Merw - Das Herz der Seidenstraße - Cover

SPIELSTIL Rezension

Merw: Das Herz der Seidenstraße

Lesezeit: 5 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Fabio Lopiano
erschienen bei Giant Roc, Osprey Games

Ihr steht auf komplexe Euro-Spiele? Dann habt ihr bestimmt auch schon mal von Merw: Das Herz der Seidenstraße gehört oder es sogar schon selbst gespielt. Das Spiel sieht nicht nur schön aus, sondern bietet auch eine verzahnte Möglichkeit über mehrere Wege zum Ziel zu gelangen. Doch wie trocken und kompliziert ist es? Möchte man es nach der ersten Partie überhaupt noch anfassen? Und kann man darüber hinwegsehen, dass rote Rohstoffe einfach nur rote Rohstoffe genannt werden?

Wir haben den Hirnzwirbler intensiv getestet und können euch sagen, ob sich ein erster, zweiter oder vielleicht auch viele weitere Blicke lohnen.

Einen Schuss Wüste braucht der Mensch – um des Glücks der Oase willen.

(Martin Kessel)

Genau 12 Spielzüge macht man in einer Partie von Merw: Das Herz der Seidenstraße. Das ist nicht viel und so sollte man sich gut überlegen, was man erreichen möchte und vor allem wie. Zentral ist ein Arbeitereinsetzmechansimus, der jedoch etwas anders funktioniert als gewohnt. Wir ziehen mit unseren Figuren auf einer Art Rundkurs um die Stadt. Dabei bestimmt die aktuelle Phase, ob wir uns in einer Spalte oder Zeile einsetzen dürfen. Haben wir diese gewählt, müssen wir nun noch ein Grundstück (die Aktion) aussuchen, die wir aktivieren möchten. Ist dieses leer, stellen wir eines unserer Gebäude darauf.

Merw-das-Herz-der-Seidenstraße-001Nun erhalten wir Rohstoffe für alle farblich passenden Gebäude dieser Reihe. Dabei müssen wir nicht unser eigenes aussuchen. Auch die von Mitspielenden können sich lohnen, doch dabei bekommen die auch einen kleinen Bonus an Rohstoffen, wenn wir diese wählen sollten.

Merw-das-Herz-der-Seidenstraße-009Als Aktionen stehen einem verschiedenste Möglichkeiten offen. So können wir uns am Gewürzmarkt mit neuen Karten eindecken. Sammeln wir zwei Gleiche, gibt es einen Bonus. Außerdem liefern unterschiedliche Kombinationen Siegpunkte am Spielende. Es ist auch möglich, Mauern um die Stadt zu bauen, um spätere Angriffe der Mongolen abzuwenden. Das bringt Einfluss. Umso mehr, wenn wir uns nicht selbst schützen. Wichtig ist auch Wissen in Form von Schriftrollen anzusammeln. Denn haben wir davon genügend, schalten wir weitere Bonusse frei, die uns im restlichen Verlauf helfen.

Merw-das-Herz-der-Seidenstraße-005Dann wäre da noch die Möglichkeit, Handelszentren zu bauen und über diese Waren zu importieren. Diese sind vor allem für das Erfüllen der ausliegenden Auftragskarten wichtig. Im Palast können wir vorstellig werden, um Günstlinge von uns zu platzieren, die dann am Rundenende Siegpunkte einspielen. Zuletzt wäre dann noch der Pfad auf der Moschee, über den wir Verbesserungen für Grundstücke, Siegpunkte oder sonstige Annehmlichkeiten freischalten.

Merw-das-Herz-der-Seidenstrasse-012Dabei ist es nicht nur für die Aktion wichtig, wohin wir uns stellen. Auch die zukünftige Spielerreihenfolge wird dadurch beeinflusst. Zusätzlich gibt es einige andere Stellschrauben, die wir drehen müssen, um überhaupt die Voraussetzungen für bestimmte Aktionen zu schaffen. So ist es zum Beispiel erst möglich Aufträge abzuschließen, wenn unser Einfluss passt.

Merw-das-Herz-der-Seidenstrasse-007Im zweiten und dritten Jahr greifen dann die Mongolen an. Diese können wir nur durch Wachen, Mauern oder Schutzgeldzahlungen abwehren. Ansonsten wird unser Häuschen auf dem betroffenen Grundstück entfernt. Sind alle 3 Jahre vorbei, kommt es zur Schlusswertung. Wer dann die meisten Punkte hat, gewinnt.

Zu grelles Licht gefährdet das Sehen. Übermäßiger Lärm betäubt das Gehör. Zu stark Gewürztes verdirbt den Geschmack. Übergroße Erregung stumpft das Gefühl.

(Lao Tse)



Christian meint:

Das Erste, was ich mir beim Anblick von Merw: Das Herz der Seidenstraße dachte. Wer soll da den Überblick behalten? Es sieht wunderschön aus, gibt sein Innerstes aber auch nicht zu gerne preis. Dabei ist alles halb so schlimm, doch schafft es die Vielzahl an Symbolen im Stadtzentrum nicht, dass das Spiel das Prädikat „Einsteigerfreundlich“ bekommen würde. Ein Umstand, den die Anleitung noch unterstützt. Nichtsdestotrotz versteckt sich dann doch der große Reiz des Spiels hinter dem Vorhang.

