SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 9 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Nikki Valens
erschienen bei Fantasy Flight Games
Ein altes Haus auf dem Hügel, in dem nachts seltsame Dinge passieren. Ein Fischerdorf, in dem die Bewohner einen dunklen Pakt mit dem Bösen eingegangen sind. Wunderbare Aufhänger, um sich dem gepflegten Grusel hinzugeben oder bricht vielleicht sogar der blanke Horror aus?
Howard Philips Lovecraft besser bekannt als H.P Lovecraft war ein amerikanischer Schriftsteller. 1890 geboren in Providence, Rhode Island, verbrachte er den größten Teil seines Lebens in relativer Isolation und Armut. Diese Situation förderte seine pessimistische Weltanschauung und seine literarische Ästhetik stark. Er war Pionier des kosmischen Horrors, seine Werke sind geprägt von einer tiefen Faszination für das Unbekannte, das Unerklärliche. Alles drehte sich um die Vorstellung, dass Menschen nur winzige, bedeutungslose Wesen in einem unermesslichen, gleichgültigen Universum sind.
Angst vor allem unbekannten vor allem aus dem Kosmos, ist Lovecrafts zentrales Motiv. Für ihn lag der Horror nicht im direkt sichtbaren, sondern in den unendlichen Weiten des Universums und den darin verborgenen Mächten. In seinen Geschichten geht es oft um uralte, mächtige Wesen, die schon Ewigkeiten vor der Menschheit existierten. Cthulhu, ist genau so ein uraltes, gottähnliches Wesen. Es sind Symbole für die Gleichgültigkeit des Universums gegenüber der menschlichen Existenz. Diese Kreaturen sind oft nicht gänzlich beschrieben, sondern werden als so fremdartig und unvorstellbar geschildert, dass sie jenseits unserer Wahrnehmung liegen. Lovecraft spielt mit der Atmosphäre, dem Unbehagen, dem Unbekannten. Das, was man sich nicht vollständig vorstellen kann, ist viel beängstigender, als ein klar definiertes Monster. Damit schafft er eine besondere Form der Spannung, die Lovecrafts Geschichten zu zeitlosen Klassikern des Horrorgenres machten.
Lovecrafts Protagonisten sind häufig Akademiker, Forscher oder zu neugierige Menschen, die in ihrem Bestreben, verborgene Wahrheiten zu enthüllen, auf Geheimnisse stoßen, die sie in den Wahnsinn treiben. Diese Figuren erkennen allmählich, dass das Wissen, das sie erlangen, gefährlicher ist, als sie sich jemals hätten vorstellen können. Dieser Abstieg in den Wahnsinn symbolisiert oft die Erkenntnis, dass das menschliche Gehirn nicht in der Lage ist, die vollkommene Wahrheit des Universums zu begreifen – eine Wahrheit, die letztlich verheerend ist.
Lovecrafts Einfluss ist nicht nur auf die literarische Welt beschränkt, sondern reicht weit in die Popkultur hinein. Das Cthulhu-Mythos, das in vielen seiner Geschichten eine Rolle spielt, wurde zu einer Ikone der modernen Horror- und Fantasy-Literatur. Cthulhu selbst ist eine gewaltige, tentakelbewährte Kreatur, die in der versunkenen Stadt R’lyeh schläft und darauf wartet, dass die Sterne wieder günstig stehen, um die Welt ins Chaos zu stürzen. Diese Figur wurde nicht nur in der Literatur, sondern auch in Filmen, Spielen und anderen Medien zu einer weit verbreiteten Metapher für das Unergründliche und Bedrohliche. Dabei ist Cthulhu nur der große Rockstar in einer Crew aus Abscheulichkeiten. Es gibt ein ganzes Pantheon uralter Götter und Kreaturen, darunter Nyarlathotep, Yog-Sothoth und Azathoth. Diese Wesen verkörpern nicht nur Schrecken, sondern auch die Ohnmacht der Menschheit angesichts einer Realität, die sie nie vollständig begreifen kann. Lovecraft vermittelte die Idee, dass es Mächte gibt, die so gewaltig und unfassbar sind, dass der Mensch nichts anderes tun kann, als hilflos zuzusehen und sich vollständig im Wahnsinn zu verlieren.
