Wir haben lange Zeit genug in der Haut von Werwölfen und Dorfbewohnern gesteckt. Dennoch wollen wir nicht auf kommunikative Spiele verzichten. Also, was sollen wir tun? Wie wäre es denn zum Beispiel mit „Getäuscht – Mord in Hong Kong“? Wir haben zwei Verräter (= Werwölfe), einen Forensiker (= Spielleiter), einen Zeugen (= Sonder-Dorfbewohner) und viele Ermittler (= Dorfbewohner). Doch was haben wir noch? Nur einen grauenhaften Mord, viele Tatwaffen, Indizien und einen Spielleiter der aktiv ins Geschehen eingreifen darf. Also viele Zutaten, die hoffentlich sauber miteinander vermischt wurden.
Unlogischerweise werden Tatsachen verdreht, damit sie zu Theorien passen, anstatt Theorien den Tatsachen anzupassen.
Nachdem alle Rollen verdeckt verteilt wurden outet sich der Forensiker, der ab dem Zeitpunkt die Führung übernehmen wird. Er lässt sich vom Mörder das Indiz und die Tatwaffe zeigen. Im Anschluss darf er dem kompletten Team Hinweise geben. Aber nicht beliebig, sonst wäre es zu einfach. Er darf lediglich aus vorgefertigten Tafeln das passendste Wort wählen. Nun beginnen die Diskussionen, an dessen Ende der Mörder hoffentlich gefasst wurde. Doch selbst wenn… Sollten er und sein Komplize den Zeugen benennen können wird es nicht zur Verhandlung kommen.
Bebilderte Beispielszüge findet ihr hier.
Wenn du das Unmögliche ausgetilgt hast, das, was bleibt, so unwahrscheinlich es auch sei, muss die Wahrheit sein.
Eines vorweg. Spieler, die keine kommunikativen Spiele ohne Strategie und Taktik mögen können hier sofort aufhören zu lesen. Ihr werdet mit dem Spiel keinen Spaß haben.
Allen anderen, die noch hier sind kann ich versichern, dass „Getäuscht – Mord in Hong Kong“ Spaß macht. Zumindest, wenn man es nicht übertreibt. Beginnen wir jedoch erst bei den positiven Seiten. Wie man sich denken kann handelt es sich um ein Spiel, in das jeder voll integriert ist. Denn wer schweigt macht sich verdächtig. Oder doch nicht. Schließlich könnte es auch der Zeuge sein, der sich nur etwas zurückhält, um nicht aufzufallen. Und so ist jeder eingebunden. Etwas, das nicht jedes Gesellschaftspiel schafft.
Schön ist auch, dass der Spielleiter besser eingebunden ist, als in den Werwölfe Spielen. Er hat die härtesten Entscheidungen zu treffen. Ähnlich Codenames sollte man sich Gedanken machen, wie das eigene Team es auffassen könnte. Und diese werden häufig nicht denselben Gedankengang haben, wie man selbst. Vor allem, wenn man unpassende Hinweise geben muss, die einem der Zufall zugelost hat. Und dann wären da noch der Mörder und dessen Komplize, die genau das ausnutzen werden, um das restliche Team zu täuschen.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Auch nicht bei „Getäuscht – Mord in Hong Kong“. So fehlt eine Skalierung zur Gänze. Somit ist es ein reines Glücksspiel, wie leicht oder schwer ein Fall zu lösen ist. Zieht man eine passende Hinweistafel und liegen die falschen Tatwaffen ist es für den Mörder so gut wie unmöglich sich herauszureden. Gleichfalls kann es extrem schwer werden, wenn zu viele passende Begriffe liegen. Vor allem bei vielen Spielern. Aber vielleicht sollte man einfach getreu dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ spielen, egal, wer gewinnt, Hauptsache das Spiel war eine Erfahrung.
Analysiert man das Spiel zur Gänze könnte man noch anmerken, dass nicht alle Übersetzungen glücklich gewählt sind. Cruel würde ich persönlich zum Beispiel nicht mit eiskalt übersetzen. Was sich spielerisch aber auch nicht so richtig auswirkt, da die Hinweise allesamt recht ungenau passend gewählt sind, um die Ermittler in eine Richtung leiten zu können, ohne sie direkt mit der Nase darauf zu stoßen. Das mag manchen mehr stören, als andere, ich fand es jetzt nicht so schlimm.
Wichtiger ist es, dass man die Diskussionen zeitlich begrenzen sollte, da sie sich ansonsten einfach immer und immer wiederholen, ohne richtig zum Ziel zu führen. Das fühlt sich dann eher an, wie eine geschäftliche Besprechung (Jour-Fixe anyone?) in der viel geredet, aber nichts gesagt wird. Der Ablauf wirkt dabei auch etwas holprig. So ist es meines Erachtens nicht nötig, dass jeder gezwungen wird einen Verdacht in Spielerreihenfolge abzugeben. Ich weiß, irgendwie muss „die Runde“ abgeschlossen werden, aber dabei ergeben sich selten wirklich neue Erkenntnisse.
„Getäuscht – Mord in Hong Kong“ ist ein schönes, kurzweiliges, Spiel, bei dem man gerne einfach eine weitere Runde mit anhängt. Zwar nicht unbegrenzt, aber bis zu dem Zeitpunkt hat man mit vielen Spielern eine schöne Zeit. Nicht uneingeschränkt, aber dennoch spaßig.
Deception: Murder in Hong Kong
Heidelberger 2016
Autor: Tobey Ho | |
Dauer: ca. 15 – 20 Minuten | |
Spieler: 4-12 | |
Schwierigkeit: Einfach |
Anmerkungen
- Deutsch und Englisch Sprache
Getäuscht: Mord in Hong Kong – Heidelberger 2016
- Erscheint bei Heidelberger Spieleverlag
- Für 4-12 Spielende und dauert ca. 15 – 20 Minuten
- Am besten geeignet für Einsteiger
Spielstil – Wertung
Hinweis:
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