SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 7 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Tomáš Holek
erschienen bei Czech Games Edition
Auf der Spiel 2024 war man einer Vielzahl an neuen Spielen ausgesetzt. Doch wenige Titel sind dieses Jahr so im Fokus wie SETI. Ein Brettspiel über die Forschung und Entdeckung außerirdischen Lebens. Auch wir waren verzaubert vom Anblick des Brettspiels. Die hell hervorstechende Sonne, um die sich auf Scheiben Planeten und Asteroiden drehten, während man mit Sonden durchs All fliegt.
Das alles versprach eines. Ein Spiel, bei dem man den Hang zur Science Fiction genauso befriedigen kann, wie die Lust sich das Hirn zu zermartern. Ich habe unlängst die Trisolaris Trilogie von Cixin Liu abgeschlossen und war dadurch vielleicht auch schon etwas vorbelastet, was das Thema anging. So habe ich dann am Spieltisch meine Mitspieler auch regelmäßig mit der dunkler Wald Theorie genervt. Ihr kennt das, wenn man denkt, etwas Witziges, aber Stilvolles und Intelligentes gesagt zu haben und alle anderen einen nur mitleidig ansehen. Hier war ich der Prototyp dafür.
Aber nichts desto trotz sind wir das Abenteuer SETI angegangen. Wir haben geforscht, entdeckt und uns gegen diverse Widrigkeiten durchgesetzt. Zwei Dinge sind uns dabei immer bewusster geworden. Das Spiel selbst wirkt auf den ersten Blick komplizierter, als es dann doch ist. Und nicht jeder Kontakt zu außerirdischem Leben muss schlecht sein.
(Arthur C. Clarke)
Eine Partie Seti besteht aus vielen kleinen Aktionen, die uns am Ende zu den meisten Siegpunkten führen sollen. Am Zug können wir uns für eine von ihnen entscheiden. Wir starten Sonden, die wir ins All schicken und zu Planeten manövrieren, wo wir sie dann als Satellit oder Lander einsetzen. Wir scannen das All nach Daten, die wir dann im Computer analysieren. Oder wir spielen eine Handkarte aus und nutzen ihren Effekt.
Damit alles immer besser von der Hand geht, ist es auch noch möglich sich eine neue Forschung zu kaufen. So erhöhen wir entweder die Fähigkeiten unseres Computers, der Scans im All oder unsere Sonden, mit denen wir das Sonnensystem analysieren. Garniert wird das Ganze durch diverse freie Aktionen, die wir verwenden können. Jede Handkarte bring ihre eigene mit. Außerdem ist es noch möglich Satelliten durch Energie zu bewegen oder Rohstoffe zu tauschen.
Aber warum machen wir das alles? Die einzelnen Aktionen sorgen dafür, dass wir unterschiedliches Wissen über Alienrassen aufsammeln. Es gibt davon drei Stück. Rote, die beim Scann des Alls erwerbbar sind. Gelbe, die wir auf Planeten und deren Monden vorfinden können. Und die blauen, die durch die Analyse von Daten in unserem Computer erhalten werden. Hat eine Alienrasse alle drei einer Art, wird sie entdeckt und es gibt weitere Sonderregeln zu beachten.
Garniert wird das ganze durch ein Sonnensystem, das im steten Wandel ist. Zu gegebenen Zeiten – die wir teilweise manipulieren können – drehen sich die Planeten um die Sonne und bewegen dabei alle Sonden auf ihrem Weg mit sich. So ist es durch geschickte Planung durchaus möglich Rohstoffe zu sparen.
Nach fünf Runden endet das Abenteuer im All und es gewinnt, wer die meisten Punkte vorweisen kann.
Die komplette Spielregel zu SETI: Auf der Suche nach außerirdischem Leben findet ihr hier. (externer Link)
(Carl Sagan)
SETI hat ein riesengroßes Problem. Und damit meine ich nicht die Analyse Paralyse Anfälligkeit, die der Titel mit sich bringt. Nein, vor dem Spielspaß steht erst einmal eine Art große Überforderung, die dafür sorgen kann, dass neue Spieler die Flinte ins Korn werfen. Auch wenn das Spiel keine Sandbox im klassischen Sinne ist, hat man Euro typisch mehr oder weniger interessante Wege, die dann auch noch miteinander verzahnt sind. Das sorgt dann dafür, dass wir zuerst einmal keine Ahnung haben, was nun sinnvoll ist oder nicht.
Ich persönlich bin einer derjenigen, der in der ersten Partie einfach vor sich hin spielt. Den Wegen folgt, die mich zu dem Zeitpunkt interessieren und mich dann überraschen lässt, was denn so passiert. Aber ich habe auch Partien erlebt, in denen Mitspieler beinahe daran verzweifelt sind, weil sie nicht wussten, was sie denn machen sollen. Das waren dann auch meist die Partien, die durch eine Art selbsterfüllenden Prophezeiung verflucht waren. Denn diese Partien zogen sich unglaublich in die Länge – weit jenseits der 3 Stunden Marke -, während alle das Gefühl hatten, dass das Spiel dafür sorgte.