Lovecraft hatte zu seinen Lebzeiten wenig kommerziellen Erfolg. Jedoch ist seine Bedeutung in der Literaturgeschichte völlig unbestritten. Die Verbreitung von Cthulhu und den anderen Geschöpfen ist jedoch nicht nur Lovecraft zu verdanken. Der Kniff ist, dass Cthulhu und alles was dazugehört „open source“ war. Lovecraft hat sehr bald andere Autoren aufgefordert ebenfalls Geschichten zu diesen Kreaturen zu verfassen. Dadurch verbreitete sich die „frohe Kunde“ aus unterschiedlichsten Kanälen. Der Mythos war geboren.
(frei nach Dr. Gregory House)
Villen des Wahnsinns, ist ein kooperatives, auf Szenarien basiertes Spiel, das eine App benötigt. Für eine Session wählt man ein Szenario in der App aus. Im Grundspiel sind 4 verschiedene davon enthalten. Jeder Spieler wählt dann noch einen Ermittler aus. Die App vergibt die Ausrüstung und führt die Spieler in das Szenario ein.
Eine Runde verläuft in zwei Phasen, erst die Ermittlerphase, dann die Mythosphase.
In der Ermittlerphase, kommt jeder Ermittler in beliebiger Reihenfolge dran. Ist man am Zug hat man 2 Aktionen. Eine Aktion kann sein, sich zu bewegen, einen Ausrüstungsgegenstand zu verwenden oder mit irgendetwas auf dem Plan zu interagieren. Dabei heißt interagieren zum Beispiel etwas untersuchen, mit jemandem reden, etwas aufheben oder ein Monster angreifen. Die meisten der Aktionen teilt man der App mit, sie reagiert darauf und instruiert uns dann entsprechend.
Waren alle Ermittler dran kommt die Mythosphase. Darin berechnet die App die Züge der Gegner und lässt Ereignisse über die Ermittler kommen, die immer schlimmer werden, je weiter das Szenario fortschreitet.
Um das Szenario zu gewinnen muss man zuerst die Siegbedingungen im Spiel herausfinden und dann erfüllen. Schafft man das nicht rechtzeitig oder fällt einer der Ermittler aus, hat man gemeinsam verloren.
Die komplette Spielregel zu Villen des Wahnsinns findet ihr hier. (externer Link)
(Wolfgang Petry)
Villen des Wahnsinns hat ein Setting, das geradezu perfekt für mich ist. Ein geheimnisvolles, altes Haus oder einen dunklen Stadtteil zu erforschen, war für mich immer schon der Klassiker. Auch im Film zieht mich das immer wieder in den Bann. Das Spiel verspricht deutlich dichteren, näheren und nachvollziehbareren Grusel, als die anderen Spiele aus der Reihe. Arkham Horror umfasst eine ganze Stadt, während Eldritch Horror gleich die ganze Welt umspannt. Zudem ist Villen des Wahnsinns auf Szenarien basierend, es wird dadurch eine zusammenhängende Geschichte erzählt und nicht einfach nur zufällig Karten gezogen und deren Effekt abgearbeitet. Also alles, toll? Leider nein. Der Horror des Spiels kommt von völlig anderer Seite.
Villen des Wahnsinns ist tatsächlich eine App mit Brettspielunterstützung. Bei jeder Sitzung hatte ich das Gefühl, dass die App absichtlich nicht vollständig implementiert wurde, damit man noch einen Grund hat Plastik und Pappe zu verkaufen. In unseren Sessions haben wir uns dem Spiel (der App) auf zweierlei Arten genähert. Die einen Male haben alle auf den Bildschirm geschaut oder wir hatten einen dedizierten Vorleser. Einen Spieler zu bestimmen, der die App bedient und auch die Texte vorliest, war die beste Option. Die anderen haben sich damit deutlich stärker auf den Spielplan konzentrieren können. Zumindest anfangs, später fielen wir in alte Muster zurück. Wir schauten nur über die Schulter des Vorlesers und handelten die Proben ab. Die Texte wurden unwichtig, die Stimmung ging über Bord. Wenn das Spiel nur auf sein Gerippe reduziert wird, bleibt „Würfel mal Kopf 2“ oder „Mach einen Buch Wurf“ übrig. Teilweise gibt es noch Rätsel zu lösen, aber die beschränken sich auf wenig innovative Schieberätsel oder Mastermind-esques Zahlenraten.
