SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 7 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Antoine Bauza, John Grümph
erschienen bei Board Game Box
Das einst mächtige Reich liegt nun wegen eines erbarmungslosen Krieges in Schutt und Asche. Die tapferen Ranger sind die einzige und letzte Hoffnung der Menschen. Mit ihrem Kampfschrei “Oltréé” treiben sie die Monster und anderes Gesindel aus dem Land. Wir haben uns um den Tisch versammelt, um das Reich wieder aufzubauen. Gleichzeitig wirft uns Oltréé Gefahren und Hindernisse entgegen, um genau das zu verhindern. Antoine Bauza und John Grümph haben sich einiges ausgedacht, um den Rangern den Wiederaufbau so schwer wie möglich zu machen. Bündeln die Ranger ihre Kräfte und arbeiten zusammen, ist das aber gar nicht so schwer.
(Power Rangers – Once & Always)
Oltréé ist ein kooperatives Spiel für 2 – 4 Spieler. Ein Solomodus ist von den Regeln nicht vorgesehen, wobei es möglich sein müsste. Wir haben es jedoch nicht versucht. Oltréé wird durch Szenarien, die hier Chroniken heißen, getrieben. Zu Beginn wählen wir eine der 6 davon aus, diese bestimmt auch die Länge der Partie. Das Ziel von Oltréé ist es, diese Szenario am besten siegreich zu beenden. Während die Ranger sich durch die Chronik spielen, bauen sie die große Burg im Zentrum des Spielfelds wieder auf und helfen den Weilern, die um die Burg angeordnet sind, Probleme zu lösen oder bitten sie um Hilfe.
Als Vorbereitung für eine Partie sucht man sich einen Ranger aus, der eine besondere Fähigkeit hat und einer der 4 Zünfte angehört was für die Proben wichtig ist, entscheidet man sich für eine Chronik / Geschichte, die man durchspielen möchte und eine Aufgabe, die nicht erledigt werden muss aber helfen kann die Chronik zu gewinnen.
Ein Spielzug besteht aus 2 Teilen. Zuerst ist Oltréé “dran”, dabei wird entweder eine neue Seite der Chronik aufgeschlagen, was die Geschichte fortsetzt. Ein neues Ereignis oder Problem taucht bei einem der Weiler auf oder ein allgemeines Hindernis, das den Fortgang der Partie erschwert, trifft die Ranger. Danach führt der Spielende zwei unterschiedliche Aktionen mit dem Ranger aus. Dazu gehört eine Zone weit zu reisen, ein Weiler um Hilfe bitten, um beispielsweise Ressourcen zu bekommen. Ein Gebäude in der Burg oder einen Turm mit den Ressourcen bauen. Ein Ereignis durchführen oder ein Problem lösen, dabei führt man meistens eine Probe aus oder benötigt Ressourcen.
Bei Oltréé sind Proben Würfe mit den Zunftwürfeln. Die Anzahl der Würfel wird bestimmt über die Zunft des Rangers, Gebäude in der Burg, die der Zunft angehören und die Burg liefert von vornherein immer einen Würfel. Die Würfel sind alle gleich, sie haben drei leere Seiten, zwei Seiten mit einem Erfolg und eine Fleißseite, bei der man mit einer Gesundheit einen Erfolg generieren. Eine Probe verlangt meistens nur einen Erfolg, seltener zwei. Hat man die nötigen Erfolge erzielt, wird bei einem Ereignis das positive Ergebnis ausgelöst, ansonsten das negative. Problem werden abgelegt, dafür kann man das Weiler wieder um Hilfe bitten.
Erreichen die Ranger das Ende der Chronik, gibt es oft noch eine besonders schwere Probe, die aber mit anderen gewonnen Prüfungen erleichtert wird. Je nachdem wie die Probe ausfällt, gewinnen die Ranger gemeinsam oder sie tragen eine Niederlage davon.
(Power Rangers – Blue Ranger)
Ich kenne wirklich einige komplexe Spiele und habe mich schon durch viele Regeln gearbeitet. Für gewöhnlich habe ich dann eine Ahnung, was mich im Spiel erwartet. Bei Oltréé war mir vieles nicht klar, seltsam für ein Spiel ab 10 Jahren. Vielleicht liegt es daran, dass die Regeln zuerst alle Konzepte des Spiels erklären und erst dann den Ablauf erläutern. Das ist bei Oltréé aber nicht so tragisch, da es kooperativ ist, wenn sich alle einig sind, kann man sich das Spiel gemeinsam und schrittweise erarbeiten. Trotzdem mag das für manche ein Grund sein, sich Oltréé nicht nähern zu wollen.
