SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 5 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Alexander Peshkov, Ekaterina Pluzhnikova, Martin Nedergaard Andersen
erschienen bei Huch!
Kennt ihr dieses Gefühl, wenn ihr ein Spiel im Regal stehen seht und wisst, dass ihr es unbedingt haben müsst? So erging es mir auf der Spielwarenmesse in Nürnberg mit „Psychiatrie des Schreckens“. Klar ist der Name Clickbait im Schachtelformat, aber dieser und das Design zogen mich sofort in ihren Bann. Dann kam noch das Versprechen, dass fünf unterschiedliche Erzählstränge uns begleiten werden, und es war endgültig um mich geschehen.
Ich hätte jedoch gewarnt sein müssen. Wissen müssen, dass der Titel sich nicht auf die Geschehnisse in der Psychiatrie, sondern die darin befindlichen Rätsel beziehen. Aber ich bin auch nur ein Narr, der sich von bunten Bildern in den Bann ziehen lässt. Und damit doch nicht allein. Oder?
(Christian Friedrich Hebbel)
Die Psychiatrie des Schreckens ist ein großes Escape Game, welches aus insgesamt 10 Kapiteln besteht. Dabei ist jedes zeitlich in etwa so umfangreich, wie ein Standard EXIT-Abenteuer. Jeder Abschnitt beginnt damit, dass wir einen Teil der Geschichte vorlesen. Danach wechseln sich Rätsel mit Story-Fetzen ab, bis wir dann an einem Ende angelangt sind.
Nebenbei gibt es immer wieder Entscheidungen zu treffen, die die Handlungsstränge und zuletzt auch die fünf Enden beeinflussen können. Die Rätsel selbst sind vorwiegend abstrakter Natur und fordern nicht nur logisches, sondern auch hartes um die Ecke denken. Dabei müssen wir immer wieder versuchen in die einzelnen Räume zu gelangen, welche ihr Geheimnis in einem eigenen Umschlag verbergen.
Kommt man doch mal nicht weiter helfen die beiliegenden Hinweis- und das Lösungsbüchlein, dass man nicht aufgeben muss, weil einem die zündende Idee nicht kommen mag.
(Rudolf von Jhering)
Ich gebe es hiermit offiziell zu, ich bin zu dumm für die Rätsel in der Psychiatrie des Schreckens. Zumindest für gefühlt die meisten. Und so schäme ich mich dann auch nur ein bisschen, dass wir viel zu häufig in der Lösung nachschlagen mussten. Dabei sind wir nicht mal unbeschriebene Blätter, was Escape Games und abstrakte Rätsel im Allgemeinen angeht. Aber viele der Aufgaben kamen mir selbst im Nachhinein so gestaltet vor, dass irgendein kluger Kopf sie sich nur deswegen ausgedacht hat, um sich dann auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: „Schaut her, ich bin der Beste und ihr nur Würmer im Watt der Mittelmäßigkeit.“ Wobei das auf technischer Ebene wahrscheinlich sogar stimmt, in der Geschichte waren sie – genretypisch – jedoch vollkommen an den Haaren herbeigezogen.
Dabei kann ich nicht mal sagen, dass wir es nicht mal versucht haben. Wir sind jedes Rätsel immer mit neuer Euphorie angegangen, in der Hoffnung nun diesmal etwas zu lösen. Dann, wenn es klappte, fühlte es sich natürlich auch sehr gut an. Aber ewiges auf ein Bild starren und dabei keinen einzigen Schritt vorwärtskommen, frustrierte umso mehr. So haben wir dann auch weit mehr, als die angegeben 10 Stunden in der Psychiatrie des Schreckens verbracht. Und ja, wir haben das Grauen erlebt.
Jedoch nicht durch die Story, denn diese ist derart 08/15 und gerade heraus, dass sie über keinerlei Überraschungen verfügte. Enttäuschend, wenn man sich auf ein Abenteuer freut, das einem den kalten Schweiß auf die Stirn treibt. Dabei waren die Entscheidungen und manche der Auswirkungen daraus ein totales Highlight. Aber, obwohl die unterschiedlichen Enden eine tolle Idee sind, war ich nicht motiviert das Spiel von vorn zu beginnen und andere Wege einzuschlagen.
Stark verwundert waren wir über einen unserer gesteuerten Charakteren, der aus dem Nichts heraus plötzlich seine komplette Rolle änderte. Das sollte wohl ein überraschendes Ende sein, stand jedoch derart im Gegensatz zu den vorherigen Handlungen und Erzählungen, dass sich das Bild einfach nicht zusammensetzen wollte.
Richtig ärgerlich für Spiele mit Entscheidungsfreiheit ist, wenn man merkt, dass man an der Nase herumgeführt wird und es eigentlich egal ist, was man tut. Zum Glück hatten wir dieses Erlebnis in der Psychiatrie des Schreckens nur ein einziges Mal. Aber dennoch fühlten wir uns dennoch vollkommen verarscht, als wir diese Karten zogen:
Im Nachhinein bin ich froh, dass wir das Spiel abgeschlossen haben und ich mir selbst nicht vorwerfen muss, zu früh aufgegeben zu haben. Denn zwischendrin hatte der Titel natürlich auch seine guten Momente. Es gab Rätsel, die sich perfekt in die Story einbringen konnten und einen somit nicht aus der Geschichte warfen. Dann waren da die Momente, in denen es tatsächlich eine überraschende Wendung gab, die einen berührte. Aber dennoch überwog für uns das Negative. Trotz, oder vielleicht gerade wegen der Vorfreude, war die Fallhöhe einfach zu hoch und wir zu enttäuscht.
Psychiatrie des Schreckens von Alexander Peshkov, Ekaterina Pluzhnikova, Martin Nedergaard Andersen
Wahrscheinlich sind wir einfach nicht intelligent genug, aber die Psychiatrie des Schreckens quälte uns nur auf der Ebene der Rätsel. Die Geschichte bot keinerlei Spannung oder Motivation weiter zu machen. Die Entscheidungen sorgten für nette Verzweigungen und den einen oder anderen Aha-Moment. Leider stand für uns der große Umfang nicht in Relation zum Spaß, den wir empfunden hatten.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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