SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 7 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Paul Salomon
erschienen bei Elf Creek Games, Skellig Games
Wer meine geistigen Ergüsse hier verfolgt, wird es bereits mitbekommen haben. Auf das Brettspiel Honey Buzz habe ich schon einige Tage ein Auge geworfen. Vor allem, weil es so unglaublich süß aussieht. Ja, ich weiß. Meine Aufmerksamkeit kann man ganz einfach auf Brettspiele lenken, aber habt ihr euch Honey Buzz schon mal angesehen? Allein der Honig, die süßen Bienen-Token und die Illustrationen lösen in mir ein wohliges Gefühl der Wärme aus.
Ein Grund, warum ich auf die gelb-braunen Insekten so anspringe könnte der sein, dass sie zu einer meiner ersten Erinnerungen gehören. Mein Großvater hatte früher ein Bienenhaus im Garten. Heutzutage vielleicht kaum vorstellbar, aber ja, es war eine Hütte, die nur für die Bienen, ihre Zucht und Gewinnung von Honig gebaut war. Ich weiß noch, wie sie auf der Rückseite starteten und ich habe noch den Geruch in der Nase, wenn Honig geschleudert wurde.
Außerdem kommt gerade eine Erinnerung hoch, in der ich als Kind direkt am Ausgang der Bienenstöcke entlanglief. Mit der festen Überzeugung nicht gestochen zu werden, weil die Bienen mich ja schließlich kannten! Gut, gestochen wurde ich nicht, aber das lag dann wohl eher daran, dass ich sie einfach komplett in Ruhe gelassen habe.
Aber bevor ich noch weiter in alte Zeiten versinke, konzentrieren wir uns doch lieber in das Brettspiel Honey Buzz. Ein Spiel, in dem wir das Honigbienen Stück für Stück unseren Stock ausbauen und Pollen sammeln. Optisch wirkt es sehr ansprechend, sodass man gerne in das Spiel starten möchte.
Bleibt nur zu klären, ob das Spiel hält, was es verspricht. Und das kann ich hier schon beantworten. Dem ist nicht so. Die Optik lügt. Aber es stellt sich doch eine viel wichtigere Frage. Macht Honey Buzz Spaß und was kann man von dem Titel erwarten?
(Emily Dickinson)
Auch wenn es auf den ersten Blick so wirken mag, ist das Worker-Placement Element nur ein Teil des Ganzen. Natürlich ist es auch in diesem Brettspiel so, dass wir entweder Arbeiter einsetzen oder zurückholen, aber entgegen den Kollegen lösen wir dadurch keine Aktionen aus. Aber ich greife hier etwas vor. Denn eines muss man noch zum Einsetzen der Bienen wissen. Wir können natürlich auch Felder verwenden, die bereits besetzt sind, jedoch müssen wir dazu immer eine Biene mehr einsetzen, als derjenige zuvor.
Durch unsere Bienen erhalten wir neue Wabeneile, die wir in unserem Bienenstock einbauen. Zu Beginn wurde bereits eine Form ausgelost, mit der alle starten, danach bauen wir nach eigenem Gutdünken weiter. Hier sind zwei Dinge zu beachten. Zum einen müssen wir Ringe vervollständigen. Heißt sechs Waben aneinanderlegen, die ein Loch in der Mitte haben. Denn nur so lösen wir die Aktionen aus, die drum herum angeordnet sind. Zusätzlich ist die Farbgebung der Ränder des Lochs wichtig, da diese bestimmen, welche Nektarart hier gesammelt werden darf.
An Aktionen gibt es den Standard. Erhalte Nachwuchs (also neue Arbeiter), produziere Rohstoffe (in unserem Fall Honig) und verkaufe diese auf dem Markt. Zusätzlich gibt es noch die Flugaktion, mit der wir unsere Biene über die Blumenwiese jagen, um neuen Nektar oder Pollen zu sammeln, eine Art Buchhaltungsaktion, mit der wir einfach 5 Geldeinheiten erhalten und einen Joker, der uns eine beliebige Aktion auslösen lässt.
Ziel des Brettspiels ist es, am Ende die meisten Punkte vorweisen zu können. Diese sammeln wir durch eingenommenes Geld, erfüllte Aufgaben der Königin, Verkäufe und übrigen Honig und Pollen. Anders als in anderen Spielen ist es so, dass das Geld 1:1 in die Punktewertung einfließt und dementsprechend stark zur Wertung beiträgt.
Die komplette Spielregel zu Honey Buzz findet ihr hier. (externer Link)
(Baltasar Gracián Y Morales)
Honey Buzz sieht auf den ersten Blick zuckersüß aus. Doch sollte man sich vom Äußeren hier nicht blenden lassen, denn hinter der klebrigen Schale steckt ein harter Kern. Denn dieses Brettspiel ist erst einmal eines. Ein Wettlauf mit starkem Optimierungspotenzial. Schließlich muss ich nicht nur für mich vorausplanen, sondern auch meinen Mitspielenden eine Nasenlänge voraus sein, damit meine Bemühungen nicht umsonst sind.
