haben bei ihm einen deutlich besseren Stand als Hardcore Euros mit hohem Multiplayer Solitär Anteil.

So erreicht ihr Dirk:

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