SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Ulrich Blum
erschienen bei Pegasus Spiele
Wer von euch kann sich noch an Horny erinnern? Nein, ich meine nicht das Lied aus den 90ern.
Sondern das Maskottchen der Dungeon Keeper Reihe. Diese Art Comic Teufel mit roter Haut, Sixpack und Lederhöschen. Nicht, dass ich ihn als besonders toll designt empfinde, ruft der Nerd in mir natürlich all die schönen Erinnerungen an die beiden Spiele ins Gedächtnis, wenn ich ihn sehe. Und so stand ich auch eines Tages auf einem Kindersachenmarkt. Wer das nicht kennt, das ist so eine Art Themenflohmarkt für Eltern, die das aussortierte Zeug ihrer Kinder günstig verkaufen. Neben allerlei Klamotten, findet sich dazwischen auch immer wieder ein interessantes Brettspiel für die Sammlung. Und so ging ich an jenem Tag wieder schlendernd durch die Halle, warf einen Blick auf die Auslagen – während meine Frau damit beschäftigt war unseren Sohn neu einzukleiden. Und da sah ich ihn. Horny, als Actionfigur. Ich zögerte kurz, doch der Moment war schon zu lange. Ein kleiner Junge von etwa sechs Jahren griff schneller zu. Nicht ahnend, welche nostalgischen Schatz in Händen haltend, schaffte er es dennoch seine Mutter zu überzeugen ihm die Teufelsfigur zu kaufen. Gut, er bewahrte mich vor einem weiteren Staubfänger, aber dennoch hatte ich mich geärgert, dass nicht ein famoser Sammler, wie ich, in den Besitz des Symbols der Nerdkultur gelangen konnte.
Doch warum grämen, es kommt schließlich immer wieder etwas, das einen von solchen Misserfolgen ablenkt. Und so hatte ich die Geschichte auch bereits vergessen, als ich Doodle Dungeon öffnete und mich direkt in die Dungeonbau-Ordnung stürzte.
(Gary Gygax)
Doodle Dungeon besteht aus 2 Phasen. In der ersten bauen wir unseren Kerker auf, in der zweiten versuchen wir den Helden, der sich darin verirrt hat, zur Strecke zu bringen.
Während des Aufbaus werden in jeder Runde Karten aufgedeckt. Von dieser suchen wir uns eine aus, die vorgibt, was wir in unseren Dungeon einzeichnen dürfen. Dabei gibt es Wände zu setzen, Monster zu platzieren, Fallen einzustellen und Schätze zu verstecken. Ganz frei sind wir nicht, da es ein paar Regeln zu beachten gibt. So muss ein Monster einen Schatz bewachen, während Monster und Fallen nicht angrenzend stehen dürfen. Außerdem darf kein Abschnitt des Dungeons abgeschnitten sein, so dass man jedes Feld frei begehen könnte.
Neben dem Planen der Anlage, dürfen wir auch nicht vergessen Aufwertungen zu verteilen. Denn nur dadurch werden Fallen gefährlicher, Monster stärker und Schätze wertvoller. Die Baukarten wandern allesamt in unser Deck, was wichtig wird, sobald der Held die Bühne betritt.
Der Mitspieler zu unserer linken zeichnet einen Weg ein, den der Held abläuft. Danach bewegen wir den Helden bis zum nächsten Hindernis. Trifft er auf eine Falle, erhält er direkt Schaden. Gegen Monster kämpft er. Dabei muss der Stärkewert des Monsters zu dem Ergebnis zwei 10 seitiger Würfel addiert werden. Übertreffen wir 20, überlebt das Monster und der Held verliert Lebensenergie. Wenn nicht, stirbt unser Monster.
Um das geschehen noch beeinflussen zu können, dürfen wir die zuvor gesammelten Baukarten ausspielen. Blaue beeinflussen unsere Aktion positiv. Mit roten Karten können wir unseren Mitspielern in die Suppe spucken.
