Twilight Imperium Cover

SPIELSTIL Rezension

Twilight Imperium 4. Edition

Lesezeit: 7 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Christian T. Petersen, Corey Konieczka, Dane Beltrami
erschienen bei Fantasy Flight Games

Wie beginnt man über ein Spiel zu schreiben, das immer wieder ehrfürchtig erwähnt wird, wenn es um die besten Spiele aller Zeiten geht. Mit etwas Geschichte? Nämlich, dass die erste Edition von Twilight Imperium bereits 1997 auf den Markt kam? Dass die zweite Edition schon 2000 und die dritte 2005 erschien, aber die vierte ganze 12 Jahre auf sich warten lies? Oder etwa, dass die vierte Edition die erste ist, die ins Deutsche übersetzt wurde?

Vielleicht doch lieber mit etwas Persönlichem? Ich weiß nämlich noch, wo meine erste Begegnung mit diesem Spiel stattfand. Ein Bekannter hatte mir vor knapp 15 Jahren mit glänzenden Augen von diesem Ausnahmespiel erzählt. Dass er es sich extra gekauft hatte, obwohl es so teuer war und wir es unbedingt spielen mussten, obwohl es ewig dauern würde. Aber, vielleicht ist es doch nicht die passende Geschichte. Sondern viel mehr die, von der zwei halbe Tage andauernden Mega-Session an einem Spielewochende, die dennoch so spannend war, dass die Zeit zu verfliegen schien?

Dass ein Spiel, das bereits so lange auf dem Mark ist, natürlich für viele persönliche Momente gesorgt hat, dürfte jedem klar sein. Auch, dass es irgendwas richtig machen muss, wenn es sich inzwischen 23 Jahre auf dem Markt behaupten kann. Dass die meisten von euch bereits mit Twilight Imperium in Berührung kamen, ist uns natürlich auch bewusst. Aber dennoch wollten wir schon lange über das Spiel schreiben und genau heute ist dieser Tag.

Wir dürfen das Weltall nicht einengen, um es den Grenzen unseres Vorstellungsvermögens anzupassen, wie der Mensch es bisher zu tun pflegte. Wir müssen vielmehr unser Wissen ausdehnen, so daß es das Bild des Weltalls zu fassen vermag.

(Francis Bacon)

Ihr wisst, dass wir hier nur über die nötigsten Regeln reden. Genaues Nacherzählen ist nicht nur langweilig, sondern auch irgendwie einfallslos. Aber, wie beschränkt man sich bei diesem Spiel auf das Wesentliche? Starten wir den Versuch.

Wir bewegen uns in einem aus Hexfeldern aufgebauten Weltall. Dabei haben wir die Wahl, ob wir eine der vorgefertigten Karten verwenden oder abwechselnd Stück für Stück das Spielfeld aufbauen.

Bereits vier Spieler brauchen unglaublich viel Platz.

Jede Runde beginnt mit der Strategiephase, in der jeder Spieler sich eine der ausliegenden Strategien auswählt, die er für die kommende Runde verwenden möchte. Diese gibt einem nicht nur einen Bonus für die eigene Aktion, sondern lässt auch unseren Mitspielern noch Möglichkeiten zu handeln. Außerdem wird durch die darauf abgebildete Zahl die Reihenfolge festgelegt.

In der Aktionsphase selbst fliegen wir mit unseren Schiffen durchs All, erobern neue Welten und tragen Raumschlachten mit unseren Mitspielern aus. Die eroberten Planeten geben uns dabei nicht nur weitere Ressourcen zum Bauen neuer Schiffe, sondern versorgen uns auch mit Einfluss, den wir verwenden können, um in der Politikphase auf das Geschehen einzuwirken.

