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SPIELSTIL Rezension

Obsthain, Zitrushain & Herbsthain

Lesezeit: 9 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Mark Tuck
erschienen bei Boardgame Circus

- 10.Okt.2024

Im Bereich der Solo-Spiele gibt es ja eine besondere Kategorie: Und zwar die der Karten-Überbau-Puzzles. Erst jüngst habe ich mich da ja mit einem süßen Krustentier beschäftigt, oder – schon vor etwas längerer Zeit – mit asiatischer Symbologie oder Verkehrsnetzen. Der Reiz dieser Spiele ist klar: Puzzle möglichst geschickt die Karten auf- und nebeneinander, um die Siegbedingungen zu erfüllen.

Ich glaube, meinen ersten Kontakt mit diesem Genre, beziehungsweise mit dieser Mechanik hatte ich durch den Hans im Glück Verlag und dem Spiel Die hängenden Gärten. Wir haben Gärten gebaut und versucht, möglichst viele und gleichzeitig große Areale zu schaffen, indem wir immer weiter überbaut haben.

Aber „Garten“ ist ein gutes Stichwort – denn von Mark Tuck sind bei dem deutschen Verlag Boardgame Circus drei hervorragende Solo-Spiele aus dieser Kategorie erschienen – und da sie sich einander in gewisser Weise durchaus ähneln, wollen wir sie hier gemeinsam betrachten und eine kleine Hilfestellung bieten, falls ihr nicht wisst, welches der drei Spiele ihr in euer Regal stellen wollt (falls es nicht ohnehin alle sein sollen…).

Nun also in chronologischer Reihenfolge nach ihrem Veröffentlichungsjahr die Hain-Spiele:

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7
10

Obsthain

Autor: Mark Tuck
Spieler: 1
Dauer: 10 Minuten
Komplexität: Einsteiger

Transparenz:
Kostenloses Rezensionsexemplar

Obsthain

Obsthain ist das erste Spiel der Trilogie und wurde 2018 im Rahmen eines Wettbewerbs bei Boardgamegeek eingereicht. Es sollte ein Spiel mit lediglich 9 Karten auf einem Blatt Papier sein. Das Spiel war so erfolgreich, dass es den Wettbewerb gewann und dann professionell produziert wurde.

Die beste Zeit, einen Baum zu pflanzen, war vor zwanzig Jahren. Die nächstbeste Zeit ist jetzt.
Aleksej Andreevic Arakceev

In der finalen Version dieses Spiels haben wir 18 Karten, die wir auf zwei Stapel mit je 9 Karten zufällig verteilen: So können wir direkt zwei Partien nacheinander spielen. Auf jeder Karte sind 6 Obstbäume in 3 Sorten abgebildet: je 2 Pflaumen-, Apfel- und Birnenbäume. Allerdings ist die Verteilung dieser Bäume immer wieder anders.

Der Ablauf des Spiels ist simpel: Wir decken die oberste Karte auf und ziehen zwei Handkarten. Nun legen wir eine unserer Handkarten neben oder auf die bereits ausliegende(n) Karte(n) und ziehen wieder auf zwei Karten auf. Stapeln wir auf diese Weise identische Bäume, wird ein Würfel darauf platziert – oder ein bereits existierender Würfel weiter hoch gedreht. Dabei steigt der Wert des Würfels exponentiell:  1 – 3 – 6 – 10. Man sieht also: Das Ziel ist das möglichst effektive Überdecken!

Obsthain_Spiel

Mit 34 Punkten ist unser Ergebnis nur „durchwachsen“ – zum Glück liegen schon die Karten für die 2. Partie bereit!

Allerdings darf man die Karten nicht beliebig legen: Passen der überdeckte Baum und der Baum auf der Karte nicht zusammen, wird dies mit einem „faulen Apfel“ bestraft, der darauf platziert wird. Das ist eine ziemliche Einschränkung: Zum Einen darf dieser nicht mehr überdeckt werden; zum Anderen ist jeder faule Apfel am Ende der Partie 3 Minuspunkte wert – und überhaupt darf man maximal 2 von diesen „Früchten“ platzieren. Danach ist ein Überdecken fremder Bäume nicht mehr erlaubt.

