SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 7 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Marco Teubner
erschienen bei Pegasus Spiele
„Ich habe fertig“ – ein “Satz”, der ursprünglich vom ehemaligen Fußballtrainer Giovanni Trapattoni, während einer legendären Pressekonferenz am 10. März 1998, geprägt wurde.
Trappatoni war Trainer des FC Bayern München, als er in in einer emotionalen Pressekonferenz seine Frustration über die Leistung einiger Spieler äußerte. Er kritisierte deren mangelnde Einstellung und Teamgeist, nachdem Bayern einige Spiele verloren hatte.
Die Pressekonferenz wurde legendär, vor allem wegen Trapattonis fehlerhaftem, dafür aber sehr lebendigen Deutsch. Der Satz *„Ich habe fertig“* entstand aus seiner unvollkommenen Sprachkenntnis – er meinte eigentlich *„Ich bin fertig“*.
Jetzt gibt es ein gleichnamiges Kartenspiel bei Pegasus erschienen, das von Marco Teubner entworfen wurde. Es ist für 2 – 5 Spielende und dauert etwa 5 – 20 Minuten. Hat das Spiel jetzt irgendwas mit Trappatoni oder Fussball zu tun? Achtung Mega-Spoiler: Kein Bisschen 🙂
(Lothar Matthäus)
Ich habe fertig ist ein Familienspiel / Partyspiel mit denkbar einfachsten Regeln.
Es gewinnt, wer die Karten “Ich” “habe” “fertig” in seiner Auslage liegen hat, eigentlich – die Karten bieten noch einige andere Möglichkeiten das Spiel zu gewinnen.
Wer am Zug ist, zieht eine Karte oder spielt eine aus der Hand aus. Das war es tatsächlich schon. Dann ist der nächste Spielende an der Reihe.
Die Varianz im Spiel kommt allein durch den Text auf den Karten. Er modifiziert das Spielgeschehen, überschreibt auch obige Regeln, räumt Rechte ein oder verhindert, dass man gewinnen kann.
Die komplette Spielregel zu Ich Habe Fertig findet ihr hier. (externer Link)
(Lothar Matthäus)
Leute! Ich war so gespannt als ich von Essen zurück kam. Jeder zweite den ich dort traf redete, mal abgesehen von “Seti”, über “Ich habe fertig”. Das ist so lustig, absolut hilarious! Und die Karten, man glaubt es nicht, was da alles dabei ist. Es gibt so viele bei denen man kaum glauben kann, was sie sagen. Ein “Holy Shit!” – Moment jagt quasi den nächsten. So das allgemeine Credo zu “Ich habe fertig”
Die erste Partie holte mich dann doch sehr auf den Boden zurück. Der Einstieg war etwas holprig. Bis man die Karten einigermaßen kennt, hat man immer schön was zu lesen. Je nach Spieleranzahl nimmt das ziemlich an Tempo aus dem Spiel.
Pro-Tipp: Eine gute Lichtquelle hilft dabei, im Schummerlicht wird es zäh.
Nach der ersten Partie war ich ernüchtert. War das wirklich alles? Wo sind denn diese originellen Karten? Es war ganz nett aber auch nicht viel mehr.
Mir war bewusst, dass es chaotisch werden würde. Ich pendelte so ein wenig zwischen „ich spiele ein Spiel“ und viel “ ich werde gespielt” hin und her. Wer ein Mindestmaß an Planung bei einem Spiel haben möchte, sollte die Finger von „Ich habe fertig“ lassen. Wer sich selbst aus der Gleichung nimmt, kann eine ganz nette Zeit haben. Man lässt das Spiel ohne große Ambitionen durch sich hindurch fließen. Das war für mich die beste Haltung, die ich zu „Ich habe fertig“ aufbauen konnte. Im Wesentlichen ist es pures Glück, wenn man gewinnt. Siege fühlen sich nicht verdient an, die kommen zu einem oder eben auch nicht. Frustration wie bei Trappatoni während der Pressekonferenz ist völlig sinnlos (das ist sie ja meistens – aber hier besonders). Hatte ich danach nochmals Lust auf eine zweite Partie? Selten, es war mir einfach zu beliebig.
Inhaltlich besteht „Ich habe fertig“ nur aus Karten, die gefühlt eine Stoffsammlung oder Best Off sind, und das von aberwitzigen Ideen, was man bei einem oder mit einem Kartenspiel anstellen kann. Mir war öfter so, als würde „Frantic“ spielen, nur hatte ich die Karten vom falschen Stapel in der Hand.