Kämpfe werden klassisch mit Würfeln ausgetragen. Dabei hat jede Einheit einen eigenen Erfolgswert, der unter anderem auch dadurch beeinflusst wird, ob sie aufgerüstet wurde oder nicht. In diesem Beispiel hätte von Grün nur der Träger, aber beide Kreuzer von Gelb getroffen. Der Angriff der Jäger war zu schwach.

Während der Statusphase bereiten wir uns nicht nur auf die nächste Runde vor, sondern dürfen auch einen der offen ausliegenden Aufträge werten, um Siegpunkte zu generieren. Wurde im Verlauf dann Metacol Rex (das Zentrum des Universums) erobert, gibt es noch eine zusätzliche Politikphase, in der über ein neues Gesetz abgestimmt wird. Je mehr Kontrolle man über einflussreiche Planeten hat, desto mehr Stimmgewalt bringt man hier ein.

Dies sind zwei Beispielaufträge, die jeder einen Punkt wert sind. Alle Aufträge können von jedem Spieler nur einmal erfüllt werden.

Danach beginnt eine neue Runde. Wobei wir vorher noch eine große Überlegung treffen müssen. Wie verteilen wir unsere Kommandomarker auf dem Kommandobogen? Denn jedes Feld ist wichtig. Taktik ist dafür da, zu bestimmen, wie viele Aktionen wir durchführen dürfen. Die Flotte regelt die Menge an Raumschiffen, die sich auf einem Feld befinden können. Und zuletzt das Strategiefeld, welches wir benötigen, um die Sekundär-Fähigkeit der gewählten Strategiekarte unserer Gegner zu verwenden.

Wie man es macht, macht man es verkehrt. In diesem Fall haben wir drei Aktionen in der Taktikphase, unsere Flotte darf drei Schiffe umfassen und wir können auf zwei der Strategiekarten unserer Gegner reagieren.

Das Spiel läuft so lange weiter, bis ein Spieler entweder 10 Siegpunkte erringen konnte oder alle Auftragskarten aufgedeckt wurden. Dann gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.

Ich weiß nicht, weshalb das Weltall da ist, aber ich werde nicht müde, die Veränderungen zu beobachten, welche in ihm vorgehen, werde nicht müde, mich an dem Anblick der innigen Beziehungen zu erfreuen, welche die Wesen dieser Welt antreibt, sich gegenseitig Hilfe zu leisten.

(Jean-Jacques Rosseau)



Christian meint:

War das denn schon alles, was das Spiel hergibt? Oh nein, das ist in etwa so, wie wenn man sagen würde, dass Star Wars nur daraus besteht, dass ein Typ namens Luke seinen Vaterkomplex übersteht oder bei Star Trek ein Kerl namens Spock anscheinend ein Jucken zwischen den Fingern verspürt, weswegen er sie immer wieder komisch abspreizt. Wir haben einiges ausgelassen. Seien es Technologien, die erforscht werden, geheime Aufträge, besondere Hexfelder, Landungskämpfe und, und, und. Es gibt so viel zu entdecken. Und dennoch habe ich bisher keine Partie erlebt, in der einzelne Spieler heillos überfordert waren. Denn man benötigt gewisse Details erst später im Spiel, sodass man sich erst einmal darauf konzentrieren kann sich auszubreiten. Was dann erst einmal recht gemächlich beginnt und das Belohnungszentrum des Spielers befriedigt, führt relativ schnell zu den ersten Verhandlungen mit den Mitspielern.

Gelb beginnt sich auszubreiten.

Und dieses Meta-Element ist, was einen großen Reiz des Spiels ausmacht. Wir tanzen auf dem Vulkan, indem wir Bündnisse aushandeln und stets überlegen, wann wir diesen einen Moment schneller sind, um unserem Mitstreiter in den Rücken zu fallen. Ein zusätzlicher Aspekt kommt dann ins Spiel, sobald Metacol Rex erobert wurde und wir einem galaktischen Senat gleich debattieren. Wir versuchen, selbst der Spieler zu sein, der den meisten Einfluss hat oder diesen von unserer Sache zu überzeugen. Dabei reden wir uns teilweise um Kopf und Kragen, nur um wieder feststellen zu müssen, dass uns jemand, der als sicherer Verbündeter der Sache wahrgenommen wurde, einen Dolch in den Rücken rammt.

