SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 7 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Pim Thunborg
erschienen bei Mirakulus
Man lernt ja nie aus. Dass Trolle eine derart positive Einstellung zu Prinzessinnen haben, war mir zumindest bisher nicht bewusst. Gut, wenn ich darüber nachdenke, ist mein Wissen über Trolle auch so sehr beschränkt. Das könnte aber auch daran liegen, dass ich mit der falschen Mythologie aufgewachsen bin.
Zum ersten Mal ist mir das Problem im Bereich der Computerspiele begegnet. In Form von Kings Quest, einem grafischen Textadventure aus grauer Vorzeit. Nicht nur meine nicht vorhandenen Englisch- oder gar Lesekenntnisse stellten ein riesengroßes Problem dar, sondern eben auch, dass ich nicht wusste, dass Ziegen Trolle wohl nicht leiden können. Denn eines der Rätsel basierte genau darauf. Mach mit einer Karotte einer Ziege schöne Augen, führ sie zum Troll und sie wirft ihn dafür von der Brücke.
Also muss ich mich nicht beschweren. Klar sind diverse Begriffe – wie sie auch bei Trolle mögen Prinzessinnen zu finden sind – geläufig. Wie zum Beispiel das Wechselbalg. Also wenn Trolle ihre eigenen Kinder einem Kuckuck gleich mit Babys austauschen. Für Eltern ein durchaus gruseliges Szenario. Genau wie die Angewohnheit von Trollen Kirchenglocken zu zerstören, dem Klerus schlaflose Nächte bereiten dürfte.
Aber ich habe eine gute Nachricht. Ihr benötigt für Trolle mögen keine Prinzessinnen keinerlei Wissen der Folklore. Doch das ist mitunter auch das größte Problem des Brettspiels.
(„Fakten“ aus Trollhunter (Film))
Gerne würde ich euch nun den Ablauf des Spiels in einer kleinen Geschichte zusammenfassen. Nur leider ist dies nicht so richtig möglich. Warum wird euch gleich klar werden. Denn Trolle mögen Prinzessinnen ist ein eher abstraktes Gebilde und die Verwebungen nicht immer greifbar. Was einem klar wird, wenn einem zu Beginn der Anleitung versucht wird, das Konzept nahegebracht zu werden.
Also, wir leiten eine Art Trollkommune in einem Berg nahe einiger Dörfer. In dieser gibt es verschiedene Höhlen für verschiedene Aufgaben. In einer kümmert man sich eher um den Abbau der Rohstoffe, während in einer anderen die Ausbreitung vorangetrieben wird und im letzten einem Fitnessstudio gleich Kraft gesammelt wird.
Am Zug spielen wir nun eine Karte, welche dafür sorgen kann, dass Ressourcen im Dorf nachgefüllt werden. Danach bewegt sich der Trollkönig in seinem Reich und unterstütz nach bestem Wissen und Gewissen. Und damit ihr nun ein Gefühl für das Spiel bekommt, gehe ich weiter ins Detail, als ich es sonst tun würde. Denn nach der Karte werden sich zweimal Trolle bewegen, um einen Spielbereich zu aktivieren.
Am Ziel angekommen zählt ihr die vorhandenen Trolle von euch, Außenposten von euch, Menschen und den Trollkönig zusammen. Dies sind eure Aktionspunkte, die ihr laut Tabelle am Ort verwenden dürft. Ihr möchtet Obsidian abbauen? Kostet 1 Aktionspunkt. Ihr wollt Kraft auftanken? 2 Aktionspunkte. Einen Außenposten errichten. 3 Aktionspunkte und eine Kuh bitteschön.
Im Dorf wird es dann noch etwas komplizierter. Denn hier können auch gegnerische Trolle dazugezählt werden, jedoch nur für bestimmte Aktionen wie das Klauen einer Glocke oder dem Entführen einer Prinzessin. Damit das nicht zu leicht wird, müsst ihr jedoch zuerst eure Höhle vorbereiten.
Über den Baubereich ist es möglich, Höhlenfelder zu kaufen und an euer Höhlensystem anzulegen. Das schafft dann Platz für Prinzessinnen, Glocken, Außenposten und Babys. Gleichzeitig könnt ihr dadurch weitere Rohstofffelder freilegen.
Höhlensysteme können interessante Formen annehmen.
Abgerundet wird das Ganze dann noch mit Trollkarten, Königshöhlenfeldern und zu erfüllenden Aufgaben. Sind alle eure Karten gezogen und gespielt, endet die Partie und ihr rechnet zusammen, wie gut ihr euch geschlagen habt.
