SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Huang Yi Ming, Jog Kung
erschienen bei Kobold Spieleverlag
Eigentlich sind Eisbären Einzelgänger. Heißt sie gehen sich die meiste Zeit des Jahres aus dem Weg und treffen sich nur zur Paarungszeit mit passenden Partnern. Nicht so im Brettspiel Rettet die Eisbären. Hier sammeln sich die possierlichen Tierchen in großen Gruppen auf Eisschollen. Das mag aber am ernsten Hintergrund liegen. Denn der Lebensraum ist bedroht und die mögliche Fläche schmilzt immer weiter. Können die Spieler also das Unglück verhindern und dafür sorgen, dass Eisbären wieder ihre Ruhe haben?
(Unbekannt)
Das Spielfeld zu Rettet die Eisbären wird jedes Mal zufällig aufgebaut. Es besteht dabei aus leeren Ozeanfeldern, Bojen und Eisfeldern, auf die wir auch gleich die erste Ladung Eisbären platzieren. Nachdem wir unsere Schiffe verteilt haben, kann es dann auch schon losgehen (von den anderen Markern mal abgesehen).
Am Zug haben wir drei Aktionen zur Verfügung. Mit diesen können wir unser Schiff bewegen, Daten sammeln oder Eisbären ein- oder ausladen. So müssen wir nicht nur die Eisbärenpopulation unter Kontrolle bekommen, sondern vorwiegend eine vorgegebene Anzahl an Daten erheben und das, bevor entweder ein Eisbär ertrinkt oder die Hitze in der Polarregion zu sehr zugenommen hat.
Denn jede Runde entscheidet ein Würfel, welche Scholle geprüft wird. Dann entscheidet sich, ob Eisbären sich vermehren, heranwachsen oder die Temperatur steigt. Alles im Rahmen der Möglichkeiten.
Damit wir etwas Hilfe erfahren, hat jedes Schiff seine eigene spezielle Fähigkeit. Zusätzlich lassen sich noch Hilfs-Bojen einsammeln, die jeweils ein für uns positives Ereignis auslösen.
(Albert Schweitzer)
Das Brettspiel Rettet die Eisbären ist zuerst einmal eines. Richtig süß anzusehen. Wem geht denn beim Anblick der ganzen niedlichen Knubbel auf ihren Eisschollen nicht das Herz auf? Wer kann denn dann gelassen darüber entscheiden, welche der Kreaturen gerettet werden soll und welche nicht. Gut, das ist eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen und natürlich fühlt man sich gut, wenn man die Eisbären dann auch in Sicherheit bringen können, aber wenn man genau darüber nachdenkt, ist das kein wirklich relevanter Teilaspekt des Brettspiels. Wir sind schließlich hier, um Daten zu erheben, wenn wir dabei dann noch ein paar Tiere retten, umso besser, aber ganz so dringend, wie man – dank des Titels – denken mag, ist es nicht.
Ja, ich weiß, es ist vollkommen unthematisch, aber das Brettspiel lässt sich relativ leicht besiegen, wenn man sich nicht von den Kulleraugen einlullen lässt. Hat man das erst einmal erkannt, ist es relativ unwahrscheinlich, überhaupt noch gegen das Brettspiel zu verlieren. Man düst durch den Ozean, sammelt Daten und versucht gerade so viele Aktionen auf die Eisbären zu verschwenden, wie es unbedingt sein muss. Einfach, damit der Vorrat nicht zur Neige geht und man noch Ausweichmöglichkeiten für den Nachwuchs hat. Das ist das ganze Geheimnis. Und wenn die Temperatur dann mal ansteigt, ist das auch nicht allzu schlimm.
Was in der Realität einer Katastrophe gleich käme, hinterlässt im Brettspiel Rettet die Eisbären eher ein müdes Lächeln. Denn schmilzt dann mal eine Scholle, wird die Temperatur um 5° gesenkt und man kann weitermachen. Moment! Mag manch einer sagen. Wenn die Temperatur über 20° liegt hat man verloren! Das stimmt. Die Leiste geht aber bis 5 Schritte über die 20°. Wenn eine Scholle schmilzt, wird diese wieder um 5° gesenkt. Heißt, sind nicht alle Schollen weg, kann man auf diese Art nicht verlieren. Gut, es kann eine Spirale der Schmelze auslösen, aber bis das Problem auftritt, sollten die Daten schon unter Dach und Fach sein. Eine Verlust-Bedingung, die sich nicht erfüllen kann. Und somit einer Bedrohung durch einen zahnlosen Tiger gleicht.
Aber warum gefällt mir Rettet die Eisbären dennoch? Nun, wie ich schon sagte, lädt mich das Aussehen des Brettspiels unglaublich ein. Ich will das Spiel einfach mit meiner Familie genießen. Und genau da gehört es hin. In einen kooperativen Kreis, der nicht alles bis ins kleinste Detail plant und dennoch auch mal gewinnen möchte. Zu Spielenden, die keine Gedanken verschwenden, ob es sich nun lohnt, einen Eisbären zu retten. Wer lieber gefordert werden möchte, sollte eben zu den entsprechenden Expertenspielen greifen. Aber die schöne Zeit, die ich hier mit meiner Familie bei Tee und Keksen habe, ist einfach unbezahlbar.
Dabei sind die Regeln sehr einfach und schnell verinnerlicht. Gut, hier und da klingt das Regelwerk zu sehr nach einer lieblosen Aufzählung von Bedingungen, aber dadurch kommt man besser in das Brettspiel, als wenn es zu prosaisch gewesen wäre. Rettet die Eisbären ist ein Spiel, das ich alleine anders angehe als im Kreis meiner Liebsten. Wenn es dann eben eher aus dem Bauch heraus als analytisch gespielt wird, steigt auch die Herausforderung. Oder sagen wir es besser, so, hat man ein Herz mit den lieblichen Figuren, neigt das Brettspiel auch mal dazu, dass es eben knapp wird.
Rettet die Eisbären von Huang Yi Ming, Jog Kung
Rettet die Eisbären ist ein wundervolles kooperatives Brettspiel für Familien. Da erlebt man die spannendsten Momente, während es für Planer zu leicht ist.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
Mehr Informationen zu Affiliate Links und Rezensionsexemplaren findet ihr in unserer Übersicht zur Transparenz und in den Bestimmungen zum Datenschutz.