SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 5 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Alberto Milliàn
erschienen bei Game Factory
Als Kind habe ich die Verfilmung von Jules Vernes Roman aus dem Jahr 1959 geliebt. Bei jeder Wiederholung habe ich mitgefiebert, wie die Gruppe ihren Weg durch die vielen Höhlen finden musste. Game Factory bringt “Die Reise zum Mittelpunkt der Erde” als flip and write Spiel zu uns. Wir begleiten Professor Lidenbrock und seine Truppe auf ihrer abenteuerlichen Expedition. Dabei müssen sie den richtigen Weg hinein und wieder heraus finden, wertvolle Entdeckungen machen und vor allem schnell sein, denn die Zeit ist knapp. Das Spiel ist für 1 bis 6 Spieler ab 10 Jahren geeignet und dauert etwa 20 Minuten pro Partie.
(Jules Verne)
In „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ beginnt man seine Expedition an einem von 4 Vulkanen, stößt bis zum Mittelpunkte der Erde vor, um zum Schluss bei einem anderen Vulkan wieder heraus zu kommen. Der Weg wird durch zwei Kartenstapel vorgegeben, von denen man jeweils eine Karte zieht.
Der Wegestapel zeigt “was” man auf seinem Plan einzeichnet. Das kann eine einfache Gerade, ein 90° Winkel oder eine Entdeckung sein. Eine Entdeckung ist entweder Wasser, Knochen, Pilze oder Fische. Sie funktionieren wie Wegkreuze, dürfen aber nicht aneinander grenzen. Außerdem sind noch sogenannte Gefahren drin. Wird eine gezogen, markiert der Mitspielende zur Linken ein Feld, das in Zukunft nicht mehr verwendet werden darf.
Der Expeditionsstapel zeigt die Reihe oder Spalte des Plans, wo man das Symbol des Wegestapels einzeichnen muss. Es gibt noch einen Joker, der eine freie Positionierung des gezogenen Weges erlaubt.
Ist der Wegestapel aufgebraucht, muss man Wasser ausgeben. Hat man keines mehr, scheidet man aus. Hat der Expeditionsstapel keine Karten mehr, bricht einer der verbliebenen 3 Vulkane aus. Dieser steht dann nicht mehr als Fluchtweg zur Verfügung.
Es gibt noch drei Helfer, mit denen man die gezogene(n) Karte(n) manipulieren kann. Nimmt man sie in Anspruch, kostet das Siegpunkte. Je öfter, je mehr.
Es gibt Punkte für Entdeckungen, die an den Eingangsvulkan angeschlossen sind. Bonuspunkte, wenn man die Entdeckungen gleichmäßig macht und frühzeitig den Mittelpunkt der Erde findet. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt das Spiel.
(Jules Verne)
Flip & Write versprach bisher immer eine sehr entspannte Art zu spielen. Irgendjemand deckt ein paar Karten auf, man knobelt dann wie man diese Kombination am besten verwenden kann und trägt das gemütlich auf seinem Bogen ein. Mir hat diese, fast schon meditative Art, des Spielens immer gut gefallen. Die Partien waren nie besonders lang, sodass das sehr solitäre Spiel mich gelangweilt hätte. Perfekt als Reisespiel im Zug, wenn der Platzbedarf nicht so groß ist oder als Absacker. Die Reise zum Mittelpunkt der Erde geht einen anderen Weg. Es versucht das “sehr entspannte Art” aus Flip & Write zu entfernen und baut Druck auf. Das macht es, indem es mit jedem Zug “Zeit vergehen” lässt. Immer wenn von einem der beiden Stapel die letzte Karte gezogen wurde, tritt Ereignis ein. Entweder man braucht Wasser oder ein Vulkan bricht aus und verschüttet damit einen der möglichen Ausgänge.
Es gilt also innerhalb einer unbestimmten Anzahl von Zügen bis zum Mittelpunkt der Erde vorzudringen und rechtzeitig wieder zu entkommen. Dieses Element ist zweischneidig. Es simuliert ziemlich gut das Gefühl, dass diese Expedition unter sehr erschwerten Bedingungen stattfindet. Man ist weit unter der Erdoberfläche, niemand war hier zuvor und man hat keine Ahnung, was einen hinter der nächsten Abbiegung erwartet. Wie kommt man also am besten zum Ziel, wie kommt man wieder heraus und das auch noch rechtzeitig? Das bringt Spannung ins Spiel. Etwas, das ich bei einem Flip & Write nicht erwarten würde.
„Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ geht das entspannte Knobeln ab. Anfangs war ich mir nicht sicher, ob mir das gefällt. Mit jeder Partie festigte sich jedoch meine Meinung, es gefiel mir immer weniger. Das Spiel nimmt mir genau das weg, was ich so gerne mochte. Ich finde die Idee, dass das Wasser ausgehen kann oder der Ausgangsvulkan zu früh ausbricht grandios und sie passt perfekt ins Thema. Sie passt für mich nur nicht zum Spielprinzip. Allein schon die Karten bringen sehr viel Zufall ins Spiel, mit dem man umgehen muss. Oft genug deckt man Kombination auf, die man überhaupt nicht brauchen kann, aber trotzdem einzeichnen muss. Es ist möglich, die Karten mit den Helfern zu manipulieren, das hilft unter Umständen. Zu häufig angewendet kostet das zu viele wertvolle Punkte.
Zumal die Helfer durch Karten deaktiviert werden können und dann eine Weile nicht mehr zur Verfügung stehen. Durch diese zusätzlichen Mechanismen fühlten wir uns noch stärker als Spielball des Schicksals und noch mehr vom Spiel gespielt. Das passt durchaus ins Thema, es hat uns nur keinen echten Spaß gemacht. Spannung ist an sich was Feines, nur kam es in unseren Runden oft genug vor, dass man auf eine Karte wartete und sie einfach nicht kam. Das schlägt dann sehr bald in Frust um. Sollte die Karte doch noch auftauchen oder man konnte sie mit einem Helfer hinbiegen, fühlte sich das schon ganz gut an. Trotzdem, der Weg dahin fühlte sich viel zu steinig und öde an. Aber vielleicht war das die Absicht des Autors, denn es fühlt sich an wie blindes Umherstapfen in einem nicht kartographierten Höhlenkomplex. Was das Thema ja trifft. Aber will man das?
Die Reise zum Mittelpunkt der Erde von Alberto Milliàn
Die Reise zum Mittelpunkt der Erde setzt die Geschichte sehr thematisch um, nur leidet der Spielspaß darunter
Robert:
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