Vor allem in der Mythosphase verstärkt sich der Effekt. Je weiter das Szenario fortschreitet, um so mehr zieht die App die Daumenschrauben an. Das ist nachvollziehbar und ergibt im Rahmen der Geschichte Sinn, es verdeutlicht die zunehmende Gefahr und die Dringlichkeit. Leider funktionierte das bei uns nur anfangs. Da war erst die wohlige Unsicherheit, was wohl dieses Mal passieren wird. Doch dann wurden die ganzen Proben erst zur Routine und gegen Ende eher lästig. Vor allem der Spielfluss ist gerade hier völlig auseinander gerissen. Die App sagt einem welche Probe erfüllt werden muss, dann würfelt man, um das Ergebnis dann in die App zu tippen, die einem dann das endgültige Ergebnis mitteilt.
Der Rest des Spiels gestaltet sich ähnlich. Die App sagt an, welche Spielplanteile, wie angelegt werden und welche Marker wohin gelegt werden müssen. Das ist angenehm, da sich niemand auf das Szenario vorbereiten muss. Jedoch beschränkt sich das Spiel meistens darauf, abstrakte Marker abzugrasen und dies der App mitzuteilen. Diese sagt mir dann was passiert. Das gestaltete sich als völlig repetitiv und ließ den Aspekt des Entdeckens unter gefährlichen Bedingungen völlig vergessen.
Die Szenarien selber fand ich interessant und auch gut gemacht. Wir waren durchaus gewillt und interessiert das Geheimnis zu lüften. Einmal. Vielleicht noch ein zweites Mal. Dann hat sich die Geschichte verbraucht, auch wenn der Aufbau sich beim erneuten Spielen ändern kann. Verliert man das Szenario, fängt man wieder von vorne an. Jetzt kennt man das ganze und sollte den Durchlauf dann optimieren, um weniger Zeit zu benötigen. Dadurch wird das Spiel erst Recht zum reinen Abarbeiten von Markern und Proben. Der Wiederspielwert hält sich somit sehr, sehr stark in Grenzen. Natürlich bietet FFG weitere Szenarien als kostenpflichtigen Download oder als Erweiterungen an.
Mit der Grundbox bekommt man recht viel Spielmaterial, darunter auch einen Haufen Figuren. Diese halten jedoch nicht das Niveau, das ich von FFG gewohnt bin. Die Monster sind zweiteilig, die Figur selbst und eine Basis, in die die Figur gesteckt wird. Hier gibt es drei Möglichkeiten. Die Figur passt in die Basis – Glück gehabt! Die wahrscheinlichen beiden anderen: Die Basis ist zu eng und man quält und presst den Stift der Figur in das vorgesehene Loch. Oder anders herum, die Basis ist zu weit und die Figur fällt jedes Mal um, wenn ich huste. Zusätzlich gib es noch ID-Marker aus Pappe, die man an die Basis steckt, um Monster gleichen Typs zu unterscheiden. Ähnliches Spiel, entweder passen sie oder sie fallen aus der Basis. Mir ist völlig bewusst, dass man hier mit einem Tropfen Kleber die Sache in den Griff bekommt. Nur geht die Anleitung nicht davon aus, dass man das machen müsste und daher erwarte ich auch, daß das Spiel im Rahmen des Designs funktioniert. FFG ist keine Hinterhofklitsche, die zum ersten Mal ein Spiel mit vielen Miniaturen macht. Zum anderen ist das Spiel auf einem preislichen Niveau, bei dem ich Qualität erwarten kann.
Es ist wirklich ein Jammer, ich wollte das Spiel wirklich mögen, sehr sogar. Ich finde den Cthulhu Mythos nach wie vor toll und das Setting vielversprechend. Vielleicht auch deswegen die grosse Fallhöhe. Für mich stimmt das Spiel und die Stimmung die es generieren möchte überhaupt nicht. Zudem passt für mich das Preis – Leistungsverhältnis nicht. Ich bekomme 4 Szenarien, wenn ich damit durch bin und die Erstinvestition nicht verlieren möchte, muss ich weiter Geld ausgeben. Wenn ich zukünftig ein szenariobasiertes Spiel haben möchte, würde ich inzwischen lieber zum Adventure Game, wie zum Beispiel: Das Verlies greifen. Ich habe zwar nicht den Cthulhu Mythos dabei, dafür aber eine unterhaltsame Geschichte mit Rätseln, die funktioniert und eine App, die mir einfach nur die Texte vorliest.
