SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 8 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Ashwin Kamath, Clarence Simpson
erschienen bei Pandasaurus Games, Skellig Games
Oh mein Gott. Manchmal habe ich schon seltsame Gedankengänge. Als ich mir überlegte, mit welcher Einleitung ich die Wölfe beginnen wollte, kamen mir natürlich die offensichtlichen Verdächtigen sofort in den Sinn. Wie ich auf der Spiel in Essen 2022 davon hörte und wie ich auf der Spiel Doch! Friedrichshafen mit Thomas von Skellig darüber gesprochen habe, waren die mit spielerischem Bezug. Dann war da noch der Gedanke, dass es Wölfe in Bayern gerade eher schwer haben, zumindest wenn es nach einem Teil der Bauern und dem Meister Söder geht. Aber nein, das war mir alles zu einfach. Und dann begann mein Hirn damit seltsame Fäden zu spinnen.
Ich bin mir fast sicher, mit dieser Wendung hat keiner gerechnet. Beziehungsweise glaube ich, dass heutzutage so gut wie niemand mehr weiß, wovon ich gleich reden werde. Denn die nächste Sprosse auf meiner Gedankenleiter war bei Werwölfen. Erneut wollte ich nicht wieder über Spiele reden, als ging es ins filmische oder literarische. Aber auch Filme wie American Werewolf oder Dog Soldiers (ich hoffe hier hat jetzt niemand Twilight gesagt!) oder Geschichten wie das Jahr des Werwolfs von Stephen King waren mir noch zu offensichtlich. Und dann traf mich eine Erinnerung, die ich als vollkommen absurd und deswegen irgendwie passend abstempelte.
Jetzt kann ich mal wieder zeigen, dass ich doch schon etwas älter bin. Denn meine Kindheit hatte ich noch mit VHS Kassetten verbracht. Natürlich mit allen damit verbundenen Bild- und Tonstörungen. Machte aber nichts, schließlich war man damals noch zufrieden mit dem, was man hatte. Ok, man muss auch gestehen, man kannte schließlich auch nichts Besseres. Meine Eltern hatten mir auch immer wieder eine neue Videokassette besorgt, die ich dann immer und immer wieder konsumierte. Meist zum Leid meiner Eltern. Vor allem bei der Kassette, die ich gerade im Sinn habe.
Die Rede ist von Muntere Monster in Hollywood (original Daffy Duck and Porky Pig Meet the Groovie Goolies). Jetzt dürfen mal kurz alle die Hand heben, die dieses filmische Meisterwerk kennen. All jene, die es bis zum jetzigen Zeitpunkt verdrängt hatten inklusive. Für uns Kenner ist der Grund, warum mir die Monster in den Sinn kamen, natürlich einfach. Der Badelatschen tragende Werwolf Wolfgang Wolfie Wolfman.
Die letzte halbe Stunde habe ich nun damit verbracht, nach deutschen Schnipseln der Zeichentrickserie zu suchen. Leider ohne Erfolg. Wer von euch davon mehr hat, kann sich ja gerne mal bei mir melden. Ich habe zwar etwas Angst vor dieser Zeitreise, würde sie aber gerne wieder antreten.
(Thomas Hobbes)
Die Wölfe ist ein schnelles Area Control Spiel mit einem kleinen Twist. Alle Mitspielenden beginnen zuerst einmal mit vier Wölfen. Zwei Alpha- und zwei Rudelwölfe. Mit diesen breitet man sich Stück für Stück auf dem Spielfeld aus.
Am Zug hat man die Möglichkeit, zwei Aktionen auszuführen. Man kann sich bewegen, einen Bau zu graben, diesen zu einer Höhle aufzuwerten, zu Heulen oder zu Dominieren. Für alles benötigen wir Landschaftskarten. Diese haben wir jedoch nicht auf der Hand. Sie liegen vor uns aus und sind beidseitig bedruckt. Verwenden wir eine von ihnen, drehen wir sie auf die andere Seite und enthüllen dabei einen anderen Landschaftstyp.
