SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 7 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Olivier Grégoire
erschienen bei Huch!, Sit Down
In Tiwanaku sind wir Quechua-Bauern. Wir verehren die Erdgöttin Pachamama und wissen, wie sie uns ihre Gaben schenkt. Wir erkunden ein neu entdecktes Tal und versuchen herauszufinden, welche Feldfrüchte auf welchem Boden wachsen. Gefragt sind logisches Denken und ein wenig Intuition. Der Hingucker von Tiwanaku ist das Pachamama Rad, das wir während eines Zuges befragen und uns erlaubt, die Richtigkeit unserer Annahmen zu überprüfen. Vorsicht: Wer in Tiwanaku falsch liegt verärgert Pachamama, wer also nur wild schätzt oder ihre Regeln missachtet, wird bestraft. Tiwanaku ist ab 14 Jahren, es dauert etwa 30-60 Minuten. Bis zu 4 Spielende können es solo, kompetitiv oder kooperativ spielen.
(Bing Chat)
Tiwanakus Spielfeld ist doppelseitig. Für lange Szenarien wählt man 36 Felder für kürzere 24 Felder. Zu Beginn des Spiels wird eine zufällige Szenario-Scheibe passend zur Spielfeldgröße, gezogen. Die Rückseite der Scheibe zeigt den Spielaufbau für das Szenario. Nach der Vorbereitung wird die Scheibe mit der Vorderseite nach vorn ins Pachamama Rad gesteckt. Diese Scheibenseite bestimmt die komplette Anordnung der Gelände- und Feldfruchtarten auf dem Spielbrett. Jedes Feld kann eine von fünf Geländearten (Wald, Berg, Wiese, See oder Wüste) oder eine von fünf Feldfruchtarten (Mais, Kartoffel, Quinoa, Kürbis oder Chili) enthalten. Gelände- und Feldfruchtarten sind immer nach eindeutigen Regeln verteilt. Abhängig von der Anzahl Spielender werden noch Quechua Figuren verteilt.
Ist man am Zug, hat man die Wahl zwischen Erkunden oder Weissagen.
Beim Erkunden muss man zuerst eine Figur bewegen. Meistens so, dass sie auf einem leeren Feld stehen bleibt. Ist dies der Fall, nimmt man das Pachamama Rad und gibt die Koordinaten des Feldes am Rad ein. Das Entdeckungsfenster am Rad zeigt die Geländeart für das leere Feld. Das entsprechende Plättchen kommt dann auf dieses Feld. Als Belohnung gibt es Siegpunkte, abhängig von der Anzahl entdeckter Geländeplättchen der anderen Bodensorten.
Tiwanaku erlaubt beim Weissagen keine vorherige Bewegung. Die Figur muss also schon auf einem Geländeplättchen stehen. Man sagt die Art der Feldfrucht dieses Plättchens nach Pachamamas Regeln und den Gegebenheiten auf dem Spielbrett vorher. Auch hier wird wieder Pachamamas Rad konsultiert. War die Weissagung, korrekt gibt es Siegpunkte, abhängig von der Feldfrucht. Außerdem bekommt man einen Gabenmarker der weisgesagten Feldfrucht, falls man diesen nicht schon bereits hat. Wer daneben liegt bekommt Siegpunkte entsprechend der Feldfrucht abgezogen, die vom Rad für das Feld vorgesehen ist. Auf jeden Fall kommt das passende Feldfruchtplättchen auf das Feld.
Nach dem Erkunden oder Weisssagen kann man noch eine Gabe darbringen. Hierfür opfert man seine Gabenmarker der Göttin. Je mehr man opfert, umso mehr Punkte erhält man.
Das Spielende wird ausgelöst, sobald alle Geländeplättchen auf dem Spielbrett platziert sind, das Tal also vollständig erschlossen ist. Danach kann man im reihum noch Weissagungen für die Felder abgeben, auf denen man noch steht. Bewegen ist aber nicht mehr erlaubt. Dann können die Spieler noch eine letzte Opfergabe darbringen. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel.
(Bing Chat)
Bei der ersten Partie Tiwanaku dachte ich sofort an “Sudoku meets Halma” und seitdem lässt mich das nicht mehr los. Vergleiche hinken immer, aber trotzdem. Sudoku wegen der genauen Regeln, wie die Plättchen auf dem Feld verteilt sind. Regionen sind eine Anordnung von Bodenplättchen der gleichen Art. Die Regionen sind maximal 5 Felder groß. Regionen gleichen Typs berühren sich nie, auch nicht diagonal. Die Pflanzenplättchen haben die Werte 1 – 5, in einer Region mit drei Bodenplättchen sind immer die Pflanzenplättchen 1, 2, 3 in einer Region der Größe 4 sind es die Pflanzenplättchen 1 bis 4. Identische Pflanzenplättchen sind nie benachbart.