Man erkennt schnell: Es ist nicht so einfach, immer passende Plätze für die eigenen Karten zu finden, zumal jede Karte einzigartig ist. Am Besten plant man mit den Handkarten und hofft ein wenig auf Fortuna…

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9
10

Zitrushain

Autor: Mark Tuck
Spieler: 1
Dauer: 10 Minuten
Komplexität: Fortgeschrittene

Transparenz:
Selbst gekauftes Exemplar

Zitrushain

Drei Jahre später sollte ein Nachfolger zu Obsthain erscheinen, dieses Mal jedoch ohne Wettbewerb, sondern direkt beim selben Verlag. Bei Zitrushain haben wir – dem Namen logisch folgend – neue Obstsorten: Limetten, Orangen und Zitronen.

Ein gepflegter und gehüteter Baum trägt durch die gute Sorge seines Besitzers
seine Frucht zur rechten Zeit, wie man es von ihm erwartet.
Juan de la Cruz

Dabei ist das Spielprinzip erstmal gleich geblieben: Wir legen aus 9 Karten durch anlegen und überdecken eine Obstplantage aus und platzieren bzw. erhöhen dabei durch passende Bäume Würfel. Neu ist dabei jedoch, dass die Bäume nun ein oder zwei Früchte tragen – und wir addieren diese Früchte auf unseren Würfeln. Erst nach der 6 bekommen wir eine exorbitante Steigerung: auf 10. Und falls wir hier noch drauflegen können, gibt es eine kleine Schubkarre mit 15 Punkten! Aber nur ein einziges Mal…

Zitrushain_Spiel

Lecker! Orangenlikör mit Limetten-Wackelpudding! Mit 75 Punkten eine ordentliche Zielvorgabe, die ich gerade geschafft hätte – wäre da nicht das vermaledeite Eichhörnchen!! So sind es nur 72 Punkte…

Genauso dürfen wir nur einmal „falsch“ überbauen: Dann kommt ein freches Eichhörnchen und frisst unsere Zitrusfrüchte weg. Ja, wer kennt sie nicht, die kleinen Orangen- und Limetten-Hörnchen, die das Obst davon tragen und im Garten vergraben…?! Egal – dieses garstige Tier kann bis zu 5 Strafpunkte „wert“ sein. Damit können wir also nur noch ein einziges Mal überbauen, aber auf der anderen Seite haben alle Karten jetzt auch eine Lichtung. Diese darf auf alle Bäume gelegt werden, erhöht allerdings Würfel nicht, die schon auf dem Feld lagen.

Und eine weitere Neuerung gibt es: Die Kartenrückseite ist bei Zitrushain nicht mit einer Grafik bedruckt, sondern enthält die sog. „Rezepte“. Im fortgeschrittenen Spiel werden zwei zufällige Rezepte gezogen, die zum Einen die zu erreichende Punktzahl festlegen; zum Anderen geben sie zwei Bedingungen vor, um zusätzliche Punkte zu gewinnen. Damit wird deutlich mehr Abwechslung geschaffen, als einfach nur mit immer wieder neuen Kartenkombinationen!

8
10

Herbsthain

Autor: Mark Tuck
Spieler: 1
Dauer: 10 Minuten
Komplexität: Fortgeschritten

Transparenz:
Kostenloses Rezensionsexemplar

Herbsthain

Aktueller Abschluss und neustes Werk ist nun Herbsthain. Dieses Mal geht es in den eher wilden Wald – oder vielleicht sind es Bio-Produkte und es ist eine Wildsammlung? – jedenfalls sammeln wir Brombeeren, (Ess-)Kastanien und Pilze. Und ja, wir sind entsprechend bodennah unterwegs, quasi an den Sträuchern, auf dem Laub und direkt auf dem Erdboden.

