SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 5 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Euijin Han
erschienen bei Korea Boardgames
Wenn man so überlegt, was man alles anstellen könnte, wenn man nicht mehr auf Geld angewiesen ist, findet man dabei auch immer wieder einen Wunsch. Das Eröffnen eines Cafés. Die einen würden dieses mit Spielen vollpacken, die anderen mit Büchern. Der Hauptgedanke dahinter ist natürlich, dass man trotz einer Beschäftigung eine schöne Zeit mit tollen Menschen verbringt. Und das müssen sie auch sein. Denn sie teilen schließlich das eigene Hobby.
Eines kann ich euch gleich versprechen. In Café Barista werdet ihr lernen, eure Gäste zu verfluchen. Das sind nicht die Menschen, die man gerne bei sich begrüßt. Unter hartem Zeitdruck droht stets eine abwertende Bewertung in den sozialen Medien. Da lernt man dann seine einsame Insel zu schätzen.
(Jonathan Swift)
Eigentlich ist alles ganz einfach. Ist man am Zug, darf man sich bis zu drei Felder bewegen. Dabei sammelt man die Zutaten der Felder ein, die man betritt. Diese verteilt man auf seine drei Tassen. Hat man in einer Tasse alle Zutaten einer Bestellung gesammelt, wird diese erfüllt. So kurz, so leicht.
Aber damit ist es natürlich nicht getan. Schließlich benötigen wir noch ein paar Fallstricke. So darf man sich zu Beginn nur orthogonal bewegen. Außerdem nicht auf Felder mit Mitspielern stehen bleiben. Und ganz gemein. Erfüllt man Bestellungen, erhalten die nächsten zwei Spieler dieselbe Anzahl in ihre Zeitleiste.
Das stört besonders, da die Gäste unseres Cafés keinerlei Geduld haben. Runde um Runde wandern nicht erfüllte Bestellungen nach unten. So lange, bis sie erfüllt sind oder die Menschen abhauen und uns schlecht bewerten.
Aber es gibt auch Positives zu berichten. Je drei erfüllten Bestellungen können wir eine Zusatzfähigkeit freischalten, die uns das Leben als Barista erleichtert. Zusätzlich erhalten wir für erfüllte Spezialbestellungen Tempo-Plättchen, die wir für einen weiteren Schritt abgeben können.
Das Spiel endet entweder, wenn der Stapel an Bestellungen leer ist oder jemand fünf Minuspunkte gesammelt hat. Die Runde wird noch beendet und dann wird gezählt, wer die meisten Punkte (Likes) hat.
Die komplette Spielregel zu Café Barista findet ihr hier. (externer Link)
(Flash Rosenberg)
Der Inhalt von Café Barista ist eine wahre Augenweide. Viele kleine Teeblätter, Kaffeebohnen, Schokolade und mehr finden wir darin vor. Genauso wie kleine Kaffeetassen, in die wir diese einfüllen werden. Das sieht toll aus und bringt Vorfreude auf das Spiel. Dort angekommen bemerkt man jedoch, dass die filigranen, zuvor bewunderten Materialien immer wieder durch die Finger gleiten.
Dabei wird man eher ausgebremst und wünscht sich einfache Plättchen zurück. Ja, vielleicht übertreibe ich etwas. Man kommt im Spiel damit natürlich gut klar, aber so toll, wie man es sich vorgestellt hat, ist es dann doch nicht damit zu hantieren. Macht aber nichts. Schließlich ist ein Kernkonzept von Café Barista, dass man auch mal loslassen muss. Vor allem, was Bestellungen angeht.
Man kann sie unmöglich alle erfüllen. So muss man sich am besten bereits beim Erhalt überlegen, ob man sich überhaupt den Stress machen möchte oder lieber schon einmal Minuspunkte einberechnet. Schlägt das Pech dann auch noch zu, erhalten wir nur schwer zu erfüllende Spezialaufträge, während unsere Mitspieler mit einfacheren Rezepten durch das Café tänzeln und unsere Leiste immer weiter füllen. Ist man in einer entsprechenden Schleife gefangen, fühlt sich Café Barista einfach nur unfair an.
Ja, das Spiel dauert nicht allzu lange, aber dennoch fehlen mir hier diverse Möglichkeiten zu agieren. So bleibe ich stets getrieben davon, über das Spielfeld zu ziehen und einen halbwegs optimalen Weg zu finden. Je länger ich dafür brauche, desto mehr Bestellungen landen im Aus. Dabei liegt es weit weniger an mir und meinen Fähigkeiten, ob ich erfolgreich spiele. Und hier muss ich sagen, dass mich das immens stört.
Spiele ich möchte ich das Spiel und dessen Verlauf beeinflussen. Café Barista wählt jedoch einen anderen Weg. Hier wird eine ausweglose Situation über dich ausgekippt, mit der man klarkommen soll. Der ultimative Test an das Nervenkostüm. Wobei ich nicht mal sagen kann, dass mir das Spiel überhaupt nicht gefällt. Im Gegenteil, ich hatte durchaus Partien, die mir richtig Spaß gemacht haben. Darauf folgten dann aber immer wieder Runden, in denen ich mich als Ball des Schicksals fühlte.
Nein, Café Barista ist kein Spiel, das mich in Begeisterung versetzt. Dafür ist es zu zufällig und repetitiv. Schließlich machen wir nichts, außer über ein Brett aus Zutaten zu laufen. So sehr ich möchte, mir fehlt in dem Brettspiel dann doch irgendwo das Spiel selbst. Aber – und das wird jetzt ziemlich zwiegespalten klingen – ich will dennoch weitere Runden spielen.
Denn Café Barista besitzt einen hohen Aufforderungscharakter und man ist sofort im Spiel drin. Schließlich gibt es nur wenige Regeln, die man erklären muss und ab und an gelingt einem dann doch der ein oder andere besondere Zug, für den man sich auf die Schulter klopfen kann. Dennoch schadet es nicht, leichte masochistische Neigungen mitzubringen.
Café Barista von Euijin Han
Manchmal fragt man sich, ob Café Barista ein Spiel oder ein soziales Experiment zum Umgang mit Rückschlägen ist. Das Spiel kann durchaus Spaß machen, sorgt aber im anderen Moment mit seiner Zufälligkeit und den fehlenden Belohnungen für ein eher durchwachsenes Spielerlebnis.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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