SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 5 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Brett J. Gilbert, Matthew Dunstan
erschienen bei Skellig Games
Die Königin schickt uns los, die veralteten Karten ihres Reiches zu aktualisieren und den Kontakt zwischen Städten wieder herzustellen. Also machen wir uns auf, das Königreich wieder zu entdecken und zu kartografieren, als Vertreter der Gilde der fahrenden Händler.
Die Gilde der fahrenden Händler hatte mich schon länger mit Thema und Optik gelockt. Umso mehr freute ich mich, als es endlich in einer kleinen braunen Box mit Poststempel ankam. Aber taugt es auch was?
(Aldous Huxley)
Im Prinzip ist Die Gilde der fahrenden Händler ein Flip and Write beziehungsweise ein Flip and place a cube. Also wir drehen eine Karte um und platzieren dann Würfel auf der Landkarte eines Königreiches. So weit, so einfach. Das Startdeck besteht aus lediglich 5 Karten, die unterschiedliche Gebiete und unterschiedliche Mengen zeigen. In jedem Zug wird eine der Karten aufgedeckt und alle Mitspielenden platzieren eine entsprechende Anzahl Würfel auf ihrer eigenen Karte.
Diese dürfen allerdings nicht irgendwo platziert werden, sondern müssen zu Beginn angrenzend an unsere jeweilige Hauptstadt angelegt werden. Sind Münzen auf den entsprechenden Feldern, sammelt man diese ein. Da Münzen in diesem Spiel Siegpunkte darstellen, wollen wir möglichst viele davon. So weit hat man das auch in anderen X-and-Write-Spielen gesehen. Die Einzigartigkeit bei Die Gilde der fahrenden Händler ergibt sich jetzt aus mehreren Dingen:
Zum einen wird das Startdeck in jeder der vier Runden mit einer weiteren Karte erweitert. Wird diese das erste Mal gezogen, erhält jeder Mitspielende eine besondere Erkundungskarte, die nur diese Person nutzen kann. Wird die Karte in einer späteren Runde erneut gezogen, darf man die gleiche Fähigkeit erneut benutzen. So erhalten wir asymmetrische Fähigkeiten, die das Spiel für jeden individuell machen.
Außerdem werden nach jeder Runde – also wenn das Erkundungsdeck durch ist – alle platzierten Würfel wieder abgeräumt. Also muss man wieder von vorne anfangen? Nein, denn hat man ein Gebiet einer Art komplett erkundet, tauscht man dort einen Würfel durch ein Dorf aus. Dörfer bringen uns beim Entdecken Münzen – ergo Punkte – und wir dürfen in nachfolgenden Runden auch von dort aus unsere Erkundungen starten.
Weitere Münzen können wir erhalten, indem wir Ruinen erkunden, Handelsrouten zwischen Städten herstellen (in dem wir beide Städte auf der Karte mit Würfeln verbinden), alte Entdeckungstürme wieder aufbauen und bis zu drei vor dem Spiel gewählte Missionen zu erfüllen. Nach vier Runden ist das Spiel vorbei und die Person mit den meisten Münzen gewinnt.
Möchte man das Spiel solo spielen, versucht man einen vom Schwierigkeitsgrad abhängigen Münzgrenzwert zu erreichen und dabei alle Missionen zu erfüllen. Ein Timer klaut uns dabei Punkte für erfüllte Missionen, wenn wir diese nicht schnell genug erledigen und baut so zusätzlich Druck auf.
(Albert Einstein)
Die Gilde der fahrenden Händler macht ein paar Sachen anders als die üblichen Verb & Verb-Spiele. Zum einen ist es ein Flip & Cubeplace. Man dreht also Karten um und platziert dann Würfel. Allerdings ändert sich auch das Kartendeck im Laufe des Spiels. Spielende bekommen eigene Fähigkeiten, die sich alle stark anfühlen – ohne unbalanciert zu wirken – und am Ende jeder Runde werden die Würfel wieder abgeräumt und man hat sich hoffentlich ein paar Dörfer sichern können, damit man nicht wieder von vorne anfangen muss.
Dazu die sehr schöne Optik. Ich mag einfach die kleinen Würfel, die langsam Strecken bilden und sich auf dem Spielplan ausbreiten, ab und zu durch kleine Dörfer ersetzt werden und dann irgendwann hoffentlich in einem kleinen Türmchen enden, dass man dann aufstellen darf und ordentlich Punkte kassiert.
Und auch wenn die Optik für manche Leute eher blass daher kommt, mag ich diese schlichte Farbgebung, die es aber vermeidet, in das von Eurospielen so bekannte Beige abzudriften, sondern eher an echte alte Landkarten erinnert. Dabei schafft es das Spiel auch einen kurzweiligen Zug, über den man doch etwas nachdenken kann zu bieten, aber da alle gleichzeitig am Zug sind, muss man üblicherweise nicht allzu lange warten, bis man wieder etwas tun darf.
Einzige Mankos sind die Punktemünzen. Es ist ganz nett, dass es tatsächlich Münzen sind, aber die Tatsache, dass alle Werte gleich aussehen, macht es manchmal etwas fummelig, die richtige Punktezahl heraus zu suchen. Dazu kommt noch ein Punkt, der sehr subjektiv ist: Das Spiel ist größtenteils ein Mehrspieler-Solitär. Die einzige Interaktion findet über das Rennen auf die allgemeinen Ziele statt, da die erste Person, die ein Ziel erreicht, mehr Punkte als andere erhält.
Die Gilde der fahrenden Händler von Brett J. Gilbert, Matthew Dunstan
Ein ungewöhnliches Flip and „Write“. Wenn einen die Optik anmacht und man Spaß an dem Genre hat, wird man hier auf jeden Fall einen Vertreter bekommen, der sich nicht hinter anderen zu verstecken braucht. Ich habe jedenfalls Spaß daran, das Spiel ab und zu aus dem Regal zu ziehen.
Dirk:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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KK
Leider gibt es noch einen nicht erwähnten Negativ-Aspekt (der mich damals vom Kauf abgehalten hatte): Das fummelige Teilabräumen nach jeder Runde ist nicht nur für Grobmotoriker und Wurstbefingerten (wie mich) nervig; ein Bekannter hat sein Exemplar mittels Metallplatten und Magneten unter den über die weiteren Runden auf den Boards verbleibenden Teilen derart gepimpt, dass man am Ende jeder Runde die Boards nur noch kippen muss, damit alles Abzuräumende flugs abgeräumt ist… so spiel ich es dann auch gern mit.