SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 4 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Michael Kiesling, Wolfgang Kramer
erschienen bei Deep Print Games, Pegasus Spiele
Als Allgäuer bin ich ein bisschen verwöhnt. Werfe ich einen Blick aus dem Fenster, erstrecken sich vor mir wundervolle grüne Wiesen und mächtige Wälder. Dieses Jahr hatten wir sogar das Vergnügen, einen kleinen Fuchs beim Aufwachsen zu beobachten. Und wisst ihr, was das Beste ist? Wenn M´morgens die Sonne aufgeht, fühlt sich das so an, als würde man Edvard Griegs Morgenstimmung direkt mit allen Sinnen erleben. Gut, das war jetzt etwas übertrieben. Aber nur ein klein wenig. Worauf ich eigentlich hinaus will, ist, dass ich fast mitten in der Natur lebe und das Ziel in Renature dementsprechend nachvollziehen kann. Die umliegende Schönheit wieder herzustellen.
(Emile Michel Cioran)
Wer Domino beherrscht, hat die Grundlagen von Renature schon verstanden. Denn auch hier müssen passende Tiere an ihr Ebenbild angelegt werden. Hinzu kommt ein variabler Joker. Denn ich selbst kann in meinem Zug durch Abgabe von Wolken Einfluss darauf nehmen, welches Tier als universell gilt.
Nachdem ein Stein auf den Pfad gelegt wurde, können wir Pflanzen von unserem Tableau angrenzend wachsen lassen. Dabei Punkten wir schon einmal für das Einsetzen und für alle anderen Pflanzen, die maximal gleich groß sind wie unsere eingesetzte. Zusätzliche Punkte gibt es für abgeschlossene Beete. Hier geht es dann um harte Mehrheiten. Wobei identische Stärken annulliert werden.
Sind alle Steine verbaut, gibt es noch eine kurze Endwertung. Wer dann die meisten Punkte aufweist, hat gewonnen.
Die komplette Spielregel zu Renature findet ihr hier. (externer Link)
(Thomas Hobbes)
Ich mag die Optik von Renature sehr gerne. Diese auf alte Bücher getrimmte Tiergrafiken treffen bei mir mitten ins Herz und sorgen schon für den nötigen Wohlfühlfaktor, den ich bei Spielen so gerne mag. Verbunden mit der Haptik der Spielsteine wirkt das Spiel für mich ein wenig wie Balsam für die Seele. Außerdem kümmert sich Renature auch darum, mich anderweitig zufriedenzustellen. Indem es meine bösartige Ader kitzelt. Denn man sollte sich vom friedlichen Aussehen nicht blenden lassen. Renature ist ein Spiel, das in den menschlichen Abgründen wühlt, nur um das schlechteste in einem selbst zum Vorschein bringen. Und das liebe ich!
Gut, man kann Renature natürlich auch friedlich spielen. Dann plätschert eine Partie schön vor sich hin und man fühlt sich gut unterhalten. Aber der Kern ist, dass man versucht, seinen Gegnern (nein, hier kann ich nicht von Mitspielern sprechen) reinzugrätschen, wo es nur geht. Sonst lägen keine neutralen Pflanzen bei, die nur den Zweck haben, anderen Steine in den Weg zu legen. Und natürlich thematisch gesehen für eine schöne Begrünung zu sorgen.
Aber, wo Licht ist, fällt natürlich auch Schatten. Und dieser wirkt sich in Renature auf drei Arten aus. Zum einen kann man dem Spiel einen gewissen Glücksfaktor nicht absprechen. Passen die Steine nicht, habe ich durch die Wolken eine Chance das auszugleichen. Da die Wolken jedoch begrenzt sind, ist das nur bis zu einem gewissen Rahmen möglich. Passen die Steine danach immer noch nicht zum eigenen Plan, macht man zwar das Beste daraus und ärgert sich über Mitspieler, bei denen alles aufgeht. Als zweites ist das friemelige herauspuhlen der Siegpunktchips zu nennen, wenn ein Beet abgeschlossen wurde.
Was jedoch am auffälligsten ist, das Thema an sich ist im Kern komplett austauschbar. Renature ist ein komplett abstraktes Spiel, das sich genauso gut von der Gästeverteilung in einem Restaurant handeln könnte. Aber über eines sollte man sich auch bewusst sein. Das ist jammern auf ganz hohem Niveau.
Denn das Spiel ist nicht nur unterhaltsam. Eine Partie Renature dauert auch nicht lange, sodass die Revanche stets in greifbarer Nähe ist. Und so bleibt das Spiel eine schöne, aber auch böse Angelegenheit, die ich immer wieder auf den Tisch bringe.
Renature von Michael Kiesling, Wolfgang Kramer
Ein schön gestaltetes haptisches Highlight, das durch seine bösartige Interaktion zu begeistern weiß. Wen nicht stört, dass er eher ein abstraktes Spiel vor sich hat, der sollte unbedingt eine Partie spielen.
Christian:
Hinweis:
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