SPIELSTIL Rezension

Champions of Midgard – Corax Games – 2019

Lesezeit: 4 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Ole Steiness
erschienen bei Corax Games

Das Leben als Wikinger könnte so beschaulich sein. Ein paar Monate im Jahr auf Dienstreisen unfreiwillige Steuern abholen und die restliche Zeit schön den Boden im Humpen Bier suchen. Doch dieser blöde Jarl musste in „Champions of Midgard“ sterben. Da die Demokratie noch nicht erfunden wurde, geht sofort ein Streit los, wer der Nachfolger sein könnte. Also nehmen auch wir unsere Axt und sammeln ein paar Trollköpfe, um zu beweisen, dass wir politisch gesehen was auf dem Kasten haben.


Achtung ist mehr als Beachtung, Ansehen mehr als Ruf, Ehre mehr als Ruhm.

(Chamfort)

„Champions of Midgard“ ist ein reinrassiges Worker Placement Spiel. Wir setzen Arbeiter ein und lösen damit Aktionen aus, in denen wir Rohstoffe, Kämpfer, Karten und einen weiteren Arbeiter sammeln. Doch ein Wikinger will Kämpfen und so können wir uns auch auf Monster setzen, die es am Ende der Runde zu besiegen gilt. Hier kommen die Würfel ins Spiel. Diese entscheiden über Sieg oder Niederlage und somit, ob wir den nötigen Ruhm sammeln, um nach acht Runden als neuer Jarl das Dorf führen zu können.

In dieser Galerie findet ihr eine Runde als Beispiel zum Ablauf.