Die Technologien gibt es in vier Kategorien.

So vergeht Stunde um Stunde, die man jedoch nicht spürt. Zu sehr ist man im Geschehen drin. Bangt, dass die eigenen Pläne aufgehen. Dabei sammelt man gekonnt immer mehr Siegpunkte, was das Belohnungszentrum weiter mit Endorphin versorgt. Und während es draußen immer dunkler wird, hat man erneut vergessen, auf die Uhr zu sehen. Man vermeidet auszutreten, damit die anderen nur keinen Pakt gegen einen schmieden können. Zumindest nicht hinter dem Rücken. Und genau das hat selten ein Spiel bei mir geschafft. Nicht, dass andere Titel nicht auch großen Spaß bieten würden, aber selten wird erreicht, dass man die Welt um sich herum ausblendet und nur noch dieses fiktive Szenario besteht.

Alles in allem ist Twilight Imperium einfach ein Erlebnis, das leider viel zu selten eintritt. Denn, man muss sehr viel Zeit mitbringen. Eine Stunde, bis alle Regeln wieder erklärt wurden, weil die letzte Partie bereits Monate her ist, und danach auch nochmals gut 1 – 1,5 Stunden je Mitspieler. Aber, wie ein vier Gänge Menü im Edelrestaurant, ist auch Twilight Imperium etwas Besonderes, das zelebriert wird. Man wird noch Wochen später mit seinen Freunden über die letzte Partie sinnieren und analysieren. Weitere Wochen betrauern, dass man das Spiel mal wieder auf den Tisch bringen sollte, nur um die Zeit von der Ankündigung bis zum Spiel in purer Vorfreude zu erleben.

Beim Material wird geklotzt, nicht gekleckert. Außer bei den Tableaus, diese sind mal wieder aus dünnster Pappe.

Nur ein Gefühl mag mich nicht so recht verlassen. Ich hatte stets den Eindruck, dass jede Partie auf einen Punkt hinsteuerte, an dem alle bis an die Zähne bewaffnet waren, einer einen Kampf provozierte und die anderen dann, Hyänen gleich, ihre Zähne in die Überreste schlugen und gewannen. Zum Glück ist das in der vierten Edition nicht mehr ganz so präsent, wie es (laut meiner Erinnerung) im Vorgänger noch war. Denn inzwischen ist es nicht nur leichter Siegpunkte einzuholen, sondern ein fester Trigger sorgt auch, dass nach einer bekannten Rundenanzahl Schluss ist.

Twilight Imperium ist für mich ein Beispiel, wie ein Spiel auszusehen hat, das an allen Fronten begeistert. Es ist ein Titel, der zwar viel zu selten auf den Tisch kommt, aber einen genau dann über eine lange Zeit an den Tisch fesselt, wie wenige, andere Spiele.

Aber, was haltet ihr von Twilight Imperium? Nutzt unsere neue Bewertungsmöglichkeit in den Kommentaren und vergesst nicht, von euren Erlebnissen zu berichten. Wir freuen uns auf eure tollsten Geschichten!

Dir hat die Rezension gefallen? Du denkst wir liegen völlig daneben? Lass uns wissen was du denkst.

Twilight Imperium 4. Edition von Christian T. Petersen, Corey Konieczka, Dane Beltrami

Twilight Imperium Cover

Twilight Imperium ist kein reines Spiel, sondern eine gewaltige Weltraum-Oper. Es zeichnet sich durch eine hohe Interaktion aus und bleibt dabei auch über Stunden spannend.

