SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Steffen Bogen
erschienen bei Huch!
Liebe Gemeinde. Wir haben uns hier und heute versammelt, um uns über Missstände in Kinderliedern zu unterhalten. Auf welche üble Art und Weise unsere jüngsten negativ beeinflusst werden. Wie die besonders schützenswertesten Mitglieder unserer Gesellschaft auf ein Gleis gelotst werden, welches sie zu einem wahrlich erschreckenden Weltbild hinbewegt. Die Wurzeln tief verankert im sogenannten deutschen Liedgut.
Ja ja, ich höre Sie schon sagen, dass auch Sie diese Lieder gesungen und keinen Schaden davongetragen haben. Aber haben Sie das wirklich nicht? Wären Sie nicht ein besserer Mensch, wenn dieser Keim der Verderbnis nicht bereits im Kindesalter in ihrem Herzen gepflanzt worden wäre? Dabei möchte ich heute den offen vulgären Bi-Ba-Butzemann, der auf wundersame Art und Weise sein Skrotum hinter sich wirft, außer Acht lassen. Hier geht es nicht um schweinische Inhalte, sondern verwerfliche. Diejenigen, die bei unseren Kindern die Hemmschwelle sinken lassen und Sie direkt in die Arme von Killerspielen treiben. Diese Textpassagen, die zu sinnloser Gewalt aufrufen. Und ist es nicht stets sinnlos, sich der Gewalt hinzugeben? Wäre diese Welt nicht ein besserer Ort, wenn wir es schaffen würden, jegliche Unstimmigkeit in einem guten Gespräch zu klären?
Aber ich möchte nicht zu weit abschweifen, sondern mich auf den Kern der heutigen Predigt konzentrieren. Der Botschaft, die ein Kinderlied verstörend transportiert, das wir alle gezwungen waren zu singen. Von Erzieherinnen mit Gitarren begleitet, den bösartigen Inhalt verheimlichend und so in uns aufnehmend. Die Rede ist von ‚Die Affen rasen durch den Wald‘. Bevor Sie sich ein falsches Urteil fällen, möchte ich sogleich die verwerfliche Passage zitieren. Ungeschönt und unzensiert in ihrer reinen, brutalen Art und Weise. Denn im Lied heißt es: ‚Die Affen rasen durch den Wald, der eine macht den andern kalt.‘
Ich kann das Entsetzen in Ihren Gesichtern sehen. Auch ich war schockiert, als mit der belustigte Umgang mit Mord untergekommen ist. So habe ich Nachforschungen angestellt. Geprüft, mit welch hinterlistigen Methoden unsere Kinder noch der Gewalt nahegebracht werden. Bei meinen Recherchen bin ich auf ein scheinbar harmloses Spiel gestoßen, welches auf den Namen Funky Monkey hört. Und was soll ich sagen? Ich habe in den Abgrund gesehen und dieser direkt in mich hinein. Also passen Sie besser auf. Nicht, dass es Sie auch noch erwischt.
(Manfred Hinrich)
Entgegen einem Vorredner möchte ich eines gleich klarstellen. Funky Monkey ist tatsächlich ein harmloses Kinderspiel, bei dem niemand zu Schaden kommt. Es sei denn, man ärgert den Tiger zu sehr.
Aber fangen wir am Anfang an. Die Spieler stellen Affen dar, die es sich zum Hobby gemacht haben, Mutproben zu bestehen. Die neueste lautet, schleich dich an den Tiger heran und knall ihm eine Kokosnuss auf die Birne. Wer das schafft, gewinnt. Außerdem kann man noch dadurch zum Sieger gekrönt werden, wenn man der letzte Affe auf dem Spielfeld ist oder nach dem Ausspielen aller Bewegungskarten am nächsten am Tiger steht.
Bist du am Zug, legst du eine deiner Bewegungskarten verdeckt vor den Spieler zu deiner linken und verkündest dabei, welche Karte du hingelegt hast. Das Problem für den Mitspieler, du darfst natürlich auch lügen. Dieser darf sich nun entscheiden, sie anzunehmen (und auszuführen) oder an den nächsten Spieler weiter zu geben. Natürlich, ohne sie gesehen zu haben. Kommt sie wieder beim Ausspielenden an, muss er die Karte aufdecken und ausführen. Deckt ein Mitspieler die Karte auf und du hast nicht gelogen, darfst du entweder deinen Affen oder den Tiger ein Feld vorwärts bewegen.
Die Karten selbst weisen Werte von 1 – 4 oder eine Minuss (eine kleine Nachricht für denjenigen, der für diesen Wortwitz verantwortlich ist: „Du hast deinen Dad-Joke des Jahres Pokal noch nicht abgeholt.“). Die Zahlen geben an, wie viele Felder der Affe gehen muss, für die Minuss verliert man eine Kokosnuss. Da zu Beginn jeder Spieler zufällige Karten bekommen hat, ist man nie sicher, wer welche Karten auf der Hand hat. Ein Abzählen ist also nicht möglich.
