Undaunted Normandie - Cover

SPIELSTIL Preview

Mein erstes Mal mit Undaunted Normandie

Lesezeit: 6 Minuten

Ein Spiel entwickelt von David Thompson, Trevor Benjamin
erschienen bei Giant Roc, Osprey Games

Mein erstes Mal mit Undaunted Normandie

Cosims. Missverstandene Werke aus einer anderen Welt mit Regeln die Gesetzestexten gleichen. Umfangreich und jede Situation einfangend. Nur hier kann ich bestimmen, ob Schütze Benjamin sein Ziel trifft, obwohl Nordwestwind mit 3,47 km/h weht, sein Haar das letzte Mal vor 3 Wochen geschnitten wurde und er noch an einer leichten Magenverstimmung durch die vor 2,745 Jahren abgelaufene Bohnensuppe vom Vorabend leidet. Es sind die Spiele mit den vielen Pappcountern mit Werten und Symbolen, die bei Eingeweihten für Tränen der Rührung sorgen, wenn sie ihren sorgsam in Samt eingeschlagenen Counterclipper (Affiliate Link) wieder hervorholen dürfen. Und egal, wie faszinierend die Spiele auch sind, die Einstiegshürde ist mitunter enorm und verlangt Ausdauer und dem festen Willen das nun durchziehen zu wollen.

Meine Erfahrung mit Cosims habe ich in zwei Bereichen gesammelt. Drei, wenn man alle Hühneraugen mit zudrückt. Zuerst (von HeroQuest noch vollkommen verblendet) zog ich gegen meinen Bruder in Claymore Saga in die Schlacht. Ja, ich weiß. Es fehlen die oben erwähnten Papp-Counter, aber dafür hatten wir Hexfelder und ein Regelwerk, das wir in diesen jungen Jahren nie verstanden. Später kam dann Tide of Iron (wieder ohne Counter, aber auch nicht nachhaltig beeindruckend) auf den Tisch, welches ich vorwiegend mit einer Menge an Würfelglück in Verbindung bringen würde, wenn man mich heute spontan nach meinen Erlebnissen damit fragen würde. Zuletzt dann das Spiel, das meiner Erklärung von oben noch am nächsten kommt. Das relativ einsteigerfreundliche Conflict of Heroes, welches ich eine Zeit lang mit einem Freund regelmäßig spielte. (Übrigens, Conflict of Heroes ist sogar richtig cool, wenn man sich für das Thema interessiert)

Doch die Jahre vergingen und mit ihnen verrann die Zeit, die ich bereit war, in ein Mammutsystem zu investieren. Nicht, dass mich Konfliktsimulationen nicht reizen würden, aber wie soll ich den damit verbundenen Aufwand aufbringen, um dieses in vollen Zügen genießen zu können? Damit ich dennoch zeigen kann, dass ich in taktischen Gefechten die nötige Nase vorn bin und nicht wieder allzu leicht in die Parallelwelt der Cosim-Gesellschaft abdrifte, habe ich mich nach einer kleineren, einfacheren Möglichkeit umgesehen und diese in Undaunted Normandie gefunden.

Wie sind denn eure Cosim Erfahrungen? Und habt ihr als Kind jemals Claymore Saga kapiert? Schreibt mir in den Kommentaren.

Undaunted Normandie - Cover

Wie funktioniert Undaunted Normandie überhaupt?

Nachdem sich die Spielenden auf ein Szenario geeinigt haben, wird das Spielfeld nach den Vorgaben aufgebaut. Zusätzlich erfährt man in der zugehörigen Tabelle, welche Karten in das eigene Deck und welche in die Reserve kommen. Um es mal im Jargon der Deckbuilder zu sagen, die hier ein klein wenig Pate standen, ist die Reserve euer persönlicher Markt, von dem ihr neue Karten „kauft“.

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Szenario 1.

Und schon kann das Spiel beginnen. Am Anfang der Runde ziehen wir beide auf vier Karten und wählen eine davon aus, die wir verdeckt ablegen. Mit dieser bieten wir auf die Initiative dieser Runde. Der höhere Wert beginnt. Am Zug dürfen wir unsere Handkarten nacheinander ausspielen. Neben den Nieten (Unklare Lage), die lediglich unsere Hand verstopfen, gibt es noch Karten für unsere Einheiten, wie auch einzelne Befehlshaber. Auf diesen Karten befinden sich Befehle, die wir für Aktionen verwenden dürfen. So bewegen wir uns nicht nur, sondern greifen auch andere Einheiten an oder rekrutieren neue Mitstreiter.