Spielstil – Wertung

Christian:

10/10
Das gefiel uns
  • Ein immenses, spannendes Spielgefühl.
  • Die Zeit vergeht kaum spürbar.
  • Große Interaktion mit den Mitspielern.
  • Epische Optik.
Das nicht so
  • Braucht viel Zeit.
  • Kommt dadurch zu selten auf den Tisch.
Hier bekommt ihr „Twilight Imperium 4. Edition“

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Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Christian Renkel

Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.

So erreicht ihr Christian:

6 Comments
  1. Avatar-Foto

    Ich habe TI inzwischen schon einige Male gespielt, von oft kann da noch keine Rede sein. Es war immer etwas besonderes, da war Vorfreude und Spannung. Doch der Anfang war immer beschwerlich, der Aufbau, das erneute Lesen der Regeln und das Erklären. Bis man bei TI zum Spielen kommt sitzt man teilweise so lange, wie andere Spiele dauern.
    Die Partien selbst sind oft grossartig. Die Geschichte die das Spiel erzählt haben alles, was ein Space Opera braucht. Trauen kann man seinen Mitspielern selten, trotzdem kommt man um Deals mit ihnen nicht drum herum. Das ergibt dann spannende Situationen am Tisch, die dann auch in echtem Drama enden können. Trotzdem gibt es aber auch mal eine Durchhänger in den vielen Stunden einer Partie.
    Für das Spielgefühl allein bekäme es von mir auch volle Punkte, das Drumherum wertet es für mich ein wenig ab..

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  2. Avatar-Foto

    Ich bleibe bei meiner mit Fanmade material gepimpten 3. Edition. Die vierte ist ganz nett, mir aber viel zu unvollständig. Hab die dritte auch komplett in Deutsch.

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  3. Avatar-Foto

    Auch wenn ich TI erst dreimal gespielt habe. mein Fazit lautet: Ich liebe es. Und ganz besonders liebe ich TI, weil ich Freunde habe, die das Spiel aufbauen und vorbereiten, während ich noch schnell einen englische Landschaftsgarten anlege.
    Aber im Ernst, wenn die Vorbereitungen erst getroffen sind und die Regeln wieder ins Gedächtnis gerufen wurden, erwarten uns spannende Stunden. Galaktische Systeme werden erobert, Vormachtstellungen müssen gefestigt und Technologien entwickelt werden, die als Bedrohungspotential von allen umliegenden Galaxien sofort wahrgenommen werden sollen. Allianzen werden geschmiedet und wir alle wissen, nur ein Bruchteil davon wird bis zur Umrundung des nächsten Orbits Bestand haben. Machtverhältnisse unterliegen in der Schwerelosigkeit ungeahnten Kräften. Kein Spiel für „eben mal so zwischendurch“. 8 von 10 Punkten, denn der Vorbereitende Aufwand ist nicht unerheblich.

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  4. Avatar-Foto

    Wir spielen TI nun schon seit der 2. Edition (etwa 2002), leider nur höchstens 1 mal pro Jahr.
    Immer wenn ich es wieder vorbereite ist die Vorfreude bei mir so groß das ich es fast nicht mehr erwarten kann bis es endlich losgeht. Die einzigen negativen Punkte sind meiner Meinung nach die Einweisung neuer Spieler und die lange Spieldauer, wobei diese in der 4. Edition schon gut gestrafft wurde. Auch ich hatte die 3. Edition komplett auf deutsch übersetzt (Ausgedruckt). Ich kann immer noch nicht begreifen warum eine deutsche Umsetzung so lange gedauert hat. Jetzt wo ich so über das Spiel schreibe bekomm ich wieder echt Lust auf eine neue Partie. Vor allem nachdem letzte Woche die Erweiterung „Prophezeiung der Könige“ bei mir eingetroffen ist.

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    • Portrait Tom

      Das hört sich gut an!
      Twilight Imperium ist große Klasse!
      Und, meinst Du, ihr könnt es über die Feiertage spielen?

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