Der Jarl ist tot und wir möchten sein Nachfolger werden. Dazu treten wir in "Champions of Midgard" gegen einen Mitspieler an.
Wir sind Startspieler und setzen unseren ersten Arbeiter auf das Handelsschiff. Dort dürfen wir eine Münze gegen drei Essen tauschen.
Unser Gegner geht zum Waräger. Dort tauscht er eine Münze gegen einen Schwert- und einen Speerkämpfer.
Als nächstes gehen wir in das Haus des Weisen.
Dafür dürfen wir uns eine der verdeckten Reisekarten ansehen.
Nun erhält man normalerweise noch eine Weissagungskarte. Unser Clan hat jedoch die Sonderfähigkeit zwei Karten zu ziehen und eine davon zu behalten.
Diese legen wir verdeckt vor uns ab.
Spieler rot geht nun zum Schmied und nimmt sich einen Axtkrieger.
Diesen legt er zu seinen restlichen Kämpfern. Kein Spieler darf davon mehr als acht sammeln.
Wir nehmen uns ein Boot aus der Auslage und geben an gegen den Lindwurm antreten zu wollen. Im Verlauf des Spiels können wir unser eigenes Boot bauen, welches dann nur wir nutzen können.
Rot begibt sich als nächstes auf den Weg zum Troll, der unser Dorf bedroht.
Nun schnappen wir uns noch einen Speerkämpfer.
Unser Gegner markiert noch einen der Draugr als potentielles Opfer.
Sind alle Arbeiter eingesetzt müssen nun die Kämpfer den einzelnen Schlachtplätzen zugeteilt werden.
Wir müssen zusätzlich zu Kämpfern noch Nahrung an Bord verladen. Dabei darf die Summe aus beidem die Kapazität auf dem Schiff nicht überschreiten.
Nun werden die Kämpfe im Einzelnen abgehandelt. Zuerst ist der Troll an der Reihe. Rot wirft die Würfel und erhält einen Treffer und eine Abwehr. Für den Troll hätte er jedoch zwei Treffer benötigt. Dieser schlägt nun selbst mit einer Stärke von drei zurück und vernichtet dabei alle Wikingerkrieger. Rot geht als Verlierer aus dem Kampf hervor.
Da der Troll nicht besiegt wurde, erhalten alle Spieler einen Schandemarker. Hätte unser Mitspieler den Troll besiegt, würde er einen Schandemarker verlieren und dürfte uns zwingen einen aufzunehmen.
Nun kämpft rot gegen den Draugr. Er wirft seine Würfel und erzielt zwei Treffer. Der Draugr ist besiegt. Zuvor schlägt dieser jedoch zurück und vernichtet einen der Kämpfer.
Der Überlebende kommt zurück auf das Tableau des Spielers.
Als Belohnung erhält Rot vier Ruhm.
Zusätzlich bekommt er die Draugr Karte und, wie darauf angegeben, zwei Münzen.
Nun sind wir an der Reihe. Wir reisen zum Lindwurm. Dafür decken wir die Reise auf. Wir wussten ja bereits, dass alles ruhig verlaufen wird.
Nun müssen wir unsere Krieger ernähren. Da es ein nahes Ufer ist, reicht jedes Essen für zwei Krieger.
Wir werfen die Würfel, um den Lindwurm anzugreifen. Der eine Treffer reicht nicht aus, wir könnten jedoch einen der zwei Angriffe des Monsters blocken. Nun könnten wir uns darauf einlassen, dem Gegner einen Schaden markieren, einen Würfel verlieren und weiterkämpfen.
Aber wir entscheiden uns einen Gunst-Marker abzuwerfen, um neu zu würfeln.
Wir werfen beide Würfel erneut und erzielen drei Treffer, der Lindwurm ist besiegt, jedoch sterben unsere Wikinger dabei auch.
Als Belohnung erhalten wir 13 Ruhmpunkte.
Außerdem das besiegte Monster und einen Gunstmarker.
So verläuft das Spiel über acht Runden, dann kommt es zur Endwertung. Jedes Set aus drei Monstern mit unterschiedlichen Farben ist nun fünf Punkte wert.
Für Runenkarten erhalten wir Ruhmpunkte entsprechend ihrem Aufdruck (auch, wenn sie verwendet wurden).
Die Bedingungen der von uns gesammelten Weissagungskarten prüfen wir nun. Haben wir sie allein erfüllt, gibt es die links aufgedruckten Ruhmpunkte. Teilen wir uns die erste Platzierung sind es die rechts aufgeführten Punkte.
Als nächstes gibt es noch Ruhmpunkte für unsere gebauten Boote.
Zum Abschluss wandeln wir noch die Gunstmarker und Münzen in Ruhmpunkte um. Außerdem verlieren wir Punkte je nachdem, wie viele Schandmarker wir gesammelt haben.
Der Spieler mit dem meisten Ruhm wird neuer Jarl und gewinnt das Spiel.

Der Ruhm ist etwas, das man keinem andern mitteilen kann. Jeder muss selbst entsprechend handeln.

(Lü Bu We)

Christian meint:

„Champions of Midgard“ hat ein gewisses Wahrnehmungsproblem. Auf den ersten Blick wirkt es, wie ein verzahntes Euro, bei dem gewinnt, wer den Mechanismus dahinter am besten entschlüsseln konnte. Doch dann kommen die Kämpfe ins Spiel. Was auf mich selbst auflockernd wirkt, kann natürlich nicht ganz frustresistente Siegpunktkalkulatoren in den Wahnsinn treiben. Ich persönlich mochte das Spiel mit Wahrscheinlichkeiten bereits in „Stone Age„. Wenn man sich nie zu 100 % sicher sein kann, dass der eigene Plan auch wirklich aufgehen wird. Das Abwägen, wie viele Krieger man mindestens schicken sollte. Vor allem gepaart mit einer relativ kurzen Spieldauer ist das genau die richtige Mischung für mich. Dennoch verstehe ich jeden, der aufgrund der Kämpfe nichts mit dem Spiel anfangen kann.