Sind alle Helden tot oder entkommen, werden Punkte gezählt. Überlebende Monster, erfolgreich versteckte Schätze und tote Helden sind dabei positiv bewertet. Die restlichen Lebenspunkte eines Helden negativ. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt das Spiel.
Die komplette Spielregel zu Doodle Dungeon findet ihr hier. (externer Link)
(Gary Gygax)
Wer Doodle Dungeon spielt, muss sich auf etwas Frust einstellen. Denn dieser ist fast schon vorprogrammiert. So sehr, dass es wohl zum Teil des Spielerlebnisses zählen soll. Wir können eben nicht perfekt bauen und so findet unser Gegner auch gerne unsere Schwachstellen und wird diese auch unbedingt ausnutzen.
Während man in der Planungsphase noch viel Spaß daran hat, die einzelnen Elemente einzuzeichnen und sich mit den Blaupausen vergnügt, kommt in der Heldenphase ziemlich schnell der Punkt, an dem einem der Dungeon auseinandergenommen wird. Und das fühlt sich für mich dann doch etwas falsch an. Nicht, weil ich ein schlechter Verlierer wäre. Nein, nicht jeder mag, wenn das Erbaute Schritt für Schritt zerstört wird. Klar kann man mit der eigenen Planung etwas Wind aus den Segeln nehmen, aber auch dann kann man einfach noch Pech haben.
Ich weiß, ich weiß. Normalerweise stehe ich auch auf der Seite der Helden, gehe in Dungeons und schnetzel dort Millionen Goblins und Orks weg, als wäre es nichts. Aber diese Allmachtsfantasien der „guten“ Seite hat in dem Spiel nur bedingt etwas verloren. Denn natürlich möchte ich dem Helden zeigen, wo der Hammer hängt. Da ich nur wenig Möglichkeiten zum Leveln habe, werde ich viele Monster verlieren. Außer natürlich das Würfelglück ist auf meiner Seite.
Es ist ja ok, dass man nicht alles bis ins Detail durchrechnen kann und die Würfel mit über Sieg und Niederlage entscheiden. in der höchsten Ausbaustufe habe ich hier noch eine Chance von 79 %, dass mein Monster dem Helden auf die Mütze gibt. Aber die werde ich maximal mit einer Gattung erreichen. Schaffen wir es nicht, wird nicht nur mein Monster verjagt, sondern auch der Held geht komplett ohne Kratzer aus dem Kampf heraus. Schade eigentlich, wäre doch gerade ein halber Schaden zumindest noch leicht belohnend gewesen.
Aber ist denn alles schlecht bei Doodle Dungeon? Natürlich nicht. Denn das Planen und die direkte Interaktion gefallen mir natürlich schon. Auch die Entscheidungen, die während der Zeichenphase zu treffen sind, unterstützen das positive Spielgefühl. Und akzeptiert man einfach, dass ein Held für Unordnung sorgt, erkennt man, dass man dennoch Punkte sammelt und um den Sieg mitspielt, da es ja allen so geht. Auch wenn sich in einer Partie mal wieder zwei Mitspieler gegen einen verschworen haben. Und das werden sie, wenn sie denken, dass es bei dir besser läuft.
Dennoch ist Doodle Dungeon so ein bisschen die Domina unter den Brettspielen. Hübsch anzusehen, aber gnadenlos darin zu zeigen, wer der Boss ist. Ein Spiel, das ich immer wieder aus dem Schrank hole, aber eben auch in der Stimmung sein muss. Vor allem, wenn meine Mitspieler wissen, was sie tun. Ich weiß, ich will immer wieder Emotionen im Spiel. Aber ein bisschen mehr Zuckerbrot und etwas weniger Peitsche wäre auch nicht übel gewesen.
Doodle Dungeon von Ulrich Blum
Es ist toll zu sehen, wie sich Schritt für Schritt der eigene Traumdungeon aufbaut. Frustrierend, wenn dann alles in sich zusammenfällt, was aber zum Spielgefühl dazugehört. Das muss man abkönnen, dann ist es ein bitterböser Spaß.
Christian:
Hinweis:
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