Dadurch müssen wir unsere Aktionen durchaus im Voraus planen. Ist für eine Bewegung nur eine passende Landschaftskarte zu wenden, benötigen wir für die restlichen Aktionen schon zwei identische. Für das Dominieren sind es sogar drei. Damit nicht genug, sie müssen noch passend zum Zielfeld sein.
Durch das Heulen oder Dominieren werden Marker vom Spielfeld entfernt. Beim Heulen, weil wir (neutrale) streunende Wölfe in unser Rudel aufnehmen. Beim Dominieren, weil wir hier einen Rudelwolf oder einen Bau eines Gegenspielenden übernehmen. Dadurch füllt sich der Mondkalender. Wird dabei eine der Mondphasen erreicht, kommt es zur Wertung.
Nun wird geprüft, wer die Mehrheiten auf dem der Mondphase entsprechenden Gelände hat. Diese bekommen Siegpunkte. Nach der dritten Mondphase ist das Spiel vorbei und wir zählen, was wir erreicht haben. Zu den gesammelten Siegpunkten kommen noch die Punkte von unseren Errungenschaften und der Beute auf dem Tableau. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.
Die komplette Spielregel zu Die Wölfe findet ihr hier. (externer Link)
(Sprichwort)
Die Wölfe war – in seiner englischen Ausgabe – einer der Hype Titel der Spiel in Essen 2022. Danach ist es jedoch erstaunlich ruhig geworden. Sollte es sich hier um einen typischen Hype-Train gehandelt haben? Also denjenigen, der komplett verschwand, als er den Bahnhof erreichte? Zumindest war es in meiner persönlichen Blase so. Gut, die Ankündigung, dass Skellig den Titel lokalisieren wird, ist schon angekommen, aber ansonsten war es erstaunlich ruhig geworden. Ein schlechtes Zeichen?
Nicht wirklich! Denn die Wölfe ist ein gutes Brettspiel. Zumindest von meiner Warte aus gesehen. Es ist schnell zu erlernen, bietet taktische Tiefe und dauert dabei nicht ewig. Dabei schafft es das Brettspiel sogar mich, als Area Control Hasser an den Tisch zu bringen. Aber was macht es genau richtig?
Wie ich bereits sagte, mag ich, dass es ein schnelles Spiel ist. Zumindest dann, wenn man nicht jede Aktion und ihre Folgen und die Folgen auf die Folgen bis ins kleinste Detail plant. Dennoch bringt es ein gewisses Knobelpotenzial mit. Wie muss meine erste Aktion aussehen, damit ich die nötigen Landschaftskarten für meine zweite Aktion zur Verfügung habe? Oder sollte ich sogar noch eine Bonusaktion mit einberechnen? Obwohl mir diese dann vielleicht fehlt, um die nächste Wertung dann auszulösen, wenn ich die Oberhand habe?
Alles Überlegungen, die mir gefallen. Gleichzeitig bringt es ein gewisses Maß an – böser – Interaktion mit sich. Man kann sich – wenn man nicht aufpasst – etwas wegnehmen. Und das passt zu diesem Spiel. Wer das jedoch nicht verträgt, ist hier falsch. Denn Schwächen müssen natürlich ausgenutzt werden. Aber zum Glück ist das weit weniger tragisch, als es auf den ersten Blick wirkt. Es sei denn, mehrere Mitspielende schießen sich auf einen ein. Dann wirkt es natürlich unfair. Aber das ist in der Natur der Sache.
Schön ist auch, dass man in einer Partie nach und nach immer mehr Verbesserungen freischaltet. Da es hiervon jedoch nicht allzu viele gibt, wiederholt man sich dabei immer wieder. Auch so fühlen sich die Partien nicht allzu abwechslungsreich an. Die Ziele sind klar, wie man diese erfüllt auch. Es gilt also ziemlich gerade darauf hinzuspielen. Ist das schlimm? Für mich in diesem Fall nicht. Denn der Reiz des Spiels entsteht aus der Interaktion mit den Mitspielenden. Nicht weil ich nun einen komplett anderen Weg ausprobieren wollen würde.