Ich mag kooperative Spiele. Man stellt sich gemeinsam einer Aufgabe, während wir vom Spiel mit Hindernissen und anderen Gemeinheiten konfrontiert werden. Wir entwerfen zusammen einen Plan, wie wir die Kräfte bündeln, um aus dem Schlamassel wieder herauszukommen und dabei am besten auch noch gewinnen. Das bietet Oltréé auch, irgendwie. In jeder Partie spielt man sich durch eine Chronik. Die verschiedenen Geschichten unterscheiden sich schon und haben auch jeweils einen etwas anderen Fokus. Jede bringt etwas eigenes Spielmaterial. Die zugrunde liegende Idee finde ich sehr interessant, nur kam das nie so richtig an. Keine der Chroniken hat uns wirklich gefallen oder mitgerissen. Ihr Einfluss aufs Spiel konnte uns nie überzeugen. Letztlich waren die Kapitel auch nichts anderes wie eine Kette von Ereignissen, die irgendwie thematisch zusammenhängen. Sie simulieren eine sich steigernde Bedrohung, aber leider konnten wir das nie fühlen. Entweder war es einfach nur ein weiteres Ärgernis oder wir haben das Kapitel zur Kenntnis genommen und sind zur Tagesordnung übergegangen. Nie hatten wir das Gefühl, dass irgendetwas auf dem Spiel steht. Genauswenig gab die Chronik uns ein Ziel vor, auf das wir hinarbeiten konnten. Daher kam in unseren Runden mit Oltréé viel zu oft das Gefühl der Planlosigkeit auf. Wir wussten dann einfach nicht was jetzt gut wäre, Züge wurden dadurch belanglos. Nichts davon war heldenhaft und Spannung kam nur in den seltensten Fällen auf. Völlig unabhängig von den Chroniken.
Neben der Chronik ist eine Hauptaufgabe in Oltréé, die vielen Ereignisse bei den Weilern abzuarbeiten. Damit nicht immer die gleichen Karten auf uns warten, werden, je nach Aufbau, unterschiedliche Kartentypen für die Partie vorbereitet. Das bringt etwas Varianz von Partie zu Partie. Nüchtern betrachtet stimmt das nicht ganz, denn letztlich sind es die Flavour-Texte die sich unterscheiden. Ein Ereignis mündet fast immer in einer Probe, die es zu bestehen gilt. Daher war es uns immer wichtig die Texte laut vorzulesen, ohne sie degradiert man ein Ereignis zu einer reinen Würfelorgie. Aber auch dann waren die Ereignisse einfach etwas, das man abgearbeitet hat. Es waren lose Situationen, die mal einen Bonus oder eine Einbuße brachten. Manchmal sogar gar keine Auswirkung hatten, wenn man die Probe in den Sand setzte.
Meistens kamen Emotionen nur dann am Tisch auf, wenn jemand mit vielen Würfeln nicht einen einzigen Erfolg würfelte. Das kann schnell passieren, die Hälfte der Würfelseiten ist schließlich leer.
Von allen Partien gab es nur eine einzige, bei der etwas Spannung aufkam. Aus dem Grund bin ich auch hin und her gerissen, wie eingangs beschrieben. Oltréé besitzt anscheinend die Fähigkeit zu fesseln. Ich kann nur nicht feststellen, unter welchen Umständen das geschieht.
Oltréé tritt mit dem Claim an ein Brettspiel zu sein, das auf einem Rollenspiel basiert, um mehr oder weniger das beste aus beiden Welten zu vereinen. Das kann ich überhaupt nicht unterschreiben. Es ist ein Brettspiel, das einen Rollenspielanstrich bekommen hat. Der ist aber so dünn, dass er fast schon durschichtig ist. Natürlich gibt es die verschiedenen Ranger mit unterschiedliche Fertigkeiten und diese sollte man auch gut einsetzen. Jedoch spielt es sich nicht anders, es gibt keine Entwicklung der Ranger auch Ausrüstung mit Ausnahme der Ressourcen sucht man vergeblich. Ähnlich ist es auch bei der Spieleranzahl wo wir in klassischen Rollenspielrunden lieber mehr Leute um den Tisch haben, ist das bei Oltréé nicht so, lieber 2 oder maximal 3, mit 4 wirds zu zäh.
Oltree glänzt jedoch wirklich beim Material und dessen Look, es sieht wirklich gut aus. Ich mag die Gestaltung des Spielplans und der Rangerboards. Die Spielfiguren sind aus Holz, groß und schön gestaltet. Die Box hat ein Inlay mit Deckeln, das ganze sieht nach vier Truhen aus. Die Deckel haben Wappen aufgedruckt an denen man sehen kann was sich dahinter verbirgt. Prima.
Also, Oltréé = oh je? Jein, es ist kein schlechtes Spiel, es hat uns aber auch nicht besonders gut unterhalten. Oltréé hat durch seinen Claim und seinen Look eine echte Fallhöhe, die man fällt sobald man es mehrmals spielt und erkennt dass es sich einfach nur durchschnittlich anfühlt.
Oltréé von Antoine Bauza, John Grümph
Ein schön gestaltetes kooperatives Spiel. In dem man als Ranger eine Geschichte erlebt, die leider oft ziemlich belanglos und blutleer daher kommt.
Robert:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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Denny Crane
Danke für das ehrliche Review. Ich hatte es auch auf der Wunschliste aber eher allein aufgrund der Optik. spielerisch war ich skeptisch und dein Test bestätigt das allemal
Robert Alstetter
Gerne doch!
Es ist immer wieder schade, wenn man sich auf ein Spiel freut und es gerne gut finden würde, es aber dann die Erwartungen überhaupt nicht erfüllt.