Versteht mich nicht falsch. Ich kann mir gut vorstellen, dass SETI in der falschen Runde zu einem Monster werden kann, bei dem Mitspieler alles bis ins kleinste Detail planen möchten und dadurch die Zeit am Tisch ins Unglaubliche expandieren. Aber ich persönlich bin jedoch auch der Meinung, dass das Spiel dann eben dadurch als uninteressant wahrgenommen werden könnte, weil unterschiedliche Erwartungen aufeinandertreffen.
Dabei steckt SETI eigentlich voller schneller, kleiner Züge, die einen nie bestrafen. Man kann immer etwas daraus ziehen und Stück für Stück vorankommen. Mit mehr Einkommen, kann man schöne Ketten auslösen. Dadurch werden die Aktionen für einen wertiger, was alles in allem zu einem guten Gefühl führt. Und genau das liebe ich an dem Spiel.
Es ist ein Wettlauf um die interessantesten Plätze auf dem Spielfeld. Diese möchte man seinen Gegnern nicht überlassen und so muss man jeden Vorteil für sich ausnutzen. Das sorgt dann für die nötigen Emotionen im Spiel. Auch, wenn es im Kern eine äußerst solitäre Erfahrung ist.
Gefallen haben mir vor allem die unterschiedlichen Alien-Arten, die es zu entdecken gibt. Alle mit ihrer eigenen Art das Spiel zu beeinflussen. Mal mit einer Art Push-your-Luck Element, mal darauf ausgelegt im richtigen Rhythmus Siegpunkte zu generieren. Klasse! Dennoch freue ich mich auf Erweiterungen, die auch mal Außerirdische ins Spiel bringen, die ins Spielgeschehen eingreifen und eine Partie auf den Kopf stellen können.
Ein Problem habe ich dann dennoch mit SETI. Man merkt, dass das Scannen des Alls auf eine volle Spielerzahl ausgelegt ist. Sitzen zu wenige am Tisch, ist dieser Aspekt ziemlich witzlos. Wie es für Mehrheiten Aspekte eines Spiels häufig der Fall ist. Natürlich brauchen wir die Daten an sich, aber der spannende Wettlauf fehlt hier dann. Ja, das ist nur ein kleiner Aspekt und nicht spielentscheidend, aber dennoch hätte ich mir hier eine Lösung gewünscht. Eine Skalierung der Einsetzfelder zum Beispiel.
Aber dennoch holt mich persönlich SETI voll ab. Das Thema stimmt für mich genauso, wie die Mechaniken an sich. Ich mag die schnellen Züge, die möglich sind – das Schicksal bewahre mich hier aber vor Analyse Paralyse Spielern! Ob alle Wege gleich lukrativ sind, kann ich aktuell noch nicht beurteilen. Ich hatte Partien, die arg in Schieflage geraten sind, weil wir einem Spieler die besten Monde überlassen hatten. Andere wiederum konnte ich dank erfolgreicher Nutzung des Scannens und des Computers fast perfekt ausgleichen.
Aber, das werde ich in Zukunft hoffentlich herausfinden. Denn auch, wenn ich für den Test viele Partien gespielt habe, ist für mich die Luft noch nicht raus. Nur meine Mitspieler sind, glaube ich, eher froh jetzt erst einmal wieder etwas anderes spielen zu dürfen. Bei ihnen ist das Spiel teilweise weit weniger gut angekommen, als bei mir. Wobei die überwiegende Mehrheit dann doch positiv gestimmt war.
SETI: Auf der Suche nach außerirdischem Leben von Tomáš Holek
Ein tolles Spiel mit einem Thema, das mich voll und ganz abholt. Sollte eure erste Partie holprig laufen, wagt unbedingt ein paar weitere. Es wird immer besser.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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Gnislew
Darf ich Fragen, was du am Regelheft seltsam fandest?
Sören
Das wollte ich auch gerade fragen. Das Detail hast du irgendwie vergessen, genauer zu beschreiben.
Christian Renkel
Bitte entschuldige die Verzögerung in der Antwort, aber ich bin aktuell krank.
Es gab ein paar Stellen, über die ich mehr gestolpert bin, als ich es wahrscheinlich hätte müssen. Vor allem, weil es sich irgendwie komplett anders liest als viele andere Regelhefte. Die Schritte werden sehr grafisch und ruckelig (sorry, mir fehlt gerade das richtige Wort dafür) dargestellt. So verfestigen sie sich bei mir persönlich weniger, als wenn ich die Regeln lese und im Anschluss dann anhand eines Beispiels nachvollziehe.
Das war schon mal die Doppelseite zum Starten einer Sonde. Gut, hier gab es natürlich zum ersten eine große Überraschung, weil es eben so ungewöhnlich aufbereitet war.
Als nächstes war dann das Scannen ein gedankliches Problem, weil ich die Sektoren (mit ihren Farben) und die Lage der Planeten zu diesen noch nicht verinnerlicht hatte.
Dann gibt es ja noch die Missionen mit Bedingung und Auslösbare Missionen. Dieser Unterschied hatte sich mir im Text nicht ganz erschlossen.
Jetzt im Nachgang ist es nicht mehr so leicht nachzuvollziehen, warum ich überhaupt Probleme hatte. Aber das Aufbereiten hatte so seine Tücken. Obwohl das Spiel eigentlich sehr logisch aufgebaut und nicht schwer zu verstehen ist.