Dennoch läuft auch bei die Wölfe nicht alles komplett rund. Wer das Spiel beginnt, hat einen großen Vorteil. Schließlich hat man nicht nur den ersten Zug, sondern darf auch als erstes ein Pärchen aus Alpha- und Rudelwolf einsetzen. Für alle anderen gibt es keinen passenden Ausgleich. Außer, dass sie die zweiten Wölfe früher setzen können.
Außerdem bringen die Wertungen ein kleines Ungleichgewicht mit ins Spiel. Soll heißen, jeder kann sie theoretisch auslösen. Schafft dies wieder der Startspieler, waren alle andere einmal weniger am Zug. Hatten also weniger Möglichkeiten auszugleichen. Wobei man auch dazu sagen muss, dass man über die zu sammelnden Zusatzaktionen selbst auch mal schnell den Sack zumachen kann, um die Wertung zu erzwingen. Hier schwanke ich noch ein wenig, ob es dadurch nicht sogar ausgeglichen wird und Spannung erzeugt.
Einen Punkt möchte ich noch ansprechen. Das Spielertableau, in dem die gespielten Wölfe angestückelt werden, hatte mir schon versprochen, dass es Unterschiede in den einzelnen Rassen geben würde. Auch ist hier nichts so gedacht, dass man sich modular sein eigenes Rudel zusammenstellt. Nein, im Endeffekt hätte ein komplettes Tableau nur nicht in die Schachtel gepasst und die Rasse gibt nur an, mit welchem Landschaftstyp man es am einfachsten hat.
Alles in allem gefällt mir persönlich das Brettspiel die Wölfe. Aber ich muss auch gleich mit angeben, dass das Spiel bei meinem Mitspielenden nicht immer so gut ankam. Manch jemand empfand es sogar eher als mau. Am besten haben mir die Partien zu zweit gefallen. Hier hatte ich das Gefühl, den meisten Einfluss auf das Spiel ausüben zu können. Das direkte Duell förderte für mich das taktische Erlebnis.
Die Wölfe von Ashwin Kamath, Clarence Simpson
Ein relativ einfaches, aber effektives taktisches Spiel, das ich persönlich gerne auf dem Tisch habe. Selbst als Area Control Hasser hat es für mich seinen Reiz.
Christian:
Hinweis:
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Denny Crane
Schöner Test, wo ich auch bei vielen Punkten zustimmen würde. Ich mag das Spiel, da es ein Workerplacer ist, der aufgrund der sehr straffen Spielzeit genau richtig auf den Punkt kommt, wodurch eher sogar vlt noch mal ein Rematch entsteht
Das mit dem Startspielervorteil ist mir noch nicht so aufgefallen, werde es aber in den nächsten Spielen mal beachten…
Den Wiederspielwert kann ich auch noch nicht so ganz abschätzen. Dieser generiert sich am ehesten über die Spielerinteraktion…das mag ggf manchen Spielern zu wenig sein.
Manche Details wie die Jagd finde ich sehr atmosphärisch umgesetzt und auch sehr gemein schön, das defintiv nicht alle Spieler das Set vollkriegen.
Christian Renkel
Mir schwirrt ja immer ein Bild im Kopf herum. Im Endeffekt ist die Wölfe schon ein klein wenig wie Schach. Alle Informationen sind vorhanden, jeder kann genau dasselbe tun und man muss auf die anderen taktisch reagieren.
Denny Crane
Guter Vergleich…es gibt kein Zufall Außer ich brauche drei gleiche Terrain-Karten, weil ich auf eine Aktion eines Mitspielers reagieren muss