Merw-das-Herz-der-Seidenstraße-012Die Abhängigkeiten müssen erst einmal durchschaut werden und dann können einem die Mitspielenden immer noch einen Strich durch die Rechnung machen. Das ist eine Mischung, die ich ja sehr gerne mag. Hat man es dann mal geschafft, das Spiel so weit zu analysieren, dass man zumindest einen Großteil der Partie weiß, was man tut, wird man dennoch immer wieder ins Schwitzen kommen. Denn in Merw versteckt sich ein Optimierungsmonster mit vielen Stellschrauben. Und mit gerade mal 12 Aktionen muss wohl überlegt sein, welche davon man wie weit drehen möchte oder auch nur kann.

Merw-das-Herz-der-Seidenstrasse-010Wobei ich ehrlich sein muss. Merw: Das Herz der Seidenstraße gefällt mir zwar sehr gut, aber es ist kein Spiel, das ich immer spielen könnte. Dafür ist es streckenweise zu anstrengend. Und nein, das meine ich nicht im negativen Sinn, aber wenn ich das Spiel auf den Tisch bringe, möchte ich es gut spielen. Und das kann ich nicht aus dem Bauch heraus. Da sehe ich dann auch gerne darüber hinweg, dass die Rohstoffe einfach nur bunte Würfelchen ohne Flair sind.

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Was mich jedoch eher stört, sind viele kleine Regeldetails, die während einer Partie zu beachten sind. Ja, diese sind nötig, damit das Spiel rund ist und funktioniert, aber es macht das Ganze nicht leichter. Beziehungsweise wird gerne etwas übersehen. Ob Spielerhilfen das besser gemacht hätten? Ich glaube nicht. Aber der Umstand lässt die Waagschale zwischen komplex und kompliziert dann doch eher ein klein wenig in die zweite Kategorie ausschlagen.

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Alles in allem ist Merw: Das Herz der Seidenstraße ein herrliches Euro-Spiel mit schöner Verzahnung. Wäre hier noch etwas in Richtung Spielerfreundlichkeit gemacht worden, wäre es perfekt. Jetzt, da ich das Spiel regelmäßig auf den Tisch gebracht habe, bin ich mir ziemlich sicher, dass ich alle Regeln beachtet habe. Aber wenn ich das Spiel in ein paar Monaten wieder aus dem Regal nehme, werde ich mir genauso schwertun, wie bei der ersten Partie.

Dir hat die Rezension gefallen? Du denkst wir liegen völlig daneben? Lass uns wissen was du denkst.

Merw: Das Herz der Seidenstraße von Fabio Lopiano

Merw - Das Herz der Seidenstraße - Cover

Nicht abschrecken lassen. Was auf den ersten Blick nicht zu bewältigen wirkt ist gar nicht so schwer. Nur erschweren manche Details den ersten Spielfluss. Hat man es geschafft, erhält man hier ein komplexes, gut verzahntes Euro-Spiel, das einen zu immer neuen Wegen einlädt.

Spielstil – Wertung

Christian:

9/10
Das gefiel uns
  • Wunderschön gestaltet.
  • Schön verzahnt.
  • Verschiedene Wege führen ans Ziel.
  • Durch die interessante Aktionswahl entsteht etwas Interaktivität.
Das nicht so
  • Wirkt auf den ersten Blick eher unübersichtlich.
Hier bekommt ihr „Merw: Das Herz der Seidenstraße“

Spiele-Offensive

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Christian Renkel

Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.

So erreicht ihr Christian:

2 Comments
  1. Eine gute Zusammenfassung. Ich habe das Spiel am WE einmal solo gespielt, um es kennenzulernen und einmal dann zu zweit.
    Das Spiel lag vorher Monate ungespielt im Regal, da mich der Aktionsmechanismus in der Theorie überfordert hat. Das erste Lesen der Regel war ein Graus. Nachdem mir auf Twitter aber jemand geraten hat, es mal zu spielen, hab ich mir ein englisch-sprachiges Playthrough angeschaut und siehe da.. es geht.
    Fürs Solo-Spielen fehlt mir aber echt eine Spielerhilfe. Bei dem Spiel zu weit ging es. Die Ikonographie des Spielbretts muss man sich einmal anschauen, danach ist es aber eigentlich klar wie Klossbrühe :-).
    Das Spiel gefällt. Aber soviele Möglichkeiten, man muss sich entscheiden, was man machen will. Dazu muss man aber auch ein paar Mal spielen, um zu wissen, was man überhaupt machen kann.
    Wird aber definitiv wieder auf den Tisch kommen.

    Reply
    • Portrait-Christian Renkel-quadratisch-2

      Ja, der Einstieg ist schon nicht ganz einfach. Und wenn man auf das Spielfeld sieht, wirkt es erst einmal wie ein Wimmelbild…
      Aber wenn es dann mal Klack gemacht hat, ist es garnicht mehr so schwer.

      Ich wünsch dir noch viele weitere schöne Partien.

      Reply

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