Damit lässt sich gut vorhersagen, welches Plättchen wo liegen müsste. Wenn man genügend Informationen hat. Natürlich gibt es immer Situationen, in denen man nicht genug weiß um sicher Weissagen zu können. Da ist man hin und her gerissen, entweder das zu Glück strapazieren und mit gefährlichem Halbwissen zu raten und ggf. die Strafpunkte zu kassieren, lieber abwarten und woanders weitermachen. Natürlich möchte man vermeiden, dass die anderen am Tisch zu viele Informationen bekommen, um einem die Weissagung wegzuschnappen. Liegt man des Öfteren daneben schmelzen Siegpunkte dahin. Das lässt einen bei unsicheren Weissagungen deutlich werden und die nächsten Züge ist man dann deutlich vorsichtiger. Tiwanaku ist eine schöne Knobelei, die über viele Altersgruppen hinweg immer gut angenommen wurde. In fast jeder Gruppe, in der wir spielten, wurde sie eher als gemeinschaftliche Aufgabe empfunden. Wir haben uns da meistens gegenseitig unter die Arme gegriffen und zusammen die Möglichkeiten diskutiert und ausgelotet. Vor allem dann, wenn Jüngere am Tisch saßen. Nicht sehr kompetitiv ehrlich gesagt, aber dazu später mehr. Die Bewegung der Quechua Figuren mit Halma zu vergleichen, hinkt natürlich schon. Letztlich sind es sehr einfache Regeln, man darf sich über so viele Felder bewegen, wie man will, solange entweder eine eigene Figur oder ein Pflanzenplättchen darauf ist. Stehen die Figuren geschickt, kommt man so richtig weit, eben wie bei Halma.
Wir haben Tiwanaku in zwei verschiedenen Spielmodi ausprobiert. Klassisch kompetitiv, in dem jeder seine Siegpunkte sammelt. Wer am Ende die meisten hat, gewinnt. Das hat in den ersten Runden Spaß gemacht, wurde aber erstaunlich schnell repetitiv. Die Herausforderung ändert sich nicht wesentlich von Szenario zu Szenario. Wir hatten also nie das Gefühl, dass die Szenarien sich durch Schwierigkeitsgrade unterscheiden. Einzig die Verteilung der Felder ist anders.
Die kooperative Variante hat uns deutlich besser gefallen, weil wir sowieso am liebsten gemeinsam am Spiel knobelten. Spielt man kooperativ, kommen noch ein paar interessante Elemente dazu. Man spielt dann gegen das Volk der Otoma. Damit kann man die Herausforderung skalieren und vor allem steigern. Je schwieriger man es haben möchte, umso weniger eigene Quechua Figuren hat man zur Verfügung und desto mehr Otoma Figuren sind im Spiel. Die Bewegung der eigenen Figuren bekommt in der kooperativen Variante einen schönen Twist. Denn beendet die eigene Figur ihre Bewegung in der gleichen Spalte oder Zeile wie eine Otoma Figur, so bewegen sich alle, für die das gilt. Kommt ein Otoma auf einem leeren Feld zum stehen werden, sowohl das Boden- als auch das Pflanzenplättchen aufgedeckt und die Otoma bekommen dafür Siegpunkte. Man muss also sehen, wie man sich auf dem Brett bewegt, um die Otoma in Schach zu halten. Ansonsten grasen sie das Feld ab und damit auch die Siegpunkte. Die Otoma bringen in Tiwanaku die zusätzliche Herausforderung, die uns nach den ersten Partien in der kompetitiven Variante gefehlt hat.
Natürlich darf man nicht über Tiwanaku sprechen, ohne das schöne Spielmaterial zu erwähnen. An vorderster Stelle steht das Pachamama Rad. Ein tolles Spielelement, das wirklich zum Spiel und Spielgefühl beiträgt und nicht nur sinnloses Gimmik ist. Vor allem dann, wenn Unsicherheit bei einer Weissagung herrscht, ist es immer spannend die Koordinaten des Feldes einzugeben und im Fenster nachzusehen. Gerade in den ersten Partien will jeder das Rad in die Hand nehmen und es bedienen.
Tiwanaku von Olivier Grégoire
Tiwanaku ist ein abstraktes Deduktionsspiel für 1-4 Spieler ab 14 Jahren. Die Spieler erkunden ein neues Tal und versuchen herauszufinden, welche Feldfrüchte dort wachsen. Mit dem Pachamama Rad hat Tiwanaku einen echten Hingucker, den jeder in die Hand nehmen will.
Robert:
Hinweis:
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