SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Koota Yamada
erschienen bei Giant Roc, Sorry We Are French
In IKI gehen wir in Edo shoppen und nicht in der popligen Mall um die Ecke. In der Zeit von 1603 – 1868 wurde das heutige Tokyo Edo genannt. Die Kreditkarte können wir also leider nicht zum glühen bringen, sondern müssen in klingender Münze, dem Mon, bezahlen. IKI wurde von Koota Yamada entworfen, veröffentlicht von Sorry We Are French und erschien auf Deutsch bei Giant Roc. Das Spiel für 2 bis 4 angehende Kaufleute lässt uns 60 bis 90 (eher 120) Minuten lang tief in die Geschäfte des japanischen Marktes eintauchen. In IKI wollen wir nicht nur reich werden, sondern auch in Harmonie mit den anderen leben und uns vor drohenden Bränden schützen. Das ist in einer Welt voller Samurai, Räucherstäbchen und Fischverkäufer gar nicht so einfach, wie es klingt. Also, zieht euren besten Kimono an, brüht euch eine Tasse Tee und packt genug Reis für eure Händler ein, dann stürzen wir uns gemeinsam in die Welt von IKI.
(Japanisches Sprichwort)
In IKI schlüpfen die Spieler in die Rolle von Kaufleuten, die versuchen, das Leben im alten Edo zu meistern. Das Spiel wird über 13 Runden gespielt, die einem japanischen Kalenderjahr entsprechen. Wer nach der Abrechnung am meisten IKI (Siegpunkte) gesammelt hat gewinnt die Partie.
Jede Runde besteht aus drei Phasen:
Einsetzen des Ikizama: Wer den höchsten Wert auf der Leiste für Brandwehrstärke hat, setzt seinen Ikizama zuerst auf der Leiste für die Laufweite des Oyakata ein. Dies bestimmt die Zugreihenfolgen in der Aktionsphase.
Aktionsphase: Zuerst kann man sich einen der ausliegenden Händler kaufen und in ein Geschäft platzieren. Man bewegt den Oyakata um die vorher eingestellten Felder und macht auf dem neuen Feld Geschäfte mit den dortigen Händlern und Ständen.
Ereignisse: Nach jedem Quartal ist Zahltag. Jeder Händler bringt je nach Erfahrung einen Bonus. Es gibt IKI für Harmonie, also gleichfarbige Händler in den Vierteln. Verköstigung der eigenen Händler mit Reis. An drei bestimmten Monaten brennt es in einem zufälligen Viertel des Marktes. Wessen Brandwehrstärke nicht hoch genug ist verliert Händler oder Gebäude.
Nach der 13. Runde kommen zu den bereits gesammelten IKI noch Punkte für Gebäude, Tabakbeutel, Fische, unterschiedliche Farben von Händlern in Rente und diverse Ressourcen hinzu. Wer dann die meisten IKI hat, ist Gewinner.
(Japanisches Sprichwort)
IKI ist eine Schale dampfender Ramen. Es kommt mit feinen Zutaten, die zu etwas leckerem und großartigem kombiniert wurden. Für Anfänger ist es durchaus herausfordernd. IKI überwältigt mit seiner Vielfalt und wer nicht aufpasst verbrennt sich den Mund. Jedes Mal, wenn wir das Spiel erklärten, weiteten sich die Augen der neuen Händler von Edo recht bald. Die Erkenntnis, dass IKI viele Entscheidungen einfordert und durchaus komplex ist, ist schmackhaft aber auch nicht ganz so einfach zu verdauen. Die Zutaten sind wohl durchdacht und verbinden sich zu einer echten Köstlichkeit. Lassen wir es uns an ein paar Beispielen auf der Zunge zergehen.
Es beginnt damit, dass IKI zwei Zugreihenfolgen hat. Wer die höchste Brandschutzstärke hat (was für ein Wort!), setzt seinen Ikizama zuerst ein und bestimmt damit wie weit die Hauptfigur (der Oyakata) gehen muss. In der Aktionsphase werden die Ikizama dann von Links nach Rechts aktiviert. Mit diesem kleine Kniff, steht immer die Abwägung im Raum, will ich weit gehen, dann komme ich spät dran oder anders herum.
Damit hat die Brandschutzstärke fast drei Bedeutungen. Die offensichtliche, also Schutz wenn’s brennt. Auf welchem Platz im Viertel der Händler besser eingesetzt wird. Je weiter innen umso geschützter oder man setzt ihn neben jemanden, der die höhere Brandwehrstärke hat und mich damit schützt. Und wie oben besprochen, das Recht früher die Laufweite zu bestimmen. Das kann wichtig sein wenn man sicher gehen will, als erster auf einem Feld zu sein, damit es noch Fisch, Rauchutensilien gibt oder der Händler noch nicht in Rente ist. Fisch, Tabak und Pfeife sind nämlich Quellen für Siegpunkte und andere Boni. Ich bin schon oft genug vor einem leeren Fischstand gestanden. Dies macht die Brandwehrstärke attraktiv und man ist oft genug hin und her gerissen, Feuerschutz stärken oder andere Aktionen nutzen?