Das beginnt bereits damit, wie ich meinen Bienenstock aufbaue. Zuerst einmal wird man froh sein, die ersten Aktionen auszulösen. Doch dann merkt man, dass man unbedingt darauf achten sollte, wie man baut, damit man auch tatsächlich den Nektar bekommen kann, den man benötigt. Und im nächsten Schritt sollte man alles vorbereitet haben, um im nächsten Ring nicht plötzlich Aktionsplättchen liegen zu haben, die einem da nichts nützen. Klar hat man das ziemlich schnell verinnerlicht, aber dennoch gibt es immer die eine kleine Stellschraube, die sich justieren lässt, um noch etwas schneller zu sein.
Was mich jedoch etwas stört, ist dieses 1:1 Verhältnis von Geld zu Punkten. Gefühlt klappt es dann nämlich besser auf einfache Art und Weise zu versuchen Geld zu scheffeln, anstatt sich um die gestellten Aufgaben zu kümmern. Das fühlt sich, obwohl Honey Buzz eindeutig ein Wirtschaftsspiel ist, schon etwas seltsam an. Vor allem dann, wenn man durch geschicktes Spiel nur etwas mehr Punkte zusammengekratzt hat, als Mitspielende, die sich vorwiegend die Buchhaltungsaktion geschnappt und ausgelöst haben.
Auch hätten zwei der Honigsorten etwas besser unterscheidbar gemacht werden dürfen. Trotz der vielen Partien verwechsel ich im Eifer des Gefechts auch heute noch den stern- und den klecksförmigen Honig immer wieder. Wobei man dennoch eines sagen muss. Die Tokens für den Honig sind genial! Das ist mal etwas, das von anderen Spielen unterscheidet und mich immer noch mitten ins Spiel zieht. Aber Vorsicht. Ihr solltet keine Fruchtgummis in der Nähe lagern.
Ja, Honey Buzz weiß zu gefallen. Es lässt mich planen, verzweifeln und hetzen. Dadurch weckt es Emotionen. Andere, als ich bei dem süßen Aussehen vermutet hätte, aber deswegen nicht negativer. Dabei ist das Brettspiel auch bitterböse, wenn man es gezielt spielt. Den Mitspielenden Nektar vor der Nase wegschnappt oder einfach Aktionen blockiert, die sie unbedingt gewollt hätten. Dabei ist es jedoch nie so hart, dass man komplett aus dem Spiel gekegelt wäre. Doch hadere ich immer noch damit, dass man beinahe genauso gut um den Sieg mitspielen kann, ohne groß einen Finger krumm machen zu müssen, indem man einfach nur Geldaktionen sammelt. Das fühlt sich etwas antiklimaktisch an, ist aber eventuell auch so gewollt.
Wir haben noch weitere Spiele von Skellig getestet. Nicht alle haben uns gefallen. Aber ein paar Leseempfehlungen möchten wir euch dennoch zu Seite stellen:
Ambrosia: Ein weiteres Bienenspiel, welches jedoch mit einem komplett anderen Ansatz daherkommt. Sehr taktisch mit viel Interaktion.
Insel der Katzen: Ein schönes Puzzlespiel in einer riesengroßen Box. Sammelt Katzen von der Namensgebenden Insel und bringt sie auf eurem Boot in Sicherheit. Doch passt auch auf, dass ihr den zur Verfügung stehenden Platz richtig nutzt, um viele Punkte zu bekommen.
Anachrony: Ein komplexes Spiel in dem wir durch die Zeit reisen. Oder besser gesagt uns gerne mal Dinge aus der Zukunft leihen. Klingt seltsam? Ist es auch, aber dennoch äußerst reizvoll.
Pampero: Noch eine Stufe komplexer als Anachrony, aber dennoch einen Blick wert. Ein hartes Wirtschaftsspiel in dem wir die Energiewende vorantreiben. Wir sind Investoren, die Stück für Stück Windkraft ausbauen, um so immer mehr Geld zu verdienen und am Ende als Sieger dazustehen.
Voidfall: Ein sehr komplexes 4X Spiel, in dem wir uns zwar in den Tiefen des Alls befinden, aber nicht wie in anderen Spielen gezwungen sind gegeneinander zu kämpfen. Sehr eurolastig, aber auch äußerst interesant.
Honey Buzz von Paul Salomon
Auch wenn es einen niedlichen Eindruck macht steckt in Honey Buzz der Wolf im Schafspelz. Zumindest wenn man den Wettlauf-Charakter entdeckt hat und ensprechend verfolgt. Das Geld dürfte dennoch etwas weniger mächtig sein.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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