Thorgal - Spielschachtel

SPIELSTIL Rezension

Thorgal

Lesezeit: 7 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Jan Maurycy, Joanna Kijanka
erschienen bei Pegasus Spiele

- 21.Feb..2025

Die Geschichte von Thorgal Ägrisson klingt irgendwie nach Superman Reloaded. Er wird als Kind im siebten Jahrhundert in einer Raumkapsel gefunden und wächst danach bei einem Vikingerstamm auf. Das kann ja jedem passieren.

Thorgal wurde entwickelt von Joanna Kijanka und Jan Maurycy. Es bringt, die mir bis dato unbekannte, Comic-Serie auf den Tisch. Das kooperative Spiel ist für 1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren geeignet und versucht pro Partie etwa 90 bis 120 Minuten nordisches Fantasy Flair zu verströmen.

Der allein, der viel gereist und durch die Welt gewandert ist und versteht, seinen Verstand zu gebrauchen, kennt Art und Gemüt der Menschen.

(Hávamál)

In Thorgal übernehmen wir einen, aus den Comics bekannten, Charakter. Thorgal, seine Frau Aaricia, deren Sohn Jolan oder die Kriegerin Kriss. Thorgal spielt man kooperativ, daher versuchen wir gemeinsam eines der sieben völlig unabhängigen Abenteuer zu lösen. Jedes davon findet auf einer Doppelseite im „Atlas der Abenteuer“ statt. Sie sind eine Mischung aus nordischer Mythologie gepaart mit Themen aus den Comics. Wie bei kooperativen Spielen üblich, führen erst wir Aktionen aus, danach wirft uns das Spiel über Karten und Events meistens Schwierigkeiten vor oder auf die Füße. Mit den Aktionen bewegen wir uns über das Spielfeld, sammeln Ressourcen, erfüllen Forderungen der Bewohner des Szenarios nach Ressourcen, Kämpfen mit Gegnern oder stellen Gegenstände her, die uns das Leben etwas leichter machen.

Thorgal - Ein Szenario

Das ist das erste Szenario von Thorgal.

Aktionen werden durch Karten dargestellt, die in einer Leiste nebeneinander liegen. Man wählt eine aus, indem man einen der 4 Aktionschips von einer Karte zur anderen verschiebt. Die Auswahl erfordert Abstimmung innerhalb der Gruppe, da die Reihenfolge der Aktionen entscheidend für den Erfolg ist. Je nach Position der Karte und der anderen Chips bekommt man einen Bonus, was die Aktion deutlich verstärken kann.

Feinde werden als völlig abstrakte Muster auf Karten, mit Boni und schwarzen Herzen, dargestellt. Im Kampf besiegt man sie, indem man schwarze Herzen mit erwürfelten “Tetris” Teilen abdeckt. Je stärker der Gegner, umso mehr schwarze Herzen hat er. Boni sind entweder Ressourcen oder Erfahrung, die den Charakter stärker werden lässt.

Thorgal - Die Kampfwürfel

Mit diesen Würfel bestimmt man welche Polyomino Teile man für den Kampf gegen Feinde bekommt.

Erlittene Wunden sind ebenfalls “Tetris” Teile, die man geschickt auf dem eigenen Tableau versucht unterzubringen.

Die Partie endet, wenn eine allgemeine oder für das Szenario spezifische Bedingung erfüllt ist. Eine allgemeine ist beispielsweise die Anzahl der Runden, nach der 9. Runde ist immer Schluss.

Macht Platz am Feuer für den Fremden, seine Knie sind vor Kälte steif. Auch Kost braucht und Kleidung, wer über Berge gewandert.

(Hávamál)

Robert meint:

Kennt ihr das? Ihr kocht etwas mit ganz ganz tollen Zutaten und das Ergebnis ist einfach nur so semi?
Thorgal vereint viele schöne Mechanismen, die leider kein tolles Spiel ergeben.

Thorgal ist kein Kampagnenspiel. Es basiert stattdessen auf sieben unabhängigen Szenarien. Ich kann mir also irgendeines im “Atlas der Abenteuer” aussuchen und loslegen. Diese Doppelseite im “Atlas” dient auch gleichzeitig als Spielfeld. Es ist eine tolle Illustration im Stil der Thorgal Comics bzw. der klassischen ligne claire. Was natürlich deutlich stimmungsvoller ist, als abstrakte, generische Pappteile, die zusammengesetzt werden. “Unabhängig” bedeutet jedoch auch, dass jeder Fortschritt, einer vorhergehenden Partie zurückgesetzt wird und man immer von neuem beginnt.

Thorgal - Ein weiteres Szenario

Kriss und Jolan im dritten Szenario

Ein Zug ist “eigentlich” eine simple Sache, Aktion wählen, ausführen, nächster Spielender. Doch Thorgal macht die Wahl zur interessanten Qual. Aktionen werden über Karten dargestellt. Jedes Szenario bestimmt mit welchen sechs Karten aus dem Deck begonnen wird. Gewöhnlich hat man immer alle möglichen Aktionen zur Verfügung, aber die Karten unterscheiden sich in Details. Man wählt eine Aktion, in dem man einen Chip von einer Karte zu der gewünschten bewegt. Und da beginnt es spannend zu werden, denn die anderen Chips haben oft eine Bedeutung. Viele Karten geben einen Bonus, wenn links von ihnen weitere Chips liegen. Dieser Bonus ist sehr oft entscheidend mit welcher Stärke die Aktion ausgeführt wird. Wie viele Dinge darf ich einsammeln? Wie viele Ressourcen darf ich ablegen? Wie weit kann ich mich bewegen? Daher ist es besonders wichtig sich zu überlegen, wann man welche Aktion ausführt, man ist also sehr gut beraten, dabei auch an zukünftige Aktionen zu denken. Thorgal geht bei den Aktionskarten noch einen Schritt weiter. Manche Aufgaben in den Szenarien geben neue Aktionskarten als Belohnung. Dies ersetzt immer eine bereits ausliegende. Der Tausch ist freiwillig, er ist aber oft genug eine gute Option. Die neue Karte bietet oft stärkere oder passendere Boni oder wird an einer günstigeren Position eingeordnet.