Es gibt jedoch eine Karte, die einen Tabubruch darstellt. Aber wie so oft, ist das nur beim ersten Mal “spannend” zu sehen ob sich das jemand traut. Egal ob man vorher weiß, dass es diese Karte gibt oder nicht. Wer nicht gespoilert werden will, darf sich die Spielbox nicht genau ansehen.
Die Karten selbst finde ich lustig und interessant gestaltet. Fast jede hat ihren eigenen Look, denn die meisten kommen von unterschiedlichen Künstlern. Eine tolle Idee, viele verschiedene Stile hier unter einem Hut zu vereinen. Eine Übersicht, wer was gestaltet hat, ist hinten auf der Anleitung zu finden. So witzig wie ich die Gestaltung finde, so wenig witzig fand ich die Kartentexte. Der Humor hat leider nicht so verfangen. Meistens hatte ich das Gefühl, als würden die Texte mich anschreien „Hey, ich bin voll lustig“.
“Ich habe fertig” ist schlicht und ergreifend nur ein ganz nettes Kartenspiel, das deutlich kühler gegessen wird als es gekocht wurde. Es bietet auch mal unterhaltsame Momente, hat aber bei uns zu keiner Zeit großartig Emotionen hervor gekitzelt.
Ich würde es mitspielen aber immer wenn ich am Zug bin verstohlen zu der kleinen schwarzen Schachtel “Frantic” hinüber schielen.
Was soll ich sagen? Auch ich wurde noch während der Spiel in Essen extrem vom Hypetrain mitgerissen. Erzählungen von Beeple Kollegen, Gespräche mit anderen Besuchern und dann noch die Pressepräsentation von Pegasus. Alles wirkte auf mich, als ob „ich habe fertig“ ein ganz besonderes Erlebnis werden würde. Ich habe es dann auch direkt meiner Frau erzählt und wir haben uns ein Exemplar gekauft, weil wir es einfach ausprobieren mussten. Hier muss ich noch kurz auf ein witziges Erlebnis verweisen. Und nein, ich haue keinen Spoiler raus. Zumindest keinen, der nicht in der Anleitung selbst steht.
Ich lag abends total müde im Hotel und habe mir die Regeln zu „ich habe fertig“ durchgelesen. Und kam zu der Passage „oder wenn es gerade 21:34 Uhr ist“. Aus Reflex schaue ich auf die Uhr und es ist punkt 21:34 Uhr. Natürlich ist das reiner Zufall, aber ich musste in dem Moment einfach kichern und mich wundern. Denn diese Überraschung war gelungen.
Und so befinden sich im Spiel selbst auch einige Überraschungen. Mal mit mehr, mal mit weniger Auswirkungen. Diese sind es dann auch, die das Spiel besonders machen. Also die Momente, in denen die Karte auslöst, von der noch niemand etwas weiß, außer demjenigen, der sie auf der Hand hat. Hier gibt es dann die seltsamsten Reaktionen darauf. Allesamt aber irgendwie witzig. Nur gibt es dann ein Problem.
Man hat ziemlich schnell die entsprechenden Karten durch, und dadurch verschwindet dann das wichtigste Merkmal des Spiels. Was übrig bleibt ist ein ziemlich chaotisches Durcheinander. Mal mehr, mal weniger interessant. Aber alle Partien haben eines gemeinsam. Im Endeffekt interessiert sich niemand dafür, wer gewinnt. Denn das ist vollkommen willkürlich. Aber bei „ich habe fertig“ gilt der Spruch, „der Weg ist das Ziel“. Denn in einer Partie werden immer wieder seltsame Dinge geschehen, die aufgrund ihrer Situationskomik witzig sind.
Ich möchte jetzt nicht das Fass aufmachen und die Frage stellen, ob „ich habe fertig“ überhaupt ein Spiel ist. Denn man kann mit den Karten eine richtig gute Zeit haben. Die beginnt beim Erklären der Regeln (Nimm eine Karte oder Spiel eine Karte – fertig) und dem, was das Spiel so anstellt. Dennoch empfinde ich das Spiel zwar als sehr interessantes Experiment, aber der Hype ist dann doch etwas übertrieben. Aktuell liegt das Spiel schon eine Weile unangetastet herum. Denn ich finde immer etwas anderes, was mich in dem Moment mehr anspricht. Und dennoch würde ich mich einer Partie nicht verweigern.
Mein Verhältnis zu „ich habe fertig“ ist zwar abgekühlt. Aber alles in allem bin ich dann doch gut unterhalten, auch wenn ich es erst einmal liegen lassen werde.
Ich Habe Fertig von Marco Teubner
Ein einfaches Kartenspiel, das sehr chaotisch geraten ist, dass die Partien nur nett dahinfliessen da man sowieso wenig Einfluss auf den Verlauf des Spiels hat.
Robert:
Christian:
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