SPIELSTIL Rezension

Mystic Vale (App)

Lesezeit: 4 Minuten

Ein Spiel entwickelt von John D. Clair
erschienen bei Nomad Games

- 7.Aug.2019

Kennt Ihr das nicht auch? Wenn mein Ass auf der Hand jetzt nicht nur ein Kreuz-Ass wäre, sondern auch noch ein Bube? Dann würde der Stich mal so richtig Punkte einfahren? Ach, wenn wir schon dabei sind: Mein Lehm bei Catan dürfte gleichzeitig auch noch Holz und Korn sein! Aber wo gibt es das schon? Bestehende Karten verändern…


Mein Freund der Baum ist tot. Er fiel im frühen Abendrot.

(Alexandra)

Bei Mystic Vale machen wir aber genau das: Es ist ein Deck Builder der etwas anderen Art. Runde um Runde kaufen wir nicht etwa neue Karten, sondern Verbesserungen für unsere bereits bestehenden Karten im Deck. So kann jede Karte bis zu 3 verschiedene Eigenschaften aufweisen, die beim Ausspielen auch alle zum Tragen kommen; man muss nicht etwa wählen.

Gleichzeitig gibt es einen gewissen Push-your-Luck-Mechanismus: Es werden so lange Karten vom eigenen Stapel aufgedeckt, bis 3 Ödnis-Symbole sichtbar sind – die oberste, immer offenliegende Karte des Stapels mitgezählt. Nun kann man, wenn man möchte, weiter aufdecken – aber sobald man eine vierte Ödnis aufdeckt überreizt man und der gesamte Spielzug ist verschenkt. Man bekommt lediglich einen Bonus zum Erwerb neuer Kartenfähigkeiten in der folgenden Runde.

Schließlich gibt es noch einen weiteren Aspekt: Die eigentlichen Siegpunkte-Karten. Die werden mit einer eigenen „Währung“ jenseits der Kartenverbesserung bezahlt: Elemente, welche sich auch auf den Verbesserungen finden. Diese Siegpunkte-Karten bringen neben Siegpunkten auch permanente Fähigkeiten mit sich, die jede Runde ausgelöst werden können.

Die Partie beginnt. Noch sind die Karten leer (unten). Oben seht ihr die kaufbaren Eigenschaften.

So. Und nun packen wir dieses durchaus komplexe Kartenspiel in eine App.

Zugegeben, das Handling und die Mechanismen lassen sich sehr gut durch eine App übernehmen und damit wird der Ablauf sehr flüssig. Auch das Verbessern der Karten, welches im realen Spiel mit semi-transparenten Hüllen realisiert wird, kann hier natürlich sehr einfach erfolgen. Aber: Bei diesem Spiel gibt es sehr viel zu beachten und sehr viel zu bedenken – es gibt eine relativ lange Liste an Verbesserungen, die man kaufen kann (diese verändert sich nach jedem Kauf) sowie eine lange Liste an Siegpunkte-Karten mit verschiedenen Kosten der immerhin drei verschiedenen Elemente. Und auch diese verändert sich nach jedem Kauf. Idealerweise behält man im Auge, welche Elemente man denn in seinem eigenen Deck hat – und noch viel besser ist es, wenn man auch weiß, welche die bis zu drei Gegner in ihre Decks einbauen. Auch beim Reizen der Karten sollte man seine Ablage kennen, denn dann weiß man, wie riskant es tatsächlich ist.

Ihr merkt schon – es sind sehr, sehr viele Informationen, die ihr beachten müsst, was bei dem Spiel dazu führt, dass alles sehr, sehr klein dargestellt wird. Zwischen den Kartenreihen muss man hin- und herwechseln und die Decks der Mitspieler kann man sich bei Bedarf aufblenden lassen. Dabei fühlt man sich plötzlich so müde und angestrengt, dass man einfach nur noch seinen Stiefel runterspielt und dann ist es einem eigentlich auch egal, was der (virtuelle) Gegenüber da so macht.

Später ist die Auslage (unten) unübersichtlich und kaum zu lesen. Die drei Punkte „…“ stehen für eine nicht angezeigte Fähigkeit.

Ach ja, apropos virtueller Gegenüber: Man kann tatsächlich nur Live-Online-Matches mit menschlichen Gegnern spielen. Das ist mehr als nur suboptimal. Erstens dauert so ein Spiel durchaus 20 Minuten und mehr. Zweitens geschieht es sehr selten, dass exakt zu dem Zeitpunkt, zu dem ich Zeit habe, auch ein anderer Spieler gerade online ist. Mir ist das tatsächlich noch nicht einmal geglückt. Somit kann ich zum Online-Modus nur sagen: Ich hätte ihn gerne getestet, aber die Art der Implementierung hat es mir unmöglich gemacht. Was ja auch schon eine Aussage ist.


Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

(Aristoteles)

Tom meint:

Abschließend bleibt zu sagen: Technisch und optisch ist die App toll umgesetzt! Die Vorlage ist so gut es möglich ist auf einen Mobiltelefon-Bildschirm transferiert worden. Nur leider ist dies eben kein Spiel, welches auf einem Mobiltelefon gespielt werden kann. Größere Spiele, wie zum Beispiel Twilight Struggle, eignen sich da ironischerweise sogar besser. Aber dieses Spiel macht als App für mich gefühlt nur Arbeit und ist anstrengend. Es bietet keinen schönen Spielegenuss.

Das Spiel ist eine erfrischende Neuerfindung des Deckbuildings, indem man nicht neue Karten kauft, sondern bestehende modifiziert. Da parallel eine zusätzliche Währung für Siegpunkte eingeführt wurde, gibt es hier einiges zu bedenken und das Spiel ist sicherlich nicht so seicht herunter zu Spielen wie ein Dominion oder ein Ascension.

Umschalten auf die Siegpunktekarten (oben).

Nur leider ist dies auch gleichzeitig der Genickbruch für eine digitale Umsetzung, denn auf einem kleinen Bildschirm sind all diese zu beachtenden Faktoren einfach nicht erfassbar, und so bleibt zu sagen, dass das Spiel an sich wirklich toll und auch die technische Umsetzung sicherlich sehr akkurat und sauber ist – nur ist es auf einem Mobiltelefon einfach nicht vernünftig spielbar. Dieses Spiel liegt besser als Schachtel in eurem Regal, statt als Icon in eurem App-Drawer.


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Mystic Vale

iOS, Android


Developer: Nomadgames
Spieler: 1 – 4
Sprache: Deutsch
Schwierigkeit: Fortgeschritten

Anmerkungen

Mystic Vale (App) von John D. Clair

Spielstil – Wertung

Thomas:

3/10

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Portrait Tom
Written by Thomas Büttner
Tom schätzt neben komplexen Euros auch thematisch satte Solitär-Meisterwerke - und natürlich feine App-Umsetzungen. Dabei wird er schon mal ungehalten, wenn die Steuerung umständlich ist oder das User Interface unintuitiv.

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