Thorgal - Aktionskarten und Chips

Die Aktionskarten bestimmen die Aktionen und welche Boni es gibt. Mit den Chips wählt man die Aktion.

Im Laufe eines Szenarios wird man nicht umhin kommen gegen Feinde zu kämpfen. Stellt man sich einem, zieht man entsprechend der Stärke des Plättchens auf dem Szenario eine Karte der gleichen Stärke. Die Karte zeigt ein abstraktes Raster mit schwarzen Herzen, gelben und roten Feldern sowie weiteren Symbolen, wie Ressource und Erfahrungspunkte. Der Feind ist besiegt, wenn man mit den erwürfelten Polyominoplättchen, Entschuldigung Tetris-Plättchen, alle schwarzen Herzen abgedeckt hat. Gelingt es noch Ressourcen oder Erfahrungspunkte (Sterne) abzudecken bekommt man diese auch. Erleidet man selbst eine Wunde, nimmt man ebenfalls ein Tetris-Plättchen entsprechender Größe und puzzelt es in das eigene Spielertableau. Den Einsatz der Plättchen finde ich sehr gelungen. Obwohl ich des Öfteren in die Tischkante beißen wollte, nachdem ich mal wieder Murks gewürfelt hatte und es haareraufend nicht schaffte die nötigen Felder abzudecken.

Thorgal - Thorgals Spielertableau

Das Spielertableau von Thorgal. Er hat schon an Erfahrung gewonnen aber auch Wunden erlitten.

Gibt man gewonnene Erfahrung für den Kampf aus, bekommt man bessere oder mehr Kampfwürfel. Das ist teilweise bitter nötig. Je stärker der Feind umso mehr schwarze Herzen muss man abdecken und die sind immer ordentlich über die ganze Karte verteilt.

Das alles klingt doch gut! Es liegt, wie erwähnt, nicht an den Mechanismen, sondern daran was das Spiel mit uns machte, während wir am Tisch saßen. Und wie soll ich sagen? Völlig egal welches Szenario wir spielten, es war uns eigentlich fast völlig egal ob Thorgal mit seiner Crew erfolgreich durch seine Herausforderungen kam oder nicht. Das Spiel hat uns zu keiner Sekunde gefesselt. Ja vieles, was man im Spiel machte gefiel uns, doch das Spielgefühl selbst rangierte zwischen öde und leicht frustrierend. Die meiste Zeit eierten wir planlos über den Plan, ließen die Ereignisse über uns ergehen, während wir versuchten herauszufinden was zu tun ist. Man wird vom Spiel in gewisser Hinsicht geführt. In frühen Runden darf man nicht jedes Feld betreten. So ist man in seinen Entscheidungen erst einmal beschränkt. Die einzelnen Felder zeigen, was man tun muss und was man ungefähr dafür bekommt.

Thorgal - Spielsituation

Im Vordergrund. Links liegen zwei Feinde, die man bekämpfen muss. Rechts müssen 3 Steine abgelegt werden. Bei dem einen wird Abschnitt 13, beim anderen 14 abgelesen.

Die haben wir auch immer brav abgeklappert, um dem Ziel näher zu kommen. Sollte das Spiel in irgendeiner Weise ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugen wollen, so ist ihm das bei uns nie gelungen empfunden. Mir ist klar, Vergleiche hinken, trotzdem möchte ich kurz einen Ausflug in Richtung Pandemic machen, um es besser illustrieren zu können, um was es mir geht. Im Gegensatz zu Thorgal zeigt mir beispielsweise Pandemic ganz deutlich, was das Problem ist und was getan werden sollte. Oft genug stehe ich dort vor einem Dilemma, weil ich nicht weiß, wo ich zuerst hingehen soll, weil die “Zeit” gegen mich arbeitet. Ich kann auch regelrecht sehen, wie mir das Spiel demnächst um die Ohren fliegen wird, wenn ich nicht handle. Thorgal macht wenig/nichts davon. Die Handlungen fühlten sich selten wichtig oder relevant an, obwohl sie zum Sieg führten.

Dir hat die Rezension gefallen? Du denkst wir liegen völlig daneben? Lass uns wissen was du denkst.
Thorgal - Spielschachtel

Thorgal bietet sehr viel. Gute und miteinander verzahnte Mechanismen, ein schönes Ringbuch mit Szenarien die aus dem Comic kommen könnten.
Leider ist der Spielspaß auf Thorgals reisen abhanden gekommen.

Spielstil – Wertung

Robert:

5/10
Das gefiel uns
  • Tolle Mechanismen
  • Schönes und stimmiges Design der Szenarien
Das nicht so
  • Ödes Spielerlebnis trotz toller Mechanismen
Hier bekommt ihr „Thorgal“

ThaliaBuecher.deMilan-Spiele

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Robert Alstetter

Lieber Spiele mit Interaktion als stundenlanges solitäres Tüfteln. Gerne auch komplexes. Eher eine lange Partie als viele kurze. Kooperativ ist fein, wenn man sich nicht gespielt fühlt - Rollenspieler - Brettspielsammler mit Hang zum Minimalismus Ansonsten: Hobbykoch und ProfiEsser - softwarebegeistert - Sportlaie auf dem Mountainbike - Musikkonsument

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