Was mir weniger gefallen hat, war, dass man im Spiel keinerlei Entwicklung erfährt. Gut, da wären das Schiff und die Runenkarten. Aber im Endeffekt ist man in Runde eins genauso stark, wie in Runde acht. Es wäre schön, wenn es zumindest eine kleine Engine geben würde, die man sich aufbaut, um etwas Abwechslung zu erhalten. Sonst ist das komplette Spiel eher eine Aneinanderreihung des immer selben Ablaufs. Auch hätte ich mir gewünscht, dass es etwas mehr Möglichkeiten gibt das Spiel zu gewinnen. Es ist offensichtlich, dass der siegreich herausgehen wird, der kämpft. Die Draugr sind vorwiegend dafür da Geld zu bekommen, Trolle um Schuld loszuwerden (und anderen aufs Aug zu drücken) und die Monster über dem Meer als Siegpunktgeneratoren. Klar reicht das aus, um acht Runden zu füllen und über einige Partien zu unterhalten. Aber auf Dauer fehlt dann doch etwas.

Dabei weiß „Champions of Midgard“ auch optisch zu gefallen. Die Monster sind grausig schön, das Material gut gestaltet und die Würfel haben wie immer den Job als Handschmeichler. Und trotz der vielen Partien, die wir absolviert haben, steht das Material immer noch da, wie am ersten Tag.

Der Regelumfang ist gar nicht so schlimm, wie er auf den ersten Blick wirken mag. Vieles wiederholt sich im Spiel oder ist so mechanisch umgesetzt, dass es schnell ins Blut übergeht. Selbst weniger versierte Spieler haben im Normalfall kein Problem eine Partie zu absolvieren.

So ist „Champions of Midgard“ für mich gesehen ein eher leichteres Eurospiel mit toll integriertem Zufallselement, das auch gerne mal alles durcheinanderwirbelt. Und verliert man mal, kann man es immer noch den Würfeln in die Schuhe schieben. Außerdem ist „Champions of Midgard“ eines der Spiele, das meine Frau regelmäßig von sich aus vorschlägt. Das ist ein gewisser Adelstitel, der nur wenigen Spielen zuteilwird. Dennoch wünschte ich mir, dass das Spiel etwas mehr hätte. Mehr Wege, mehr Aktionen, mehr Möglichkeiten. Dabei habe ich mich noch nicht komplett satt gespielt. Noch nicht.


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Champions of Midgard

Corax Games


Autor: Ole Steiness
Dauer: ca. 60 – 90 Minuten
Spieler: 2 – 4
Schwierigkeit: Fortgeschrittene

Anmerkungen

Champions of Midgard – Corax Games – 2019 von Ole Steiness

Spielstil – Wertung

Christian:

7/10

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Portrait-Christian Renkel-quadratisch-2
Written by Christian Renkel
Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.
4 Comments
  1. Ich denke, das die Erweiterungen noch mal ordentlich was bringen werden, vor allem die, wo verlorene Krieger noch einen kleinen Bonus einbringen.

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    • Portrait-Christian Renkel-quadratisch-2

      Denke ich auch. Ich habe vorhin mal kurz auf BGG überflogen, was die Erweiterungen bringen. Vor allem das von dir angesprochene „gefallene Krieger“ bringen Rum mit der Valhalla Erweiterung klingt interessant.
      Zumal mein Sohn immer gefrustet war, wenn die Krieger gegen die Monster unterlegen sind. Damit könnte ich es ihm vielleicht wieder schmackhaft machen. 😉

      Reply
      • Genau, so sehe ich das auch und wenn man denn mal Pech haben sollte bei einem Kampf ist man durch die Plättchen die man dann bekommt für die gefallenen Krieger nicht ganz so frustiert.

        Reply
    • Portrait-Christian Renkel-quadratisch-2

      Aber ein Wikinger muss Schmerzen aushalten können.
      Vielleicht hätte ich ihm auch etwas mehr Hilfe beim Thema Wahrscheinlichkeiten geben sollen. Aber das lernt er wahrscheinlich erst demnächst in der Schule.

      Reply

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