Hinweis: FFG hat das gleiche Spiel, mit ein paar Verbesserungen, im Herr der Ringe Gewand recycelt. Hier findet ihr Christans Rezension dazu.
Villen des Wahnsinns von Nikki Valens
Ein App – Brettspielhybrid, der sich ,nach der anfänglichen Spannung, zu ziemlich langweiligem Marker abgrasen und eher nervigen Proben werfen wandelt.
Robert:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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David
Schade das der Funke nicht so recht überspringt. Hier ein Hinweis: es existiert noch eine weitere App, in der von Spielern für Spieler weitere Missionen erstellt wurden.
Mit den Erweiterungen kommen auch weitere Rätsel in der App. Atmosphäre erhält man nur wenn man wie in Arkham oder Eldritch Horror eben nur einen lesen lässt und vor allem den Ausgang der Probe nicht vorab verrät.
Ich mag die geringe Einstiegshürde für neue Mitspieler und die geringe Vorbereitungszeit. Anders als bei Descent baue ich eben nicht 30 min. auf und erkläre dann noch 2h die Regeln ;-). Da kann ich bei dem Preis auch über die tatsächlich friemeligen Monster hinwegsehen.
Robert Alstetter
Die anderen Apps schaue ich mir gerne noch an, wobei ich die beigefügten Missionen schon ganz ok fand. Daran lag es nicht. Wie du richtig sagst, bin ich durch die App deutlich schneller im Spiel. Bei uns hat es aber nicht geklappt.
Würdest du sagen, dass das Spiel durch die Erweiterungen besser wird? Wenn ja welche würden du empfehlen?
PaulRetro
Villen des Wahnsinns, ein Spiel für sich.
Einige können mit solchen Hybriden gar nichts anfangen, andere finden es stimmiger, wenn jemand ’neutrales‘ die Rolle des Bösen übernimmt und alle gegen das Spiel agieren und raten können und niemand wegen unfairer Spielweise verteufelt wird.
Ich finde die Stimmung mit der Hintergrundmusik hervorragend.
Die Flavour-Texte müssen sein. Zwar zieht es das Spiel etwas, es ist aber für die Stimmung unabdingbar.
Durch das weglassen der Texte, wird es natürlich zum sturen Anhandeln der Proben.
Wenn ich einen Film zu Hause schaue, immer vorspule – brauch ich mich nicht über die fehlende packende Atmosphäre wundern.
Das die App den Spielaufbau festlegt, finde ich einen Riesen-Vorteil. Ich muss nicht 30min lang den Tisch ‚dekorieren‘, sondern die App sagt was benötigt wird, wo und wie etwas passiert. Der Vorteil ist, es gibt immer wieder Situationen, mit denen man nicht rechnet. Wenn ich in einem Kartenspiel alle Karten gesehen habe, bleibt die Überraschung weg…
Die Figuren sind ein vieldiskutiertes Thema.
Der Figurenaufbau stammt ja aus der ‚ersten‘ App-freien-Edition. Da hatten gleiche Monstertypen noch unterschiedliche Status-Plättchen. Das man das Monster-Sytem weiter benutzt und so dem Nutzer der ersten Edition das weiterverwenden ermöglicht, finde ich lobenswert (auch wenn die Monsterlösung eigen ist).
Für 4 Grundszenarien ist das schon eine Stange Geld, man bekommt halt auch eine Menge Material und man kann nicht ( wie bei einem Abenteuerbuch ) spoilern.
Gerade im Grundspiel sind zum Beispiel bei der ersten Mission etliche Varianten eingebaut, die mit anderen Erweiterungen noch vergrößert werden. Es gibt einige Seiten mit Auflistung der Szenarien und Varianten.
Natürlich hält sich der Wiederspielwert in Grenzen, aber es sind halt Szenarien.
In einem Abenteuerbuch kann ich immer wieder den gleichen Weg bestreiten und es wird irgendwann langweilig oder man beginnt Abschnitte zu überspringen.
Jeder hat da seine eigene Einschätzung und Vorlieben.
Wer ein Abenteuerbuch lesen und auf das Brettspiel nicht verzichten will, kann mit ‚This war of mine‘ ebenfalls sehr dichte Atmosphäre erzielen, auch wenn das Thema sehr düster ist und nicht jedermanns Geschmack.