SPIELSTIL Rezension

Barbarossa – Japanime Games – 2015

Lesezeit: 4 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Atsuo Yoshizawa
erschienen bei Japanime Games

Ich bin ehrlich… ich war nicht der beste Schüler im Fach Geschichte. Aber selbst ich habe sofort erkannt, dass bei „Barbarossa“ so einiges frei interpretiert wurde. Oder sagen wir so, es wurde ein alternatives Universum verwendet. Mit dieser Erklärung schafft man sogar eine Plausibilität für halbnackte Mädels zu erschaffen, die im zweiten Weltkrieg gen Moskau ziehen. Wie gesagt, ein gewagter Versuch für eine Erklärung, der bereits zeigt, dass die Macher das Thema nicht allzu ernst nehmen.

Wobei sich da natürlich die Frage stellt: „Darf ein Spiel über den schrecklichsten Krieg der moderne vermeintlich lustig sein?“. Eine Frage, die ich hier nicht beantworte. Denn, Menschen sind unterschiedlich. Es wird einige geben, die Schulterzuckend dastehen und die Aufregung von anderen nicht verstehen würden. Diese sofort als gefühlskalt abzustempeln wäre zu weit gegriffen. Und selbst, wenn das Thema zweiter Weltkrieg nicht wäre, hält man ein offensichtlich sexistisches Spiel in der Hand. Als Objekt degradierte Frauen in Wehrmachtsuniformen, hier ist für nicht wenige eine Grenze des guten Geschmacks überschritten. Verständlich. Aber eines kann ich euch bereits jetzt sagen. Keines der Bilder ist auf irgendeine Art „erregend“. Anders sogar, die Bilder treten schnell in den Hintergrund, denn wir haben es hier mit einem Deckbuilder zu tun. Und hier ist es wie immer, die Kartentexte sind wichtig.

Es gäbe natürlich noch einiges zum Thema und der optischen Aufmachung zu sagen, aber das würde den Rahmen hier sprengen. Wenn ich es zeitlich hinbekomme, werde ich hierzu einen separaten Artikel verfassen. Bis dahin sei mir verziehen, dass ich – auch im Fazit – nicht näher darauf eingehen, sondern rein über das Spiel an sich berichten werde. Das soll weder eine Verharmlosung, noch ein Ausdruck von Prüderie sein.


No matter what we plan, without the supplies it’s all in vain.

(Kartentext – Strategic Planning)

In „Barbarossa“ treten die Spieler gegeneinander auf der Seite der Deutschen, in einem Wettlauf um Siegpunkte, an. Hierzu erweitern wir unser Deck über Käufe, die unsere Aktionen immer vielfältiger machen. Ziel ist es Truppen in unser Deck und von dort an unsere Front zu befördern und die ausliegenden, russischen Städte einzunehmen, die einen Großteil der Siegpunkte ausmachen. Wer nach der Eroberung Moskaus die meisten Punkte hat, gewinnt.

In dieser Galerie findet ihr einen kurzen Ablauf des Spiels:

