SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Vladimir Suchy
erschienen bei Delicious Games
„Die Ozeane sind der einzige Ausweg, auf der Erde ist kein Platz mehr! Lasst uns unsere Zukunft unter dem Meeresspiegel bauen, denn auf den Mars können wir noch nicht.“ Die Zukunft der Menschheit liegt also in unserer Hand. Wir tauchen auf den Grund des Ozeans zu „Underwater Cities“. (Pun intended)
(Jules Verne (Werk: 20.000 Meilen unter dem Meer))
Underwater Cities ist eine Mischung aus Worker Placer und Engine Builder. Jeder Spieler baut seine Unterwasserstädte mit den dazugehörigen Gebäuden auf seinem eigenen Tableau.
Eine Partie geht über 3 Ären, dabei ist die erste Ära eine Runde länger als die beiden Letzten. Jede Ära endet mit einer Produktionsphase, in der man die Früchte seiner Investitionen erntet und in neue Gebäude investieren kann. Gemessen wird der Erfolg über Siegpunkte. Wer die meisten nach der Schlusswertung erreicht hat, gewinnt.
Wenn man am Zug ist, legt man sein Aktionsplättchen (Worker) auf ein noch freies Aktionsfeld des Spielplans. Dort bekommt man zum Beispiel Ressourcen, kann Gebäude und Tunnel bauen oder aufwerten und die Zugreihenfolge für die nächste Runde ändern. Außerdem spiele ich eine Karte von meiner Hand aus. Hat sie die gleiche Farbe wie das Aktionsfeld, darf ich zusätzlich ihre Effekt nutzen. Die Effekte werden stärker mit späteren Ären.
(Thomas Mann)
Underwater Cities ist für mich in zweierlei Hinsicht ein Rätsel.
Zunächst das erste Rätsel, nämlich das, welches mir das Spiel stellt. Es geht in der ersten Ära noch sehr behäbig los. Die Ressourcen sind fürchterlich knapp, die Möglichkeiten begrenzt. Ich muss mir also genau überlegen, in was ich investiere. Dabei versuche ich immer eine Karte zu finden, deren Farbe zum Aktionsfeld passt, ansonsten hat man das Gefühl den Zug nicht ausgenutzt und etwas hergeschenkt zu haben. Ich stand oft genug mit einer Idee da, nur um festzustellen, dass mir dafür das nötige Material fehlt. Also nochmals nachdenken und erneut planen. In der ersten Ära lege ich schon Karten in meine Auslage, die mir Dinge erleichtern oder irgendwelche Boni bringen. Die Engine gedeiht.
Das Spiel ist nicht sehr bestrafend (im Gegensatz zu Wasserkraft). Es ist eingermassen schwer sich selbst aus dem Spiel zu schießen. Uns kam es außerdem so vor, als ob der Startspielervorteil nicht besonders groß ist. Vielleicht wird es gerade deshalb belohnt, wenn man sich damit beschäftigt.
Nach der ersten Ära hat man schon deutlich mehr Material zur Verfügung und in der dritten kann man, wenn es gut läuft, richtig klotzen. Und natürlich spielt man in dieser Zeit dann endlich auch die tollen Kombos mit der gebauten Engine. Das läuft dann vielleicht so: Ich baue einen Tunnel und führe eine Aktionskarte aus, mit der darf ich noch einen weiteren Tunnel bauen, weil ich diese Karte habe, bezahle ich für den zweiten Tunnel nichts, außerdem spiele ich noch die Karte, mit der ich einen bereits belegten Aktionsplatz trotzdem nutzen kann, baue damit eine Stadt, für die Stadt bezahle ich aber einen Credit weniger, als die üblichen Kosten. Dieser Wurmsatz soll nur darstellen, was später alles möglich ist. Das sind die Momente wo Underwater Cities sein Potential ausspielt. Wenn der Plan aufgeht und man wie der große Meister die Geschicke der Unterwasserstädte lenkt.
Die Kartenauslage kann gut anwachsen und es kommt besonders bei den Kombos vor, dass irgendetwas vergessen oder übersehen wurde. Wir haben in solchen Fällen immer jeden korrigieren lassen. Das nimmt den Stress aus der Partie, macht es aber teilweise etwas holprig, weil man dann auf „Oh ich hab’ da was vergessen, darf ich noch?“ gefasst sein muss.
Das zweite Rätsel, das sich mir stellt warum, um alles in der Welt, finden so viele Underwater Cities so großartig?
Es ist ein solides Spiel, ich sehe keine Mängel. Viel Spaß hatte ich aber selten dabei. Der Spaß kam meistens, wenn sich Leute irrsinnig freuten eine tolle Karte zu ziehen oder sich verkrampften, wenn es mal wieder gar nicht klappte. Der Trash Talk dabei war grandios, ist nur eben kein Verdienst des Spiels. Die Partien zogen sich teilweise ewig, verliefen weitestgehend spannungsarm und ohne Höhepunkte. Gerade in der ersten Ära sind die Züge nicht gerade aufregend. Das Spiel funktioniert eigentlich nur gut für 2 Personen. Die Downtime bei 3 oder mehr ist viel zu groß. Gerade, weil man seinen Zug häufiger erst zu überdenken beginnt, wenn man an die Reihe kommt. Mit mehr Spielern gewinnt man nichts, außer dass man auf der anderen Seite des Plans mit mehr Aktionen spielt.