Frieden findet man nur in den Wäldern.
Michelangelo (1475-1564)

Im Grunde ist Herbsthain eine Mischung aus seinen beiden Vorgängern. Natürlich ist der zentrale Mechanismus – überdecken von Karten und Platzieren bzw. Erhöhen von Würfeln – gleich geblieben. Auch haben wir wieder 18 Karten und in jeder Farbe 5 Würfel – und natürlich gibt es auch wieder einen niedlichen Animeeple – dieses Mal eine kleine (große?) Maus! Leider ist sie zwar niedlich – wie alle Animeeples dieser Reihe – aber nicht nett zu unserem Punktestand.

Herbsthain_Spiel

Brombeer-Limonade mit Brombeer-Likör ist keine gute Idee… kein Wunder, dass ich mit 29 Punkten so weit neben dem Ziel liege!

Also, was passiert neues bei Herbsthain? Nun, erstmal gibt es keine freien Lichtungen mehr. Es sind wieder, wie bei Obsthain, alle Felder mit einer Farbe (Baum passt jetzt ja nicht mehr) belegt. Allerdings gibt es jetzt Doppelfelder – also Felder, die nicht nur eine, sondern gleich zwei Farben haben. Diese dürfen also jede der beiden Farben überbauen – doch sobald erst einmal ein Würfel liegt, ist die Farbe natürlich festgelegt.

Apropos Würfel: Diese zählen nun auch wieder klassisch wie bei Obsthain hoch; das Addieren der Frucht-Abbildungen wie bei Zitrushain gibt es hier nicht mehr. Doch hat unser Würfel nun noch eine weitere Seite: Eine Maus-Seite mit einer „-2“. Denn wenn wir nicht farbgenau überbauen, dann wird ein Würfel mit Maus-Seite platziert. Und ja, ihr lest richtig: Man kann nun also theoretisch eine Partie mit 15 Mäusen und damit -30 Punkten abschliessen… wenn man Mäuse mag. Man darf sogar eine Maus ein weiteres Mal überbauen, dann wird stattdessen Waldemar Maus (die große Maus vom Anfang) dort platziert und der Würfel zurück in den Vorrat gelegt – Waldemar kostet uns sogar 5 Punkte! Damit könnte man also nicht-stolze -35 Punkte machen… uff…

Was von Zitrushain allerdings übernommen wurde, sind die Rezepte. Auch bei Herbsthain kann man wieder mit zwei Rezeptkarten, also der Rückseite der Spielkarten spielen, welche die Zielvorgabe stellen und besondere Regeln zum Punkten vorgeben. Somit bietet Herbsthain im Grunde sehr viel mehr Freiheiten beim Auslegen der Karten, erfordert aber auch viel Abwägen, was das in Kauf nehmen von Minuspunkten durch Mäuse angeht und natürlich wird uns viel Mustererkennung abverlangt, wenn wir planen!

Welcher Hain darf’s denn sein?

Zu Recht kann man jetzt fragen: Welches dieser tollen Legespiele soll ich mir denn jetzt holen? Welches ist das Beste?

Das ist nicht so leicht zu beantworten; man sollte dabei die Frage stellen, was man von dem Spiel möchte. Alle Hain-Spiele spielen sich auf gewisse Weise gleich: Wir überdecken gleiche Bäume/Früchte/Symbole, um diese zu werten bzw. höher zu werten; überdecken wir „falsch“, werden wir dafür mit Minuspunkten bestraft. So weit, so gut. Die Unterschiede liegen in den Details, aber lassen sich schon ein wenig Gruppieren:

  • Legefreiheit

    Was die Freiheit beim Auslegen angeht, hat Herbsthain ganz klar die Nase vorn: Nicht nur durch die Doppelfelder, sondern auch die Möglichkeit sehr viele „falsche“ Felder zu legen (und einen Mauswürfel zu platzieren) kann eine Karte oft auf sehr viele Arten und Weisen gelegt werden. Auf Platz zwei kommt natürlich Zitrushain mit seinen Lichtungen, die quasi ein „Pausieren“ des Würfels erlauben. Obsthain schließlich hat keine „Joker“-Felder; immerhin darf es aber – anders als bei Zitrushain – gleich zweimal falsch überbauen. Wenn auch mit einer hohen Strafe.