Normalerweise spielt man "Barbarossa" nicht alleine. Da die Züge so jedoch übersichtlicher sind, habe ich mich für diese Präsentation entschieden.
Dies ist unsere erste Kartenhand. In unserem Zug haben wir 1 "Tactic" Punkt, den wir verwenden können.
Da diese Karten alle 0 Punkte kosten, können wir sie ausspielen. Jede der Karte bringt 1 "Supply" Punkt, wodurch wir insgesamt 4 gesammelt haben.
In der Kaufphase haben wir 1 "Reinforcement" Punkt. Jeder Punkt erlaubt uns den Kauf 1 Karte. Wir entscheiden uns für diese hier. Die Karte kostet 4, was sich mit unseren "Supply" Punkten deckt.
Alle ausgespielten, sowie gekauften Karten wandern auf den Ablagestapel.
Danach ziehen wir wieder auf 4 Handkarten.
Dies ist unsere nächste Kartenhand. Erneut haben wir 1 "Tactic" Punkt, den wir nutzen dürfen.
Für diesen spielen wir das "Feldersatz Battalion" aus, welches uns 1 "Tactic" Punkt kostet. Danach werden die Aktionen im weißen Textfeld abgehandelt.
Deploy bedeutet, dass wir die Karte an unsere Front schicken. Und zwar exhausted (= erschöpft).
Danach spielen wir 2 weitere, kostenlose Karten, welche uns 2 "Supply" Punkte bescheren.
Eine Karte behalten wir für die nächste Runde auf der Hand.
Für unsere 2 "Supply" Punkte kaufen wir diese Karte.
Alle gespielten (bis auf die Front) und die gekaufte Karte wandern auf den Ablagestapel.
Da wir eine Karte behalten haben, ziehen wir 3 weitere nach.
Dies ist unsere nächste Kartenhand.
Für unseren "Tactic" Punkt spielen wir diese Karte. Sie gibt uns einen weiteren "Tactic" Punkt und wir dürfen 1 Karte ziehen. Zusätzlich dürften wir eine Karte vom Deck des Gegners ansehen und manipulieren.
Wir ziehen also eine Karte.
Diese spielen wir sofort für unseren gewonnenen "Tactic" Punkt. Durch sie erhalten wir 2 Angriffspunkte. Jedoch ist die andere Eigenschaft aktuell interessanter.
Wir vernichten dafür diese "Supply" Karte.
Und schnappen uns eine, die 2 mehr kostet. Diese wandert auf unseren Ablagestapel.
Zuletzt spielen wir unseren "Horse-drawn Transport".
Und kaufen das "Grenadier Regiment".
Ein paar Runden später ist dies unsere Kartenhand.
Wir spielen die "Commando Troops".
Dafür ziehen wir eine Karte.
Als nächstes spielen wir das "Grenadier Regiment". Durch dieses erhalten wir 1 "Reinforcement" Punkt (= zusätzlicher Kauf).
Danach wandert die Karte erschöpft an unsere Front.
Als nächstes verwenden wir diese Karte, die bereits an der Front liegt.
Wir müssen sie erschöpfen.
Danach wandert sie auf den Ablagestapel. Dadurch erhalten wir jedoch einen weiteren "Tactic" Punkt.
Mit diesem spielen wir "Airdrop" aus. Diese gibt uns 3 "Supply" Punkte und einen weiteren Kauf.
Zusätzlich kommen noch folgende Supply Karten dazu. Wir haben also für diese Kaufphase 6 "Supply" Punkte und könnten 3 Käufe tätigen.
Da wir uns noch in unserer "Tactic" Phase befinden, starten wir mit Karten, die wir an der Front haben, einen Angriff.
Wir erschöpfen diese 2 Karten, wodurch wir insgesamt 3 Angriffspunkte erhalten.
Diese benötigen wir um einen befestigten Hügel einzunehmen.
Dieser wandert auch in unsere Front-Auslage.
Nachdem die Taktik-Phase abgeschlossen ist, kaufen wir diese 2 Karten.
Die ausgespielten und gekauften Karten wandern auf den Ablagestapel.
Die Karte "Airdrop" jedoch nicht. Diese muss zurück auf den Stapel gelegt werden, von dem wir sie gekauft hatten.
Kommen wir zur letzten Beispielsrunde. Dies ist unsere Kartenhand.
Wir beginnen mit der Artillerie. Diese gibt uns 1 "Tactic" Punkt und 4 Angriffspunkte.
Als nächstes spielen wir das "Engineer Battalion", welches uns 2 weitere Angriffspunkte gibt. Wir haben also bereits 6 für diese Runde gesammelt.
Zusätzlich vernichten wir eine Supply Karte.
Dafür gibt es dann eine Karte, die 2 mehr kostet.
Nun kündigen wir an "Kharkov" anzugreifen. Hierfür benötigen wir 12 Angriffspunkte.
Jedoch bleibt es nicht dabei. Denn...
... zusätzlich wird die oberste Karte des "Event" Decks gezogen. Die Stadt hat also aktuell eine Gesamtverteidigung in Höhe von 18 Punkten.
Wir erinnern uns, 6 haben wir durch unsere ausgespielten Karten.
Zusätzlich wählen wir diese Karten von der Front. Alle haben die Eigenschaft, dass Sie uns Angriffspunkte geben, wenn wir sie erschöpfen. Und zwar genau 8 Punkte, wodurch unsere Gesamtangriffskraft auf 14 ansteigt.
Da das immer noch nicht genügt, schwächen wir die Stadt, indem wir 4 befestigte Hügel abwerfen. Diese verringern die Verteidigung jeweils um 1 Punkt, wodurch die Stadt von 18 auf 14 Verteidigung fällt.
Wir haben die Stadt erobert. Diese wird an unserer Front platziert.
Zusätzlich müssen wir den roten Text abhandeln. Da wir aktuell keine Tanks (= Panzer) an unserer Front haben, müssen wir zwei dort platzierte Armee-Einheiten abwerfen.
Wir entscheiden uns für diese zwei, die auf unserem Ablagestapel landen.
Als zusätzlichen Bonus erhalten wir die Event-Karte in unser Deck.
So geht das Spiel weiter, bis ein Spieler Moskau erobert hat.
Ist das Spiel vorbei, zählt jeder Spiele die errungenen Siegpunkte. Wer die meisten hat, gewinnt.

