SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Alexis Allard, Benoit Turpin
erschienen bei Pegasus Spiele
Welcome to the moon ist doch “Flip & Write”? Wirklich? Jetzt noch? Der Hypetrain, wenn es denn einen gab, hat den Bahnhof doch längst verlassen und wir sehen die roten Lichter noch aus einiger Entfernung. Aber warum nicht? Innehalten, zurückblicken und sehen, wie gut etwas gealtert ist. Vielleicht kann man einer etwas abgelagerten Idee, doch wieder etwas abgewinnen. Aber klar, man muss diese Art von Spiel mögen.
Nach dem Alexis Allard und Benoit Turpin mit “Welcome to your new Home” das Flip & Write – Genre salonfähig gemacht haben, haben sie mit “Welcome to the Moon” das Ganze auf eine neue Ebene gehoben.
(Arthur C. Clarke)
Welcome to the moon ist eine Sammlung von acht Flip & Write Kapiteln. Man kann es auf zweierlei Weisen spielen. Als Kampagne werden die einzelnen Spiele durch eine Geschichte miteinander verbunden. In der Geschichte gibt es verschiedene Abzweigungen in der Art von Abenteuerbüchern (Wenn A passiert ist, lies Abschnitt xx, ansonsten Abschnitt xy). Oder man sucht sich nach eigenem Gusto das Kapitel heraus, auf das man Lust hat.
Dem Spiel liegt immer der gleiche Mechanismus zugrunde, bei dem pro Runde von 3 Stapeln eine Karte aufgedeckt wird. Dadurch ergeben sich 3 Kombinationen aus Vorder- und Rückseite zweier Karten, also jeweils eine Zahl und eine Aktion. Eines dieser drei Pärchen wählt man aus. Verpflichtend ist dabei die Zahl auf seinem Bogen einzutragen, die Aktion darf man ausführen.
Der Spielbogen des Kapitels hat mehrere Abschnitte, in denen die Zahlen aufsteigend eingetragen werden. In jedem Abschnitt geschieht das meistens anhand von Regeln die speziell für dieses Kapitel sind.
Die Aktionen (wie Pflanze oder Wasser) erlauben beispielsweise zusätzliche Elemente auf dem Bogen abzustreichen oder die Zahl zu manipulieren (Raumanzug). Es gibt Grundregeln für die Aktionen, meistens werden sie aber vom gespielten Kapitel verändert. Daher fasse ich mich hier recht kurz, es gibt zu viele Varianten.
Das Spiel endet, wenn ein Spielender:
Danach werden die Siegpunkte gezählt. Wer die meisten hat gewinnt.
Im Kampagnenmodus hat es Auswirkungen auf die Geschichte, ob zum Beispiel eine Mission erledigt wurde oder ob der Gewinner mehr als eine bestimmte Anzahl Punkte erreicht hat.
Die komplette Spielregel zu Welcome To The Moon findet ihr hier. (externer Link)
(John M. Grunsfeld)
Ganz klar, Welcome to the Moon spielt sich prinzipiell genauso wie “Welcome to your new home”. Es ist intelligentes Zahlen schubsen. Jeder hat seinen eigenen Plan, daher ist es im Wesentlichen eine solitäre Knobelei. Man ist seines Glückes Schmied, wenn man eines aus den drei verfügbaren Kartenpaaren wählt. Auf einem frischen Plan ist es noch sehr einfach, die Zahlen unterzubringen. Es gibt ja nur den Zwang in einem Abschnitt aufsteigend zu sortieren. Doch schon die ersten Einträge können für den Rest der Runde bedeutsam sein. Ein oder zwei ungeschickt platzierte Zahlen können einem das Leben in kommenden Zügen wirklich schwer machen. So hat man mit jedem Zug die Qual der Wahl. Denn es ist nicht nur die passende Zahl, die man sucht, sondern auch eine die zum verfolgten Plan passt (so man denn einen hat 🙂 ). Die Grübelei dreht sich also um die Kombination aus Zahl und Aktion. Denn die Aktionen sind essenziell um Punkte zu kassieren und zu gewinnen.
Natürlich ist bei allem eine gehörige Portion Zufall aka Glück dabei. Auch bei der Wahl der Zahl / der Aktion kann man auf Glück spielen oder auf Sicherheit. Ganz klares Spatz in der Hand / Taube auf dem Dach Dilemma. Oft muss man zwischen Pest und Cholera wählen. Umso schöner ist es, wenn man auf etwas hingearbeitet hat und der Plan dann tatsächlich aufgeht. In Richtung Ende spielt dann das Glück eine noch größere Rolle, wenn der Plan nur noch wenige freie Plätze hat. Man ist dann auf gewisse Zahlen angewiesen, wenn diese nicht kommen, ist sehr schnell Game over. Man muss mit dem zurechtkommen, was einem gegeben wird und das Beste herausholen. Welcome to the Moon liefert genau das und dazu noch sehr elegant.
Welcome to the Moon bietet nicht nur ein Spiel, sondern insgesamt 8 verschiedene Spiele. Alle haben natürlich die gleichen Basisregeln. Ich bin ehrlich gesagt wirklich begeistert, wie kreativ die beiden Autoren mit den “Levels” waren. Jeder spielt sich unterschiedlich. Dabei ist es nicht nur die Art und Weise, wie die Zahlen angeordnet werden müssen, sondern auch die Aktionen sind immer etwas anders. Das hat natürlich auch die Kehrseite, dass man jedes Mal neue Regeln lernen muss. Vor allem muss man auch verstanden haben, wofür man Punkte in diesem Level bekommt.
Die acht Levels waren den Entwicklern von Welcome to the Moon einfach noch nicht genug. No way! Nein, es musste noch eine Geschichte her, die alles verbindet. Braucht man die Geschichte zum spielen? Nein, der Fokus liegt definitiv auf den Levels. Stört sie? Auch nicht. Sollte man sie spielen? Ich finde schon. Zum einen verbindet die Geschichte die Levels in Welcome to the Moon sehr schön und sie wurden thematisch auch an die Geschichte angepasst. Man bekommt also erzählt warum die Pläne sich so spielen und warum sie so aussehen. Die Handlung ist nett geschrieben, bedient viele Klischees und wartet nicht mit besonderem Schreibstil auf. Aber es ist eine witzige Auflockerung, wenn man mehrere Levels nacheinander spielt. Außerdem hat die Handlung Einfluss auf die Partie. So bestimmt sie basierend auf unseren Entscheidungen die Missionsziele oder es werden Karten eingefügt oder ausgetauscht.
Welcome to the moon ist meines Erachtens kein Spiel für große Runden, obwohl Material für 6 beigelegt ist. Für uns hat es am besten als Spiel für zwischendurch zu zweit oder sogar im Urlaub gut funktioniert. In dieser Umgebung holen wir es gerne aus dem Regal oder dem Koffer.
Welcome To The Moon von Alexis Allard, Benoit Turpin
Wer Spaß damit hat immer wieder neue Arten zu entdecken, wie man auf kreative Weise Zahlen sortiert, ist hier völlig richtig.
Robert:
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