SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Marco Teubner
erschienen bei Schmidt Spiele
Es gibt diese Momente, die einen ein komplettes Leben lang begleiten. Bei mir ist es zum Beispiel die Erinnerung daran, als ich Jurassic Park im Kino sah und den Mund vor Staunen nicht mehr schließen konnte. Diese Dramatik, diese Epik und vor allem eines. Diese realistischen Dinos! So etwas hatte ich zuvor nie gesehen. Und was heute vielleicht als 1×1 der Tricktechnik gilt, war damals einfach revolutionär. Egal, wie die Effekte heutzutage aussehen. Für mein 12-jähriges Ich war alles, was sich auf er Leinwand befand, real. Wie durch ein Tor in eine andere Welt blickte ich auf das Geschehen, welches mich nicht mehr loslassen wollte. Und so fieberte ich dann auch der Veröffentlichung der VHS in der örtlichen Videothek entgegen, um den Film erneut genießen zu können.
Viele Jahre (und einige fragwürdige Filme) später hat die Faszination nachgelassen. Man kann nicht mehr ganz so einfach in Staunen versetzt werden. Zu sehr ist gute CGI Massenware geworden, ohne den Zauber von einst wieder einfangen zu können. Aber nein, keine Angst. Dies werden keine früher war alles besser Ausführungen eines alten Mannes. Alles hat seine Zeit und man sollte die Magie genießen, solange sie anhält. Offen sein für neue Zauber, die die Welt bereithält. Gemeinsame Erlebnisse erschaffen.
Und natürlich schlage ich hier die Brücke zum Brettspiel. Denn auch wenn ich sie selbst nicht mehr ganz so fühlen kann, hat die Faszination von Dinos immer noch einen hohen Stellenwert bei Kindern und Jurassic World ist als Marke ein Begriff. Doch kann Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar dann diese Begeisterung packen und in das Spiel transferieren? So weit kann ich es schon einmal sagen. Nein, denn es hat eine Stärke, die zu einem entscheidenden Problem werden kann.
(Jurassic World)
Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar bedient sich der absoluten Grundlagen des Deckbuildings. Spiele fünf Karten und nutze eine von ihrer Möglichkeiten. So lassen sich mit Bernstein neue Karten kaufen, Aktionstexte ausführen, Baupunkte generieren und (im fortgeschrittenen Spiel) eine der drei Auftragsgeberleisten voranschreiten.
Neue Karten wandern wie gewohnt in den Ablagestapel, wo sie auf ihre spätere Anwendung warten. Die Aktionen kennen wir alle zum größten Teil und beinhalten Klassiker wie Karten abwerfen und nachziehen, Karten vernichten oder Karten aufwerten. So weit, so bekannt. Manche beziehen sich jedoch auch auf etwas Eigentständiges. Denn durch Baupunkte ist es uns möglich, Vorratskisten oder Camps auf dem Spielplan zu platzieren. Und gerade Letztere sind extrem wichtig, da durch diese eine Wertung ausgelöst wird. Dann erhält man je nach ausliegenden Wertungskarten Punkte. So zum Beispiel für bestimmte bebaute Geländearten, zusammenhängende Camps oder ihre Höhe. Denn wir haben die Möglichkeit, die bereits platzierten Zelte zu überbauen, was in den meisten Fällen unsere Mitspieler ärgert.
Kann man eine Karte für sonst nichts nutzen, lohnt sich meistens ein Schritt auf einer der gleichnamigen Auftraggeberleisten. Über diese erhalten wir Sonderaktionen, Siegpunkte und wenn wir die Liste komplett abgeschlossen haben, weitere Vorratskisten.
In jedem Deck befinden sich jedoch auch noch eine besondere Art von Karten. Die roten Dinos. Durch das Dino-Ei nehmen sie im Laufe des Spiels immer mehr Platz ein. Der Unterschied, diese Karten müssen gespielt werden. Durch diese können wir dann einen der vier Dinosaurier um bis zu drei Felder bewegen. Im besten Fall zertrampeln wir dabei eines der Camps unsere Mitspielenden. Aber man sollte sich keiner Illusion hingeben. Sie werden dasselbe mit uns tun.