  • Punkte-Progression/Belohnung

    Obsthain und Herbsthain haben eine sehr befriedigende Progression mit 1-3-6-10. Zitrushain schiebt sich da langsamer hoch mit der Addition der Früchte auf den Bäumen; allerdings erreicht man hier sogar 15 Punkte als Bonus für extrem erfolgreiches Überbauen. Immerhin muss man dafür aber 8 Früchte sammeln, was theoretisch mit vier 2er Bäumen klappen kann, praktisch aber eher mit 6 oder 7 Bäumen klappen wird; dennoch ist es möglich.

  • Wiederspielbarkeit

    Uff – das ist ein wichtiges Thema bei so kleinen und kurzen Spielen. Da muss man ganz klar sagen, dass Obsthain hinter den beiden neueren Spielen zurückbleibt. Die Rezepte von Herbsthain und Zitrushain sind schon klasse und machen – auch wegen der schönen Illustrationen – einfach Spaß und schaffen mit den leichten Wertungsveränderungen einen sehr hohen Wiederspielwert!

Was bleibt also als Fazit zu sagen, welches Spiel man nun in seine Sammlung aufnehmen soll?

Herbsthain scheint auf den ersten Blick das „beste“ der drei Spiele zu sein, auch wegen seinem hohen Freiheitsgrad beim Spielen. Allerdings kommt dieser auch mit einem Preis: Mitunter sind die Züge sehr verkopft, wenn man versucht, alle Möglichkeiten abzuwägen und gegenzurechnen, ob noch eine Maus verkraftbar ist und welche weiteren Spielmöglichkeiten man sich damit verbaut. Es büßt so sehr viel Leichtigkeit ein, welche ja solche kleinen Spiele häufig auszeichnet.

Zitrushain wäre dann die logische Konsequenz: Mit den Lichtungsfeldern und ebenfalls Rezepten als Widerspielreiz macht es extrem viel Spaß, die Würfel hochzudrehen. Der Reiz, möglichst die 2er-Bäume aufeinander zu platzieren ist enorm und ich finde, dass das Spiel durchaus stärker als die anderen beiden Spiele den „Quick Win“-Reiz anspricht. Die Schubkarre mit 15 Punkten ins Spiel zu bringen ist schon Belohnung für sich genug. So also die „besten“ Bäume jeder Karten zu platzieren ist ein toller Anreiz, allerdings kein Muss zum Platzieren der Karte.

Obsthain mag gefühlt jetzt auf einem letzten Platz stehen; das ist allerdings ein Missverständnis. Obsthain ist von all den Spielen tatsächlich der Brain Burner. Denn mit diesen sehr klaren Vorgaben, wie eine Karte platziert werden kann (es gibt keine Ausnahmen durch Lichtungen oder Doppelfelder) und wenig Raum für Fehler, muss man tatsächlich sehr gut Planen und ein wenig Glück mit den Karten haben, damit man hier gut Punkten kann. Keine Rezepte senkt sicherlich den Widerspielreiz ein wenig – es sei denn, man möchte die 55 Punkte knacken – was wirklich hart ist! Ich selbst habe es erst zur 42 geschafft…

Hain_Animeeples

Niedliche Animeeples haben sie alle…

Abschließend möchte ich noch festhalten: Ein Hain kommt selten allein! Ich selbst besitze alle drei Exemplare und ich könnte keines aus meiner Sammlung tilgen. Jeder Hain bietet seinen eigenen Reiz, je nachdem, wonach mir gerade der Sinn steht.

Wir haben Rezensionsexemplare ohne Auflagen vom Verlag bekommen.
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Portrait Tom
Written by Thomas Büttner
Tom schätzt neben komplexen Euros auch thematisch satte Solitär-Meisterwerke - und natürlich feine App-Umsetzungen. Dabei wird er schon mal ungehalten, wenn die Steuerung umständlich ist oder das User Interface unintuitiv.

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