Cole Wehrle ist seit Root und Oath für mich einer der spannendsten Spieleentwickler der letzten Zeit. Seine Entwürfe haben immer etwas Besonderes, frisches aber auch irgendwie eigentümliches. Wann immer neues von ihm am Horizont auftaucht, ist meine Neugierde angestachelt. Nachdem nun von verschiedensten Rezensenten, allen voran Tom von Shutup & Sitdown, ARCS über den grünen Klee, in den höchsten Tönen und final in den Olymp der Brettspiele gelobt wurde, bin ich schon mehr als gespannt. Der Hypetrain hat den Bahnhof verlassen und könnte sich zum Bullett Train entwickeln.
Wie funktioniert ARCS überhaupt?
ARCS spielt in einer entlegenen Region des Weltraums, Reach genannt. Dort sind wir eine Fraktion, die um die Vorherrschaft kämpft. Das Spiel geht über 5 Runden oder bis jemand den Schwellwert an Siegpunkten überschreitet. Wer dann die meisten Punkte hat gewinnt.
Das Spiel ist durch Karten getrieben. Es gibt sie in 4 Farben, die eine Kombination der 7 Basisaktionen vorgeben, aus denen man wählen kann. Sie haben Zahlen von 1 – 7 (zu viert) oder 2 – 6 (zu zweit/dritt) und Caro Zeichen genannt Pips, je kleiner die Zahl, desto mehr Pips und anders herum. Die Pips geben an wie viele Aktionen später gemacht werden dürfen.
Wer die Initiative hat, ist Startspieler und spielt die Lead-Karte, führt zuerst das Präludium und danach die Aktionen, die die Karte erlauben aus. Im Präludium gibt man Ressourcen aus, um weitere Basisaktionen auszuführen. Alle anderen haben danach die Möglichkeit die Lead-Karte in der gleichen Farbe zu überbieten, zu kopieren oder die Farbe zu wechseln. Die letzten beiden gestatten jeweils nur eine Aktion der Lead-Karte oder der gespielten Farbe.
Die Basisaktionen erlauben:
- Gebäude (Städte und Werften) und Raumschiffe zu bauen bzw. zu reparieren, Städte zu besteuern
- Raumschiffe zu bewegen, mit ihnen anzugreifen und Trophäen zu sammeln
- seinen Einfluss am Hof (Kartenauslage) zu erhöhen, Verbündete (Karten) zu sichern und Gefangene zu nehmen
Siegpunkte gibt es nur für Ziele, die in dieser Runde ausgerufen wurden. Das geht bis zu drei Mal / Runde, ein Ziel kann auch mehrfach ausgerufen werden. Drei der Ziele gehen auf Ressourcen, während die beiden anderen auf Gefangene bzw. Trophäen gehen. Die Ziele werden am Ende der Runde gewertet, wer die Mehrheit / zweitmeisten bei den ausgerufenen Zielen hat bekommt Siegpunkte.
Was macht ARCS richtig?
ARCS ist ein sehr reduziertes Spiel, es gibt keinen Firlefanz. Jedes Element ergibt Sinn und ist ein integraler Bestandteil des engmaschigen Regelwerks. Man fühlt regelrecht wie viel Hingabe in den Entwurf des ganzen Systems geflossen ist. Cole Wehrle hat geliefert und wie!
Wir haben jetzt 2 Partien gespielt, eine zu zweit, die andere zu viert. Ich war jedes Mal wirklich begeistert, wie elegant alles zusammenpasst und welche spielerische Tiefe sich trotzdem oder gerade daraus ergibt. Zusätzlich gibt es frische Ansätze wie sich ARCS dem Thema nähert. Vom Kartenmechanismus, den ich oben beschrieben habe, dürfte man vielleicht schon gehört haben.
Wirklich erwähnenswert ist aber auch, dass nicht immer alles punktet. Inzwischen ist man gewöhnt, dass man Siegpunkte mehr oder weniger für alles nachgeworfen bekommt. ARCS geht hier einen völlig eigenständigen Weg. Es punktet nur das, was auch ausgerufen wurde. Da man das pro Runde nur höchstens dreimal machen kann, ist es teilweise ein Wettrennen ums Ausrufen. Das erste Ziel ist am lukrativsten und später in der Runde das Wettrennen um den ersten Platz.
Auch der Kampf in den Sternen ist bei ARCS schlicht, flott und neu gedacht. Wer angreift, nimmt sich so viele Würfeln wie Schiffe angreifen. Es gibt nur einen Typ Schiff aber 3 verschiedene Würfel. Bei jedem Angriff ist also immer die Überlegung dabei, wieviel Schaden möchte ich machen, wie viel bin ich bereit selbst zu nehmen oder möchte brandschatzen und von den anderen Ressourcen oder Karten klauen? Je nach Strategie nimmt man sich dann die entsprechenden Würfel. Ein Wurf und der Angriff ist vorüber. Schnell, reduziert und genial umgesetzt.
Was nervt an ARCS?
Mich haben die extremen Schwierigkeiten der anderen am Tisch verblüfft. “Die Karten sind Mist”, “Ich kann nicht machen, was ich will” und so weiter und so fort. Ich denke, das wird für die meisten der größte Kritikpunkt an ARCS sein. Ich selbst habe das nicht so empfunden. Wenn ich die Karten bekam, habe ich die Hand als die mir gegebenen Möglichkeiten angesehen. Die Aufgabe ist zu erkennen, was man daraus am besten macht. Denn sind wir mal ehrlich, ich kann in keinem Spiel machen, was ich will. Man will die Beschränkungen, alles andere wäre langweilig. Die Herausforderung ist doch immer mit dem Vorhandenen auszukommen. Die Karten von ARCS zeigen es nur ganz besonders “in your face”.
Freue ich mich auf die nächste Partie ARCS?
Ja, ich habe angebissen. Das, was ich gesehen haben gefällt mir bisher prima. Ob das der heilige Spielegral ist, der uns da versprochen wurde, bezweifle ich. Das Spiel ist bestimmt nicht für jeden, sei es wegen des Themas, wegen der Interaktion (ja man kommt um den Angriff oft nicht herum) oder wegen der Karten. Trotzdem empfehle ich, ganz ungefragt, dem Spiel die zweite oder gar dritte Chance zu geben, denn lohnen wird es sich bestimmt.
Martin
Hi Robert,
jetzt hat mir Wilhelm nach 7 Jahren, quasi zum Abschied, endlich von deinem Blog erzählt. Besser spät als nie, nicht wahr?
Habe Arcs vorbestellt und bin sehr gespannt was da demnächst kommt!
Viel Spaß in Essen!
Gruß
Martin
Robert Alstetter
Hallo Martin,
das ist ja eine Überraschung, da kann ich nur sagen, besser spät als nie.