Ist das Spiel vorbei, gibt es keine weiteren Punkte. Es zählt nur, was wir im Spiel gesammelt haben. Wer die meisten hat, gewinnt natürlich. Zu den bereits oben genannten fortgeschrittenen Regeln gibt es dann noch die Möglichkeit der persönlichen Wertungskarten, die im Verlauf des Spiels gekauft werden können.
Die komplette Spielregel zu Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar findet ihr hier. (externer Link)
(Jurassic World)
Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar ist ein Familienspiel und genau als das konzipiert. Die Aussage ist dabei komplett wertfrei und soll lediglich als eine Basis dessen dienen, was einen erwartet. Eben einen Deckbuilder mit ein paar Baumöglichkeiten auf einem Spielbrett. Nicht mehr, nicht weniger. Dabei ist das Spiel einfach genug gehalten, um auch Neueinsteiger nicht zu überfordern, bietet damit dann natürlich auch nicht die Tiefe, wie sie andere Titel des Genres bieten können. Macht aber nichts, denn Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar verfolgt einen ganz anderen Weg. Den der direkten Interaktion. Aber – und das dürfte für einige Spielenden das größte Problem darstellen – es ist eine zerstörerische Interaktion.
Wer gewinnen will, darf nicht davor zurückschrecken, Dinosaurierer in die Camps der Mitspielenden zu ziehen und diesen Punktegrundlagen zu zerstören. Ja, es gibt Möglichkeiten, das eigene Hab und Gut zu schützen, aber diese sind selten so effektiv, dass man jegliche Angriffe abwehren könnte. Irgendwie gehört es ja auch zum Spiel dazu. Und ich liebe genau dieses Element von Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar! Dieses sich gegenseitig zu zeigen, dass Dinos diejenigen sind, die auf dieser Insel das Sagen haben. Denn das macht aus einem trockenen, recht emotionsarmen Spiel eines. Einen Kampf ums Überleben.
Gleichzeitig ist dieses Element aber auch die größte Schwäche von Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar. Den nicht jeder kann es abhaben, dass zwischen zwei eigenen Zügen mehrere eigene Camps zerstört wurden. Jedoch klingt das weitaus schlimmer, als es ist, denn man muss vorwiegend auf eines achten. Wie kann ich in meinem Zug Punkte generieren. Nicht was haben mir die anderen kaputtgemacht. Und wer da nicht ganz so abgebrüht rangeht und sich noch als schlechter Verlierer herausstellt, ist hier komplett falsch aufgehoben. Und da gerade Kinder dazu neigen hier hochemotional zu reagieren, weiß ich nicht so recht, ob Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar nicht ein wenig an der Zielgruppe vorbei designt wurde. Aber ich wiederhole es hier nochmals. Mir gefällt gerade dieses zerstörerische Element des Spiels. Dieses sich gegenseitig reingrätschen und nichts gönnen. Aber ich kann spielerische Aktionen auch von den realen unterscheiden. Zumal die Strafe derart gering ausfällt, dass es tatsächlich zu verschmerzen ist.
Ansonsten ist Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar nichts, was besonders aus dem Spielemarkt herausragen würde. Ohne die emotionale Komponente wäre es einfach ok. Eine Kost, die einen kurzzeitig bespaßen, aber nicht nachhaltig beeindrucken würde. Eine nette Unterhaltung, die funktioniert, aber etwas wenig Herausforderung mitbringt.
Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar von Marco Teubner
Ein relativ einfaches Spiel, das seine Höhen durch eine destruktive Komponente erhält, die jedoch nicht jedem schmecken wird. Ohne diese würde Jurassic World: Rückkehr zur Isla Nublar eindeutig die Würze fehlen.
Christian:
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