SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 5 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Michael Menzel
erschienen bei Kosmos
Sucht man in der International Movie Database nach Robin Hood, werden einem insgesamt 200 Ergebnisse angezeigt. Mit dabei sind nicht nur Filme über den Helden in Strumpfhosen, sondern auch viele einzelne Episoden von diversen Serien. Wer derart verankert in der Popkultur ist, sollte natürlich sein eigenes Spiel haben. Ach, was sage ich, dieser Gentlemen-Verbrecher braucht viele Spiele. Und es gibt sie. Insgesamt 52 Einträge findet man auf Boardgamegeek. Braucht es also tatsächlich ein weiteres Brettspiel mit diesem grünen Kerl? Und kann es etwas, das andere nicht bieten? Wir werden sehen.
(Robin Hood – König der Diebe)
Spielt man eine Partie die Abenteuer des Robin Hood gilt es zuerst das gebundene Buch zur Hand zu nehmen und die nächste Geschichte einzuleiten. Das passiert nicht nur über die vorzulesende Storyabschnitte, sondern auch darin, die Anweisungen zum Aufbau zu befolgen. Diese können sich schon einmal über mehrere Seiten des Buches hinweg erstrecken. Doch dann sind wir direkt im Spiel und es kann losgehen.
Wurden wir darüber aufgeklärt, welche Aufgabe zu bewältigen ist, dürfen wir uns am Zug mit unserer Figur bewegen. Dies funktioniert über die Lauf-Figuren, die dem Spiel beiliegen. Diese legt man an seinen aktuellen Standort an und kann sich so an einen neuen Ort begeben. Dabei ist das Timing wichtig, da wir Wachen erfolgreich umschleichen oder eben rechtzeitig ausschalten sollten, bevor diese uns entdecken.
Kommen wir auf eine der optisch hervorgehobenen Stellen des Spielbretts dürfen wird dieses erkunden. Hierzu lesen wir einfach die zugehörige Passage im Buch. Dabei werden wir immer wieder vor eine Wahl gestellt, die den Ausgang des Textes beeinflusst.
Kämpfe erfolgen dadurch, dass wir Würfel aus dem Beutel ziehen. Ziel ist es, einen weißen Würfel zu ergattern. Unsere Chancen können wir dabei dadurch beeinflussen, dass wir violette Würfel durch Angriffe eliminieren oder durch geschicktes Wegemanagement dafür sorgen, dass mehr weiße Würfel im Beutel landen.
Haben wir das Ende einer Geschichte erreicht, werden wir noch einen Epilog im Buch vorfinden. Dabei ist es nicht ganz so wichtig, ob wir gewinnen oder verlieren. Denn es gibt stets einen zweiten Anlauf, der nicht nur durch das eigene Vorwissen erleichtert wird.
(Robin Hood – Disney)
Vornweg kann ich schon einmal sagen, dass uns die Abenteuer des Robin Hood sehr gut gefallen haben. Es war immer wieder ein schönes Erlebnis, gemeinsam in der Familie zusammenzukommen und zu versuchen, die nächste Aufgabe zu bewältigen. Dabei waren wir nicht immer siegreich, aber auch Rückschläge konnten uns nicht davon abhalten, das Spiel erneut zu wagen. Wobei Spiel vielleicht ein etwas zu weit gegriffener Begriff ist. Denn eigentlich ist die Abenteuer des Robin Hood natürlich erst einmal eines. Eine interaktive Geschichte. Erwartet keine ausgetüftelte Mechaniken. Denn die braucht dieses Werk nicht.
Der Ablauf ist schön geradlinig und für gemütliche Zusammenkünfte (z. B. Familie mit Kindern) gemacht. Wir diskutieren und laufen gemeinsam durch die Welt. Wobei sich das für mich persönlich teilweise dann doch zu sehr wie auf Schienen anfühlt. Denn Autor Menzel weiß genau, wo er uns haben möchte und schiebt uns eben dorthin. Schaffen wir es dann mal nicht seinen Gedanken zu folgen, werden wir uns schwertun ein Abenteuer zu bestehen. So hatten wir beispielsweise in einem Kapitel wundervolle Ideen in die Burg zu gelangen, die allesamt scheiterten, weil der Autor eben einen anderen Weg vorgesehen hatte. Da heißt es dann nur noch weitere Informationen sammeln, aber das Abenteuer ist unlösbar geworden, da zu viel Zeit verstrichen ist. Ja, ich weiß. Der Zeitdruck ist Kernelement und wird benötigt, um einen gewissen Spannungsbogen aufzubauen, aber teilweise steht er sich einfach im Weg.
Und ja, die Geschichte ist natürlich mehr oder weniger bekannt und nicht gerade ein Meisterwerk der literarischen Kunst. Aber sie schafft es dennoch, jung und alt am Spieltisch zu vereinen. Sie überfordert nicht und vollbringt dennoch, dass wir voll Spannung versuchen, zu einem positiven Ende zu gelangen.
Dabei ist es natürlich auch immer wieder interessant, was sich hinter den Plättchen des Spielplans befindet. Dieses Element, dass wir schon aus Adventskalendern kennen, schafft es auch hier immer wieder positiv zu überraschen. Zumindest dann, wenn man ein dickes Fell hat, denn ihr werdet das Spiel garantiert beschädigen. Ausgefranste und abgeriebene Plättchen und Spielplanbereiche gehören einfach zu den Abenteuern des Robin Hood dazu. Also ergebt euch diesem Umstand. Ihr werdet ihn nicht ändern können.
Die Abenteuer des Robin Hood sind eine tolle Möglichkeit des storygetriebenen, kooperativen Spiels innerhalb der Familie. Es ist nichts für Menschen, die ausgeklügelte Mechanismen oder offene Welten haben möchten. Man muss sich ein wenig vom Autor leiten lassen und wird dennoch das Gefühl haben, etwas zu schaffen. Vor allem Kinder ziehen einen im Spiel vollkommen in den Sherwood Forest. Jedoch müssen sie teilweise auch gelenkt werden, damit man nicht feststellt, dass man auf dem Weg zu viel Zeit verloren hat. Die Abenteuer des Robin Hood sind der Inbegriff des Familienspiels für Menschen, die damit leben können, dass es sich abnutzt und eben bespielt aussieht.
Die Abenteuer des Robin Hood von Michael Menzel
Ein schönes Spiel mit einer Geschichte, die man fast wie auf Schienen erleben kann. Es gibt etwas zu wenige Wege nach Rom, aber alles in allem eine gute, gemeinsame Qualitätszeit. Zumindest wenn man nicht zu sehr an der Unversehrtheit des Spiels hängt.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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Georg
Die Stärken und Schwächen des Robin Hood Spiels hast Du schon sehr gut herausgearbeitet. Allerdings fehlt meiner Meinung nach ein Punkt: Und das ist Sir Guy of Gisbourne. Die schwarze Spielfigur, die sich immer auf den nächsten Charakter zubewegt, interessanterweise auch ohne Sichtlinie. Extrem nervig – Durch diese Figur fällt ein Spieler Charakter komplett aus, da sie von dieser Figur gebunden wird.