We do just as well as those tanks! You just have to use us correctly…

(Kartentext – Assault Gun Battalion)

„Barbarossa“ ist ein reinrassiger Deckbuilder, der seine Besonderheit durch den etwas anderen Punkteerwerb erzielt. Es werden weder Siegpunktkarten direkt gekauft (wie zum Beispiel bei Dominion), noch ins eigene Deck integriert. Dies, und die an die Front ausgespielten Karten, dünnen das Deck entsprechend aus. Das beschleunigt das Spiel selbst, sorgt aber auch dafür, dass ein „reiner“ Ausbau der Front gefördert wird. Dies ist der Grund, warum meine Frau nicht mehr mit mir spielen möchte. Denn ich verfolge geradlinig mein Ziel, baue meine Truppen aus und nutze sie möglichst effektiv. Das ist aus ihrer Sicht langweilig. Ich persönlich mag das Vorgehen jedoch, da es das Herz des Spiels für mich ausmacht.

Zu Beginn ist man von der Vielzahl an Karten fast schon überfordert, denn anders, als bei anderen Deckbuildern, spielt man immer mit (fast) allen verfügbaren Karten. Das verringert dann entsprechend die Varianz. Denn schon bald hat man seine „Lieblingskarten“ gefunden, auf die man sich nun eher mehr als weniger konzentriert. So spielt sich „Barbarossa“ gerade heraus und ohne unnützen Ballast.

Die erste Partie sind diverse Begrifflichkeiten verwirrend. So kopiert „Barbarossa“ zwar bestehende Konzepte, verpackt sie jedoch in Spezialbegriffe, die man sich erst erarbeiten muss. Das macht den Einstieg etwas holprig, stört aber ab der zweiten Partie nicht mehr.

Ein großer Kritikpunkt bleibt jedoch bestehen. Auch „Barbarossa“ hat das typische Problem eines Deckbuilders. Man spielt vorwiegend für sich alleine. So optimiert man vor sich hin und versucht im Wettlauf schneller zu sein, als sein Gegner. Die wenige Interaktion, die sich im Spiel ergibt geschieht vorwiegend durch die Event-Karten bei Eroberung einer Stadt. Mit ein paar von ihnen kann man Mitspielern gezielt Knüppel zwischen die Beine werfen, was sich falsch, bis immens frustrierend anfühlen kann. Sei es zu zweit, wenn einer immer der Leidtragende ist oder ab drei Spielern, wenn sich die Bestrafung eher willkürlich anfühlt. An sich sind die Event-Karten meiner Meinung nach eher unnütz. Denn im Normalfall versucht niemand sein Glück herauszufordern, sondern greift erst dann an, wenn man sicher gewinnt, egal, wie sehr sich die Verteidigung durch die aufgedeckte Karte ändert.

Mir gefällt „Barbarossa“ dennoch. Aber ich bin auch ein kleiner Deckbuilder Fan, der sich über ein schnelles, eher geradliniges Spiel freuen kann.

Barbarossa

Japanime Games 2015


Autor: Atsuo Yoashizawa
Dauer: ca. 10 – 15 Minuten je Spieler
Spieler: 2 – 5
Schwierigkeit: Fortgeschritten

Anmerkungen

Barbarossa – Japanime Games – 2015 von Atsuo Yoshizawa

Spielstil – Wertung

Christian:

7/10

Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen vergünstigt vom Verlag bekommen.

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Written by Christian Renkel
Christian liebt Brett- und Videospiele mehr, als ausreichenden Schlaf. Dabei ist ihm am wichtigsten, dass er in der jeweiligen Welt versinken kann. Egal, ob es die geschickte Mechanik oder die überkochende Emotion ist.
2 Comments
  1. Hallo , hab mir El Alamein gekauft. Aber nicht die Animeversion. Ich mag Deck Builder. Was mich hier stört, ist die Verfügbarkeit aller Karten. Einen Markt aus allen Karten finde ich besser. Ich teste das grad. Ich mische alle Karten und mache dann einen Markt mit 5 Karten. Klar macht es das Spiel schwerer , aber auch variabler. Mam versuchen.

    Meine Favoriten sind Legendary Alien und Star Realms.

    Gruss
    Ralf

    Reply

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