Was wäre eine Einkaufstrasse in Edo ohne Händler? In IKI hat man in jeder Runde die Möglichkeit einen anzuheuern. Aber IKI wäre nicht IKI wenn man nicht auf mehrerlei achten müsste. Zuerst muss man sich den Händler leisten können. Dann natürlich: was bietet er an? Welchen Bonus bringt er am Quartalsende? Welche Farbe hat er? Die Farbe hat in IKI natürlich gleich 2 Bedeutungen. Ganz nach dem Motto gleich und gleich gesellt sich gern, gibt es am Quartalsende den Harmoniebonus. Man bekommt für gleiche Farben IKI. Wer harmoniebedürftig handelt, kann während der Partie gut punkten. Geht ein Händler in Rente zählen am Ende unterschiedliche Farben, auch damit lässt sich gut Punkte sammeln.
Ja richtig, die Händler gehen in Rente. Heuert man einen an, setzt man einen der 4 Kobun ein. Er zeigt, zu wem er gehört, die aktuelle Erfahrung des Händler und damit den Bonus am Quartalsende. Dieser Bonus verbessert sich mit der Erfahrung, sie wird im Wesentlichen dadurch erhöht, dass der Oyakata komplette Runden durch den Markt macht. Geht ein Händler in Rente wandert er ins eigene Tableau und macht seinen Kobun für neue Händler frei. Ein weiterer Aspekt den man beachten sollte, wenn man die Laufweite des Oyakata festlegt.
IKI ist auf schöne und elegante Art komplex und hat uns in jeder Partie begeistert. Beim ersten Mal mag man etwas überfordert sein, doch schon da merkt man, wie sehr alles zusammenpasst und ineinander greift. Jeder Zug bedeutet zwischen vielen Optionen abzuwägen. Dabei ist es immer interessant was die anderen am Tisch machen. Man spielt hier nicht in der eigenen Blase, fast alles was auf dem Brett passiert ist relevant und spannend. Das bedeutet natürlich, dass man seinen Zug mit Regelmäßigkeit über den Haufen wirft und neu planen darf. Klar, wir sind nicht daheim und falten Origami, sondern sind auf einem Markt voller Leute. Dadurch entsteht natürlich Downtime. Der Sweetspot liegt für uns bei drei Spielenden. Im Spiel zu zweit, gibt es eine einfache Simulation eines dritten Spielenden, was immer zusätzliche administrative Arbeit bedeutet und uns eher störte. Zu viert dauert es mitunter lange bis man wieder am Zug ist. Doch in all unseren Runden, die wir in verschiedensten Zusammensetzungen gespielt haben, wurde IKI begeistert aufgenommen. Einzig das Schicksal in Form von Bränden, diese Mechanik wurde nicht von jedem goutiert. Trotzdem würden alle es jederzeit wieder spielen. Es ist sicherlich nicht für jeden geeignet, aber für diejenigen, die diese Art der Herausforderung lieben und gerne darin eintauchen, ist es eine wahre Perle, wie ein gut gehüteter Koi-Teich.
IKI von Koota Yamada
IKI entführt die Spieler in das alte Edo, wo sie als Kaufleute versuchen, Wohlstand zu erreichen. IKI kommt mit eleganten, verzahnten Mechaniken, reichlich Interaktion und Tiefgang. Wer sich nicht vor einer Herausforderung scheut, sollte es definitiv ansehen.
Robert:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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Denny Crane
Das liest sich sehr spannend und auch gar nicht mal so trocken…aber ich bin schon bei Wasserkraft und Co latent überfordert…da wäre ich bei dem Spiel vermutlich komplett abgehängt…
Aber danke trotzdem für die Vorstellung
Robert Alstetter
Gerne doch!
Ich finde IKI eingängiger und weniger bestrafend als Wasserkraft, da kannst du dich mit einem Fehler ganz schnell ins Aus katapultieren.
Trotzdem möchte IKI verstanden werden. 🙂
Christian Renkel
@Denny Crane: Wie würdest du denn Shogun no Katana im Vergleich zu Wasserkraft sehen? Ist das nicht auch eher heftig in dem Aufwand der Vorplanung?
Denny Crane
Da kann man sicherlich sehr weit vorplanen um seine Schmiede zu perfektionieren…
Der Unterschied den ich sehe ist der, das die Arbeitsplätze bei Shogun No Katana so fair bemessen sind und man dadurch sehr schnell auf eine Fehlplanung/-Entwicklung reagieren kann.
Wenn bei Wasserkraft die Mitspieler was verbauen, kann das eine sehr frustige Runde sein…Man kriegt ja auch am Ende jeder Runde quasi die Rechnung präsentiert indem man entsprechend seiner Stromproduktion Mali bekommt
Christian Renkel
Ah danke! Also bist du eher der Typ für Euros, die kaum (böse) Interaktion mit sich bringen? Das verstehe ich voll und ganz. Wenn man sich schon auf solch komplexe Spiele einlässt, kann es schon ziemlich störend sein, wenn einem andere das Wasser abgraben.
Denny Crane
Oh, die Antwort habe ich nicht mitbekommen
Ja, das umschreibt es ganz gut…Richtig konfrontativ ist ok für mich. Geht das Spiel aber über mehrere Stunden und ist daraus ausgelegt eine rundenübergreifende Strategie aufzubauen, versaut mir sowas manchmal schon den Spaß. Spannend ist ja dann auch in dem Falle wie sehr man dann noch vom Regelkonstrukt Chancen hat weiter um einen Sieg mitzuspielen