Wäre der gute Tetzel heute unterwegs, er würde keine Ablassbriefe mehr auf klassischem Wege verkaufen. Längst wäre eine App online, mit der man bequem seine Sünden gegen In-App-Käufe beseitigen könnte. Natürlich inklusive der Möglichkeit direkt anzuhaken, was man denn gemacht hat. Zweimal geflucht? Nimm das Paket mit 10 Edelsteinen, davon bezahlst du dann insgesamt 2 x 4 und hast noch ein halbes Mal gut. Oder nimm doch besser gleich 1.000 Edelsteine, denn die kosten nur minimal mehr, aber reichen dir einen ganzen Monat… Vielleicht… Doch Tetzels Zeit ist längst vorbei und so werden wir es bei „Mea Culpa“ auch nicht ganz so leicht haben, an begehrte Ablassbriefe zu kommen, um ins Himmelsreich zu gelangen.
Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen und nicht die Gerechten.
(Bibel)
In Mea Culpa bedienen wir uns diverser Helfer, um mit größeren oder kleinen Sünden an Ablassbriefe zu kommen. Wir besuchen munter das Freudenhaus, handeln am Markt und Spenden für den Dombau, was das Zeug hält. Denn zum Schluss zählt nicht, wie schlecht man war, sondern wie weit man sich auf dem Weg ins Himmelsreich freikaufen konnte.
Bebilderte Beispielszüge findet ihr in dieser Galerie:
Sünde ist eine mythologische Bezeichnung für schlechte Geschäfte.
(Frank Wedekind)
Lange Zeit ist es her, dass ich bei der Lektüre einer Anleitung mit Tränen in den Augen da saß. „Mea Culpa“ schafft es bereits hier das Thema humorvoll rüber zu bringen und einzustimmen in eine, für die heutige Zeit, abstruse Sicht der Dinge. Der Humor selbst spiegelt sich natürlich auch in der Optik wieder und wurde versucht in Spielmechanismen umzusetzen. Das funktioniert leider nur teilweise. Denn, man merkt dem Regelwerk bereits an, dass viele Mechanismen weniger einer Abstraktion, sondern eher dem Humor geschuldet sind. Als Beispiel sei der Besuch des Papstes im Freudenhaus genannt, wenn er denn mal auf „Reisen“ geht.
Dabei setzt sich „Mea Culpa“ gekonnt zwischen die Stühle. Denn für ein taktisches Spiel ist es zu chaotisch, für ein chaotisches Spiel zu taktisch. Die blinde Auktion zu Beginn jeder Runde verhindert zum Beispiel schon einmal einen Teil der Planung. Natürlich kann man dies als Stilmittel geltend machen und die Idee hinter den Kerbhölzern ist auch im Ansatz sehr interessant, jedoch trägt sie selten zur Steigerung der Spannung bei. Glücklicherweise lässt sich mit jedem der Charaktere etwas anstellen, so dass ein schlechtes Gebot einen nicht ganz aussichtslos da stehen lässt.
Was jedoch schade ist, ist die Tatsache, dass gewisse Ablassbriefe nur schwer gesammelt werden können. Die gelben landen zumeist beim kleinen Sünder, die blauen bei demjenigen, der gut im Dombau gespendet hat. Natürlich kann man nun sagen, dass man eben gut spielen muss, um diese zu erhalten, jedoch gibt es zu häufig Situationen, in denen einzelne Spieler einfach leer ausgehen und entsprechend frustriert werden können. Hier wären alternative Methoden auflockernd gewesen.
Meiner Meinung nach hätte es „Mea Culpa“ besser zu Gesicht gestanden, wenn es sich auf einen Aspekt mehr konzentriert hätte. Planbarkeit oder Chaos. Die Mischung von beidem klappt hier nicht so richtig. Wobei ich gleichzeitig anmerken möchte, dass mir die Thematik an sich sehr gut gefällt! Es wäre toll, wenn sich mehr Spiele trauen würden abseits bekannter Pfade nach einem derartigen Konzept umzusehen. Und sofern es gewirkt hat, dass „Mea Culpa“ komplett durchgefallen ist, liegt es daran, dass ich oben wahrscheinlich zu sehr auf die negativen Aspekte eingegangen bin. Denn „Mea Culpa“ ist kein Rein- sondern ein Sonderfall. Es polarisiert selbst innerhalb bestehender Spielrunden. Dabei kann eine Partie sehr gut funktionieren und die nächste sich lange hinziehen. Auch trägt die Metaebene unter den Spielern viel zum Erfolg in einer Spielrunde bei. Dabei hilfreich sind Zusatzregeln, die die Spieler dazu auffordern nach „Sünden“ (un- und absichtliche Mogeleien) der Gegner Ausschau zu halten und diese anzuzeigen. Dabei bleibt es ein Spiel mit einem Augenzwinkern, das, wenn es zu ernst genommen wird, einfach nur verlieren kann.
Besonders lobend erwähnt werden sollte das Material. Dieses ist nicht nur zweckdienlich, sondern einfach hübsch gestaltet. Das beginnt beim Spielplan, geht über die Kerbhölzer und endet bei den „Steichholzschachteln“ in denen man geheim die Spenden sammelt.
Mea Culpa
Zoch 2016
Autor: Rüdiger Kopf & Klaus Zoch |
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Dauer: ca. 90 Minuten |
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Spieler: 2-4 | |
Schwierigkeit: Fortgeschrittene |
Anmerkungen
Mea Culpa – Zoch – 2016
- Erscheint bei Zoch
- Für 2-4 Spielende und dauert ca. 90 Minuten
- Am besten geeignet für Fortgeschrittene
Spielstil – Wertung
Hinweis:
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