Wichtig für die Standard-Bewegung, unsere Einheiten dürfen nur Abschnitte betreten, die bereits von unseren Aufklärern erkundet wurden. Jedoch wandert auch je erkundetem Feld eine Karte „Unklare Lage“ ins Deck, was dieses verlangsamt. Kämpfe selbst werden mit 10-seitigen Würfeln ausgetragen. Die Anzahl bestimmt die Zahl hinter der Angreifen-Aktion, die wir gespielt haben. Der Wert, den wir mindestens erreichen müssen, ergibt sich aus Entfernung, Verteidigung der gegnerischen Einheit sowie dem Wert der Deckung des Landschaftsplättchens. Egal mit wie vielen Würfeln wir diesen überbieten, es gibt immer nur einen Treffer, der dafür sorgt, dass eine Karte dieser Einheit aus dem Deck unseres Gegenübers fliegt. Kann keine Karte entfernt werden, wird dafür die Einheit vom Feld genommen.

So spielen wir Runde um Runde, bis eine Seite das Spielziel erfüllt hat und gewinnt. Neben einzelnen Gefechten gibt es eine Art Kampagnenmodus, der jedoch lediglich die Siege und Niederlagen zählt und sich nicht auf zukünftige Spiele auswirkt.

Das macht Undaunted Normandie richtig.

Das Regelwerk ist schlank, sodass man neue Spieler schnell in das Spiel einführen kann. Gleichzeitig bietet es jedoch genügend Tiefe, um nicht zu einer reinen Würfelorgie zu verkommen. Denn um zu gewinnen, muss ich nicht nur erkennen, wie ich meine Aufgabe angehe, sondern auch sehen, was mein/e Gegner/in plant sowie welche Möglichkeiten diese/r hat. Ja, Möglichkeiten. Denn um Einheiten zu bewegen, braucht man eben auch die zugehörigen Karten. Verliere ich diese durch Beschuss, ist die Einheit auf dem Spielfeld relativ wertlos. So kann man die Situation dann eben auch durch Achtsamkeit genau analysieren und eben ohne Gefahr vorrücken.

Als äußerst klasse empfinde ich auch, dass die einzelnen Züge relativ schnell abgehandelt sind. Spiel eine Karte aus und such dir eine Aktion darauf aus. Ende. Dennoch sind schöne Kombinationen möglich, wie durch die erlaubte Rücknahme einer bereits gespielten Karte. Zusätzlich kann ich durch die Rekrutierung der Karten beeinflussen, wie wahrscheinlich ich welche Karte auf die Hand bekomme. Sozusagen ein Deckbuilder light.

Unsere zwei Duelle des Abends waren spannend bis zum Schluss. Natürlich haben wir noch Fehler gemacht, aber durch diese konnte die Waagschale weiter gehalten werden. Genau so stelle ich es mir aktuell vor, wenn wir wissen, was wir tun und eben gezielt die Schwächen unseres Gegenübers ausnutzen.

Das nervt an Undaunted Normandie.

Allen voran die Aktionen. Wer kam denn auf die glorreiche Idee, diese nicht genau zu benennen. Gut, Bewegung und Angriff sind ja noch selbsterklärend, aber was passiert genau bei Täuschen? Was bei Niederstrecken? Und wofür ist nochmals Anspornen? Ja, thematisch ist es toll und nach kurzer Zeit sind die Befehle auch schon in Fleisch und Blut, aber warum hat man sich gespart, je Spielenden eine Übersichtskarte beizulegen? Nein, noch schlimmer, die Kurzerklärung ist auf der vorletzten Seite der Regeln. Das ist ein Fauxpas, der uns den Einstieg holpriger gestaltet hatte, als nötig gewesen wäre.

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Eigentlich ist es ja nicht schwer. Aber warum gibt es keine Spielhilfe?

Auch fand ich schade, dass die Siegpunktmarker in der Anleitung nicht klar als diese erklärt, sondern später in einem Nebensatz als solche bezeichnet wurden. So hatten wir zu Beginn einige Zeit, in der wir die kurzen Regeln nach eben diesem Satz suchen mussten, um eindeutig Bescheid zu wissen. Das ist jetzt jammern auf hohem Niveau, aber ein Hinweis im Missionsbuch hätte schon genügt.

Zuletzt muss ich noch anmerken, dass die Würfel kaputt sind. Sie haben viel zu selten für mich entschieden. 😉

Freue ich mich auf weitere Partien?

Ein ganz klares JA! Undaunted Normandie macht vieles richtig und ich bin gespannt, ob wir weiter so viel Spaß am Spiel haben werden. Spannende Gefechte mit taktischer Färbung treffen hier auf unkomplizierte Regeln, die dennoch etwas Tiefe mitbringen. Alleine die Entscheidung, ob ich eine hohe Initiativekarte opfere, um relativ sicher zuerst dran zu sein oder doch lieber behalte, um die Aktion nutzen zu können, bringt mich Runde um Runde beinahe zur Verzweiflung. Und hier bin ich masochistisch veranlagt, denn das finde ich toll.

Nur warum man einen Denglischen Titel verwendet, ist mir noch nicht ganz bewusst. Also Undaunted (Englisch) Normandie (Deutsch). Aber das ist ein Umstand, der mich nur kurz mit den Schultern zucken lässt, denn eigentlich möchte ich mich schon wieder direkt ins Spiel stürzen.

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Written by Christian Renkel
Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.

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