(„Fakten“ aus Trollhunter (Film))
Wer beim Blick auf das Cover ein entspanntes, einfaches Spiel erwartet, wird bei der ersten Partie sein blaues Wunder erleben. Trolle mögen Prinzessinnen regt dazu an, den Denkapparat zum Qualmen zu bringen. Ständig solltet ihr drei bis vier Schritte vorausplanen, um dann nicht nur die nötigen Rohstoffe parat zu haben, sondern auch dafür sorgen zu können, dass sich eure Trolle am richtigen Platz befinden.
Wir müssen wohl noch etwas besser planen, um den Umzug einer Prinzessin zu schaffen.
So toll das Thema an sich auch ist – und das liebe ich im Kern – so wenig passt es irgendwo. Denn in diesem Spiel haben wir vor allem eine Aufgabe. Wir sammeln Rohstoffe und veredeln sie. Entgegen anderer Spiele können wir hier aber nur wenig logisch ableiten. So müssen wir für eine Kirchenglocke zum Beispiel drei Obsidian abgeben. Warum? Wir schicken doch die Trolle los. Für was brauchen sie die Rohstoffe?
Trolle mögen Prinzessinnen ist alles in allem ein recht abstraktes Spiel im thematischen Gewand. Ein durchaus interessantes, das jedoch häufig für Downtime sorgt. Selbst Bauchspieler tappen in die Falle, dass sie gedanklich immer weiter optimieren möchten und Züge dafür länger brauchen. Unsere schönsten Runden hatten wir zu zweit. Mit mehr Spielern ist es nicht unbedingt besser geworden. Klar hat man dadurch mehr Möglichkeiten in den Dörfern, aber eben auch sich bis zum eigenen Zug ändernde Bedingungen, was ein vorheriges Planen nur bedingt möglich macht.
So viele Möglichkeiten.
Bei der Optik des Brettspiels bin ich etwas irritiert. Hier treffen märchenhafte Bilder auf Cliparts aus den 90ern. Im Spiel selbst stört es mich zwar kaum – vielleicht hilft die Reduktion sogar eher den Überblick zu bewahren – aber wenn ich mir das Material genauer ansehe, frage ich mich dennoch, was der Sinn dahinter ist. Aber das ist eine Stilfrage und wird schon seinen Grund haben.
Gleiches gilt für die drei Basisrohstoffe, die man in den Minen finden kann. Obsidian, Gold und Diamanten. Diese sehen zwar toll aus, sind in ihrem Handling aber eher suboptimal. Es gibt keine Partie, in der uns nicht mindestens einmal etwas vom Tisch spickt, weil man Goldbarren nur schlecht aufnehmen und halten kann. Außerdem fühlt es sich zwar gut an, ein tolles Höhlensystem aufzubauen, aber das Auslösen des Auffüllens der Rohstoffdepote darin ist durchaus ein Test an die eigene Fingerfertigkeit.
Einen negativen Punkt muss ich noch ansprechen. Die Zufälligkeit des Spiels. Ein paar Bereiche werden über Karten und Plättchen gesteuert, die gezogen werden. Da ist es dann schon ärgerlich, wenn man nur Handkarten hat, die nicht zum eigenen Spiel passen mögen. Oder wenn man wieder einmal die Auslage der Höhlenplättchen erneuert und erneut kein Bett für eine Prinzessin oder ein Feld für eine Glocke dabei ist, die man unbedingt brauchen würde. Jedoch muss man auch dazu sagen, dass das ganz selten dafür sorgt, dass man sinnlose Leerzüge machen muss.
Zum Glück haben wir noch einiges an Rohstoffen abzubauen.
Bleibt jedoch die Frage stehen. Ist Trolle mögen Prinzessinnen denn gut? Ich habe ein paar Anläufe gebraucht, mag das Spiel aber inzwischen. Es ist herausfordernd, ohne zu überfordern und bietet eine interessante Problematik, die es zu bewältigen gibt. Dagegen stehen ein sehr holpriger Einstieg und das sehr abstrakte Grundgerüst. Nur bei den Rohstoffen hätte ich mir etwas haptisch Besseres gewünscht.
Wer nichts dagegen hat, dass Trolle mögen die Prinzessinnen die nächste Version von sammle Rohstoffe und veredle sie ist und auf eine angenehme Herausforderung steht, darf einen Blick wagen. Aber seid gewarnt. Denn das Spiel wird viele Analyse Paralyse Momente mitbringen.
Trolle mögen Prinzessinnen von Pim Thunborg
Keine Liebe auf den ersten Blick. Aber ist man erst einmal im Spiel drin, stellt es einen vor interessante Probleme. Inklusive dem, wie man seine Mitspieler aus der Analyse Paralyse befreit.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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