SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 5 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Friedemann Friese
erschienen bei 2F Spiele
Fragt man hier im Allgäu irgendwen wo Findorff liegt, wird man wahrscheinlich in viele leere Gesichter schauen. Dieser Teil Erdkundewissen ist uns genauso verwehrt, wie viele anderen im Gegensatz zu uns nicht wissen, dass der Flughafen München West eigentlich das 1,5 Stunden entfernte Memmingerberg ist. Aber damit wir unserem Bildungsauftrag nachkommen, erzähle ich euch nun, dass Findorff ein Stadtteil von Bremen ist. Da Friedemann Friese nicht nur in Bremen geboren wurde, sondern auch ein bekanntes Faible für den Buchstaben F hat, musste er einfach sein Spiel dort ansiedeln.
Im Spiel begleiten wir die Jahre 1803 – 1916. Wir bauen Findorff aus und erleben am eigenen Leib den Auf- und Niedergang der Wichtigkeit von Torf für die Gegend. Nebenbei bauen wir nicht nur die wichtigsten Gebäude des Stadtteils, sondern auch das Gleis nach Hamburg.
Wer schon meinen Artikel „mein erstes Mal mit Findorff“ gelesen hat, weiß, dass ich das ein oder andere Problem mit dem Brettspiel hatte. Inzwischen sind viele weitere Partien ins Land gezogen. Wie sich meine Meinung seitdem entwickelt hat, erzähle ich euch hier.
(Henning Scherf)
Zu Beginn des Spiels haben wir alle dieselben Voraussetzungen. Ein Tableau mit vier Aktionen, einen Torfkahn und das erste Geld zum Investieren. Wir dürfen mit jedem Zug entscheiden, wie viele Felder wir mit unserem Vorarbeiter auf unsere Aktionsleiste gehen dürfen. Dabei ist auch stehen bleiben eine Option. Danach führen wir die Aktion durch. Je häufiger die Aktion vorhanden ist, desto häufiger dürfen wir sie ausführen.
Nachdem es gerade wahrscheinlich ein paar Fragezeichen gab, lösen wir gleich auf. Die erste Aktionsmöglichkeit ist Einkaufen. Hier dürfen wir weitere Aktionsfelder kaufen, um unser Tableau zu erweitern. Alternativ ist es auch möglich, Produktionsstätten oder die wichtigen Gebäude zu erwerben. Letztere bringen einen kleinen Bonus und satte 50 Siegpunkte am Spielende.
Eine weitere Aktion ist das Einstellen von neutralen Arbeitern. Hier erhalten wir Arbeiter, die wir in der Aktion Produktion einsetzen können, um Rohstoffe zu erhalten. Wichtig dabei ist, dass wir nur begrenzt Lagerplatz haben und diesen nicht erweitern können. Die letzte Aktion ist der Verkauf. Hier dürfen wir Torf auf dem Markt verkaufen, Gleise bauen oder neue Häuser auf dem Plan einsetzen.
Überschreiten wir mit unserem Vorarbeiter die Grenze zwischen Verkaufen und Einkaufen, gibt es zuerst eine Bürokratiephase. Hier werden alle eigenen Häuser auf dem Spielplan beheizt (also Torf vom Markt entfernt) und Gleise platziert (je Paar aus Arbeiter und Haus). Zusätzlich stirbt einer unser Arbeiter und wir erhalten einen Bonus aus den gebauten Gebäuden. Danach geht alles von vorn los.
Das Spiel endet, sobald die Gleise fertig gebaut sind. Danach gibt es Punkte für die gebauten Gebäude, übrige Rohstoffe und Geld. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.
Die komplette Spielregel zu Findorff findet ihr hier. (externer Link)
(Sprichwort)
Findorff hat für mich ein großes Problem. Es plätschert einfach nur so vor sich hin und dauert dafür eben viel zu lange. Der erhoffte Wettlauf stellte sich nie so ein, wie ich es mir ausgemalt hatte. Zu wenig Druck baute sich über die Partien auf, um einen groß ins Schwitzen zu bringen. Am schlimmsten kristallisiert sich das Problem heraus, wenn sich ein Mitspielender weigert, im Hausbau einzusteigen und sich rein auf die Gebäude konzentriert. Dann haben alle genügend Zeit zu agieren. Nicht selten sind dann am Ende des Spiels (fast) alle Gebäude platziert.
Dabei muss man sich nicht einmal groß anstrengen. Die Rohstoffe fließen einfach so und das Geld kommt auch herein. Also alles kein Problem. Selbst der Torfmarkt wirkt sich nicht so sehr auf das Geschehen aus, wie es wahrscheinlich sollte. Nein, gerade der Torfmarkt beschert mir ein anderes Problem. Gerade im letzten Drittel des Spiels habe ich damit einen erhöhten Verwaltungsaufwand. Nicht extrem, aber in der Häufung eher nervig. Nimm Torf vom Markt, baue Gleise, lege Torf in den Markt. Das mag kleinlich wirken, aber ich hatte irgendwann das Gefühl, dass ich fast nichts anderes mehr mache, als aufzupassen, dass der Torfmarkt regelkonform funktioniert.
Hinzu kommen noch Gebäude, die überhaupt nicht skaliert wirken, sodass man beim Draften bereits das gefühlt beste Gebäude (Schlachthof mit 20 Taler Einkommen) auf der Hand hat und damit alle Geldsorgen bereits vor Spielbeginn vorüber sind. Da man sich – wie oben erwähnt – nicht einmal sonderlich geschickt anstellen muss, um an die nötigen Rohstoffe zu gelangen, war es das dann auch schon. Einzig der spürbare Ausbau der Engine spornt mich dann doch ein klein wenig an. Ich erlebe, wie meine Aktionen im Spiel stärker werden, was mir eigentlich schon gefällt. Dass sich das dann aber alles so immens wiederholt, dämpft das positive Gefühl jedoch wieder.
Waren es meine hohen Erwartungen, die ich durch meine ersten Informationen und das Studium der Regeln hatte, an denen Findorff gescheitert sind? Wer weiß? Zum Glück ist Findorff jedoch weit besser geraten als Futuropia. Zumal sich beim Spielen durchaus die ein oder andere Parallele ziehen lassen kann. Alles in allem schade, dass das durchaus interessante Thema nicht mit etwas mehr Inhalt gefüllt wurde, sondern ein überdimensionaler Spielplan auf ein mittelprächtiges Spiel trifft. Wenigstens sind die Aktionen schnell abgehandelt, sodass keine spürbare Downtime entsteht.
Findorff von Friedemann Friese
Ein eher mittelprächtiges Spiel mit guten Ansätzen, dem etwas mehr Tiefe sehr gut getan hätte. Ein sich stets wiederholender Engine-Builder mit einem viel zu großen Spielbrett, auf dem zu wenig passiert.
Christian:
Hinweis:
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