Außerdem gibt es noch diverse Aktionsfelder, die zu Beginn verdeckt sind und Schatzkarten, die das Spielgeschehen noch zusätzlich beeinflussen.
Die komplette Spielregel zu Funky Monkey findet ihr hier. (externer Link)
(Chinesisches Sprichwort)
Funky Monkey ist als Push-Your-Luck Spiel wirklich nett gedacht. Wir bluffen uns bis zum Tiger vor und versuchen ihm dabei eine Nuss auf die Birne zu knallen. Auf dem Papier liest sich das auch richtig lustig, jedoch hakt es bei dem Spiel an diversen Ecken und Enden so sehr, dass ich mir wünschte, dass diese Probleme umschifft worden wären.
Da wäre zuerst die Frage, ob man eine Karte nimmt oder nicht. Also die Entscheidung, ob ich die Karte, die mir mit einer 2er Bewegung angekündigt wurde nun aufdecken soll. Und in den meisten Fällen lautet die Antwort, warum nicht? Denn um eine spannende Entscheidung treffen zu können, müssten mehr Informationen vorliegen. Zum Beispiel, welche Aktionsfelder liegen vor mir? Drohe ich bei einer Lüge auf einem für mich negativen Feld zu landen oder bekomme ich einen tollen Bonus, wenn der Mitspieler die Wahrheit gesagt haben sollte? Aber warum sollte er mir das überhaupt gönnen? Oder will er, dass ich glaube, dass ich den Bonus bekommen könnte, so dass er mich einfach aufs Glatteis führt? Im Spiel selbst sieht man meistens nur Plättchenrückseiten. Das löst bei mir leider kein Gefühl der Spannung aus, sondern wirkt einfach wie eine komplett zufällige Geschichte. Da bräuchte es dann das ganze Theater mit der Karte und dem möglichen Bluff im Grunde genommen nicht.
Gleichzeitig ist es 80 % der Partie relativ egal, was ich tue. Denn erst gegen Ende, wenn ich in der Nähe des Tigers stehe, wird es wichtig, dass ich eine Punktlandung hinlege. Hier wird es dann auch mal essenziell meine Mitspieler gezielt in die Irre zu führen und an mir zweifeln zu lassen. Das ist aber ein Gefühl, das ich mir auch für den Rest des Spiels gewünscht hätte. Klar, das Spiel ist in der Zielgruppe für Kinder gemacht worden, aber es fühlt sich einfach so offensichtlich falsch an, dass selbst die in unserer Runde eher mit den Schultern gezuckt als hämisch gegrinst haben. Da hätte man dann genauso gut einen Würfel verwenden können, um das Spielerlebnis zu erzeugen.
Dabei ist Funky Monkey eines der Spiele, die ich eigentlich lieben möchte. Denn die Idee, dass die Affen den Tiger ärgern und dabei immer waghalsiger werden, gepaart mit den schönen (wenn auch fürs Umfallen anfälligen) Spielfiguren erzeugt bei mir ein Bild, das mich eigentlich in das Spiel versinken lassen will. Aber so, wie das Spiel ist, ist es nicht wirklich schlecht, aber eben auch nicht wirklich gut. Ein paar Bonuspunkte gibt es noch im Spiel mit Kindern, denen eben die Gleichgültigkeit der Aktionen nicht so sehr auffallen. Funky Monkey ist einer der Titel, die man mal spielen kann, aber auch nichts großartiges verpasst, wenn man es nicht tut.
Funky Monkey von Steffen Bogen
Nett gemeintes und auf den ersten Blick aufforderndes Spiel, das leider unter seiner Beliebigkeit der Aktionen leidet. Etwas mehr Informationen wären besser gewesen.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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Steffen
Lieber Christian,
danke für die Rezension. Partien dauern manchmal nur 10 bis 15 Minuten. Man hat nur fünf Karten. Man muss sich überlegen, was man für den Schluss übrig behält. Das ganze ist schon sehr auf diesen finalen Moment zugeschnitten.
Und: Es ist eine ausdrücklich in der Spielanleitung erwähnte Variante, bereits am Anfang alle Urwald-Plättchen aufzudecken, wenn man mehr Informationen will. Ich liebe die Variante mit verdeckten Plättchen, in denen immer einer der Pionier für die anderen sein muss. Gerade in größeren Gruppen, die es im Moment natürlich schwer haben.
Mindestens so wichtig wie die Frage, nehme ich die Karte oder nicht, ist aber die Frage, welche Karte gebe ich dem anderen und was sage ich dazu? Das ist keienswegs gleichgültig.
Lieber Christian, das Spiel hat mehr Witz und Tiefe als Du denkst, finde ich… Dein Fazit: deinen (Kinder)Gruppen ist die Gleichgültigkeit der Züge noch nicht aufgefallen, würde ich mal umdrehen: ihnen ist vielleicht noch nicht aufgefallen, welche Züge einen Unterschied machen?
Viele spielerische Grüße
Steffen