Tatsächlich kann man es auch gut allein spielen. Man würde es nicht merken, mal abgesehen davon, dass man allein am Tisch sitzt. Es ist der Prototyp für Mulitplayer Solitair. Mir ist es völlig egal, was der andere macht. Die tolle Kombo, die ich oben beschrieben habe hört sich für die anderen so an, „Jetzt mach ich das, dann das und das und dann noch das und das und dafür zahl‘ ich nix und dafür weniger“ – deren maximale Reaktion, „Ok, schön für dich.“, es ist für die anderen völlig schnuppe. Man kann es auch nicht wie ein Wettrennen verstehen, da erst mit der Schlusswertung die meisten Punkte verteilt werden. Mitten im Spiel ist die Anzahl der gewonnen Punkte sehr moderat und gibt mir wenig Aufschluss darüber, wo ich stehe. Ein Sieg fühlt sich dann auch nicht wie ein Sieg an, man nimmt es eher nur zur Kenntnis.
Underwater Cities ist also ein interessantes, solides Puzzle, das nichts wirklich neu macht und das ich spiele, wenn ich absolut keine Lust auf Interaktion mit meinen Mitspielern habe.
Ich weiss, dass viele dieses Spiel lieben. Mich würde tatsächlich interessieren was Eure Meinung zu meinen Ansichten ist. Schreibt mir das daher sehr, sehr gerne in die Kommentare unten. Ihr braucht dazu keinen User.
Underwater Cities von Vladimir Suchy
Eine solide Knobelei, ohne grosse Höhepunkte. Kaum oder Keine Interaktion mit anderen, daher auch allein spielbar. Maximal zwei Spieler ansonsten ist die Downtime zu gross.
Robert:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen vergünstigt vom Verlag bekommen.
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Christian Renkel
Meine Meinung basiert auf einer einzelnen Partie, die wir gespielt haben. Der Einstieg war leichter, als ich ursprünglich dachte. Der Mangel in der ersten und zweiten Ära sorge für interessante Entscheidungen und verkopfte Aktionen, die aber lediglich für mich selbst interessant waren. Die Züge meiner Mitspieler haben mich im Grunde genommen überhaupt nicht interessiert. Selbst, als Thorsten gejubelt hatte, weil er die gerade passende Karte bekommen und den nächsten Megazug machen konnte, ließ mich das kalt.
Obwohl ich die Partie dann für mich entscheiden konnte, blieb einfach der fade Beigeschmack, dass wir alle auch einfach hätten alleine spielen können, um uns am Ende die erreichten Punkte zu mailen.
Wie gesagt, ich verstehe, dass von dem Spiel eine Faszination ausgeht, wenn man ein Spiel vorwiegend als Rätsel sieht. Mir fehlt da die emotionale Komponente. Außerdem frage ich mich, ob man statt abstrakter Formen (Halbkugeln) nicht besser toll illustrierte Plättchen verwendet hätte…
Thorsten Klauder
Mittlerweile habe ich mehrere Partien zu zweit und zu dritt gespielt. Technisch betrachtet ist Underwater Cities für mich ein Worker Place Game mit Zufallseffekt. Dieser kommt durch die Karten ins Spiel. Es kann frustrierend sein, eine ganze Epoche lang die gleiche Farbe zu ziehen. Dies ist mir in zwei Partien passiert.
Auf der anderen Seite ist es ein spannender Wettlauf. Ich sehe den Städte beim Wachsen und Entstehen zu. Man bekommt seine Aktionen in den Griff und die Siegpunkt-Engine zum Laufen. Dabei gefällt mir die Klarheit. Wie ‚Das tiefe Land‘ oder ‚Burgen von Burgund‘ ist die Anzahl der Aktionen bekannt. Bei Underwater Cities sind genau 10 Runden mit jeweils drei Aktionen. Jeder Aktion muss sitzen. Dabei muss man dem auskommen, was man auf der Hand bsw. auf dem Tisch liegen hat. Ich mag sowas mit alle emotionalen Höhen und Tiefen.
Guglielmo
Unter Wasser ist es bekanntlich recht still. So ist das auch bei Underwater Cities. Interaktion ist hier klein geschrieben und jeder Spieler ist tatsächlich nur mit seiner Welt beschäftigt.
Was die „Nachbarstädte“ so machen interessiert nur marginal. Die Punktevergabe passiert auch erst am Ende des Spiels, dann ist das Kind aber schon in den Brunnen (oder in dem Fall eher zwischen die Korallen) gefallen 😉 bzw. dies ist dann nur noch das abschließende Ende der Partie und eigentlich nicht mehr so richtig interessant.
Das Spielmaterial ist ansprechend und ich gebe Robert recht, die grummelnden Bemerkungen der anderen Mitspieler während deren Spielphase zu verfolgen macht tatsächlich Laune.
Das Spiel selber hat für mich jedoch keinen Wiederspielwert.