Das Leben als Wikinger könnte so beschaulich sein. Ein paar Monate im Jahr auf Dienstreisen unfreiwillige Steuern abholen und die restliche Zeit schön den Boden im Humpen Bier suchen. Doch dieser blöde Jarl musste in „Champions of Midgard“ sterben. Da die Demokratie noch nicht erfunden wurde, geht sofort ein Streit los, wer der Nachfolger sein könnte. Also nehmen auch wir unsere Axt und sammeln ein paar Trollköpfe, um zu beweisen, dass wir politisch gesehen was auf dem Kasten haben.
Achtung ist mehr als Beachtung, Ansehen mehr als Ruf, Ehre mehr als Ruhm.
(Chamfort)
„Champions of Midgard“ ist ein reinrassiges Worker Placement Spiel. Wir setzen Arbeiter ein und lösen damit Aktionen aus, in denen wir Rohstoffe, Kämpfer, Karten und einen weiteren Arbeiter sammeln. Doch ein Wikinger will Kämpfen und so können wir uns auch auf Monster setzen, die es am Ende der Runde zu besiegen gilt. Hier kommen die Würfel ins Spiel. Diese entscheiden über Sieg oder Niederlage und somit, ob wir den nötigen Ruhm sammeln, um nach acht Runden als neuer Jarl das Dorf führen zu können.
In dieser Galerie findet ihr eine Runde als Beispiel zum Ablauf.
Der Ruhm ist etwas, das man keinem andern mitteilen kann. Jeder muss selbst entsprechend handeln.
(Lü Bu We)
Christian meint:
„Champions of Midgard“ hat ein gewisses Wahrnehmungsproblem. Auf den ersten Blick wirkt es, wie ein verzahntes Euro, bei dem gewinnt, wer den Mechanismus dahinter am besten entschlüsseln konnte. Doch dann kommen die Kämpfe ins Spiel. Was auf mich selbst auflockernd wirkt, kann natürlich nicht ganz frustresistente Siegpunktkalkulatoren in den Wahnsinn treiben. Ich persönlich mochte das Spiel mit Wahrscheinlichkeiten bereits in „Stone Age„. Wenn man sich nie zu 100 % sicher sein kann, dass der eigene Plan auch wirklich aufgehen wird. Das Abwägen, wie viele Krieger man mindestens schicken sollte. Vor allem gepaart mit einer relativ kurzen Spieldauer ist das genau die richtige Mischung für mich. Dennoch verstehe ich jeden, der aufgrund der Kämpfe nichts mit dem Spiel anfangen kann.
Was mir weniger gefallen hat, war, dass man im Spiel keinerlei Entwicklung erfährt. Gut, da wären das Schiff und die Runenkarten. Aber im Endeffekt ist man in Runde eins genauso stark, wie in Runde acht. Es wäre schön, wenn es zumindest eine kleine Engine geben würde, die man sich aufbaut, um etwas Abwechslung zu erhalten. Sonst ist das komplette Spiel eher eine Aneinanderreihung des immer selben Ablaufs. Auch hätte ich mir gewünscht, dass es etwas mehr Möglichkeiten gibt das Spiel zu gewinnen. Es ist offensichtlich, dass der siegreich herausgehen wird, der kämpft. Die Draugr sind vorwiegend dafür da Geld zu bekommen, Trolle um Schuld loszuwerden (und anderen aufs Aug zu drücken) und die Monster über dem Meer als Siegpunktgeneratoren. Klar reicht das aus, um acht Runden zu füllen und über einige Partien zu unterhalten. Aber auf Dauer fehlt dann doch etwas.
Dabei weiß „Champions of Midgard“ auch optisch zu gefallen. Die Monster sind grausig schön, das Material gut gestaltet und die Würfel haben wie immer den Job als Handschmeichler. Und trotz der vielen Partien, die wir absolviert haben, steht das Material immer noch da, wie am ersten Tag.
Der Regelumfang ist gar nicht so schlimm, wie er auf den ersten Blick wirken mag. Vieles wiederholt sich im Spiel oder ist so mechanisch umgesetzt, dass es schnell ins Blut übergeht. Selbst weniger versierte Spieler haben im Normalfall kein Problem eine Partie zu absolvieren.
So ist „Champions of Midgard“ für mich gesehen ein eher leichteres Eurospiel mit toll integriertem Zufallselement, das auch gerne mal alles durcheinanderwirbelt. Und verliert man mal, kann man es immer noch den Würfeln in die Schuhe schieben. Außerdem ist „Champions of Midgard“ eines der Spiele, das meine Frau regelmäßig von sich aus vorschlägt. Das ist ein gewisser Adelstitel, der nur wenigen Spielen zuteilwird. Dennoch wünschte ich mir, dass das Spiel etwas mehr hätte. Mehr Wege, mehr Aktionen, mehr Möglichkeiten. Dabei habe ich mich noch nicht komplett satt gespielt. Noch nicht.
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Champions of Midgard
Corax Games
Autor: Ole Steiness | |
Dauer: ca. 60 – 90 Minuten | |
Spieler: 2 – 4 | |
Schwierigkeit: Fortgeschrittene |
Anmerkungen
Champions of Midgard – Corax Games – 2019
- Erscheint bei Corax Games
- Für 2 – 4 Spielende und dauert ca. 60 – 90 Minuten
- Am besten geeignet für Fortgeschrittene
Spielstil – Wertung
Hinweis:
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Marius
Ich denke, das die Erweiterungen noch mal ordentlich was bringen werden, vor allem die, wo verlorene Krieger noch einen kleinen Bonus einbringen.
Christian Renkel
Denke ich auch. Ich habe vorhin mal kurz auf BGG überflogen, was die Erweiterungen bringen. Vor allem das von dir angesprochene „gefallene Krieger“ bringen Rum mit der Valhalla Erweiterung klingt interessant.
Zumal mein Sohn immer gefrustet war, wenn die Krieger gegen die Monster unterlegen sind. Damit könnte ich es ihm vielleicht wieder schmackhaft machen. 😉
Marius
Genau, so sehe ich das auch und wenn man denn mal Pech haben sollte bei einem Kampf ist man durch die Plättchen die man dann bekommt für die gefallenen Krieger nicht ganz so frustiert.
Christian Renkel
Aber ein Wikinger muss Schmerzen aushalten können.
Vielleicht hätte ich ihm auch etwas mehr Hilfe beim Thema Wahrscheinlichkeiten geben sollen. Aber das lernt er wahrscheinlich erst demnächst in der Schule.