SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 4 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Rustan Håkansson
erschienen bei Kosmos
6 Millionen verkaufte Einheiten. Davon kann man im Brettspielsektor nur träumen. Und auch hier bezieht sich die Absatzzahl auf die digitale Vorlage von „Cities Skylines“. Ich selbst habe diese nie gespielt, sondern mir nur für Recherche-Zwecke ein paar Let’s Plays angesehen. Die Grundlagen kamen mir jedoch bekannt vor. Wohn-, Gewerbe- und Industrieeinheiten habe ich bereits in den 90ern auf meinem Super Nintendo zugewiesen. Damals noch mit Sim City und einem Cheat Code für einen unendlichen Geldvorrat, ausgestattet, möchte ich mich heute einer Städtebausimulation im Brettspielgewand stellen. Ob das Genre für mich auch ohne Bowser und Dr. Wright funktioniert? Wir werden es sehen.
(Kahlil Gibran)
Zentrales Element von „Cities Skylines“ sind Puzzleteile und Skalen. Erstere dürfen wir platzieren, wenn wir die nötigen Karten ausspielen, letztere werden durch unsere Bauten beeinflusst. So schnell und einfach kann man die Grundlagen zusammenfassen. Doch ein erfolgreiches Spiel verlangt nach Überlegungen. Denn die Skalen sind nicht nur Zierde, sondern stehen für den Zustand unserer Stadt. Arbeitslose werden darauf genauso dargestellt, wie Probleme mit der Stromversorgung, Kriminalität oder Müll.
Außerdem sollte die Stadtplanung nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Zumindest nicht, wenn wir gewinnen möchten. Denn manche Gebäudeeinheiten verlangen nach Voraussetzungen, wenn sie ihren Bonus ausschütten sollen. Mancher mag gerne neben dem Wald leben, andere ihr Geschäft am liebsten in Rufweite zur Polizei eröffnen.
Stück für Stück breiten wir uns kooperativ auf der Landkarte aus und generieren dabei Zufriedenheit. Diese entspricht Siegpunkten und zeigt uns, wie gut wir zusammen gearbeitet haben. Zumindest dann, wenn wir die Stadt nicht gegen die Wand fahren.
(Walter Benjamin)
Ich liebe Städtebau. Die Planungen, die Freiheit und gleichzeitig die Verantwortung, prägen für mich ein Spielerlebnis, welches seinesgleichen sucht. Leider schafft es „Cities Skylines“ keinen dieser Punkte in mir zu triggern.
Schön ist, dass es sich um ein kooperatives Spiel handelt. Wobei dies wohl der logische Schritt war, wenn man aus einer Solo-Erfahrung ein gemeinsames Spiel schaffen möchte, bei dem nicht jeder einsam vor sich hin optimiert. Doch während in anderen, kooperativen Spielen Diskussionen entstehen, welches Problem nun angegangen werden muss oder wohin wir uns entwickeln sollten, ist dies bei „Cities Skylines“ meistens sehr offensichtlich. Zumindest, wenn man die Kartenauslage genau betrachtet.
Auch, wenn im späteren Spielverlauf, Brennpunkte entstehen, weiß man sofort, ob man diese nun angehen kann oder nicht. Problematisch wird es, wenn wir bestimmte Gebäude brauchen. Beispielsweise eine Polizeiwache, um die Kriminalität zu senken. Denn, ob wir dieses bekommen, hängt rein vom Zufall ab. In jedem der drei Kartenstapel sind passende Gebäude enthalten. Blöd nur, wenn sie ganz unten liegen, denn wir haben keine Chance schneller dran zu kommen. Und es ist frustrierend nichts Produktives machen zu können, weil eben diese eine Gebäudeart fehlt. Gut, vielleicht fehlt mir auch nur der Sinn für diese Mechanik. Vielleicht stellt dies unseren Kampf dar, den wir austragen, um die nötigen Genehmigungen vom Stadtrat zu erhalten. Aber ehrlich, wenn ich die Macht habe, will ich sie komplett haben und nicht unnötig gebremst werden.
Ja, mir ist natürlich auch klar, dass ein Spiel Zwänge benötigt. Diese sind jedoch bereits durch Platzmangel, Geldmangel und die einzelnen Skalen vertreten. Denn wir können natürlich nicht hergehen und unsere Stadt im Müll versinken lassen. Uns sind Grenzen gesetzt, die wir nicht überschreiten dürfen. Dementsprechend ist es umso wichtiger, diese positiv zu beeinflussen. Und ja, ich weiß, ich habe es bereits gesagt, aber ich muss diesen Bogen nochmals schlagen. Der Zufall mit den Kartenstapeln verdirbt mir hier den Spaß. Ich kann mit Spielen klarkommen, die einen dazu bringen aus den vorgesetzten Graupen das Beste zu machen, aber nicht dann, wenn es bedeutet, dass man ohne Zutun komplett scheitert.
Dabei gibt es sogar eine gute Spieldesign-Entscheidung. Wir können Karten in einem zentralen Ablagestapel sammeln, um sie später, zu einem passenderen Zeitpunkt einsetzen zu können. Das gefällt mir nicht nur, sondern ist wichtig, um das Spiel in den Griff zu bekommen.
Dennoch schafft es das Spiel nicht, mich zu begeistern. Der Start ist nett und es ist schön die Stadt wachsen zu sehen. Gleichzeitig weiß „Cities Skylines“ jedoch nicht mich emotional zu packen, mich vor schwierige Entscheidungen zu stellen. Das Spiel fühlt sich nicht wie eine Städtebausimulation an, sondern verdirbt mir mit der Zufälligkeit die Lust auf weitere Partien.
Cities Skylines von Rustan Håkansson
Unthematische Leistenschieberei, welche sich durch seinen hohen Glücksanteil eine höhere Wertung verbaut.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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