SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Christopher O'Neal, Johnny O'Neal
erschienen bei Asmodee
Könnt ihr ihn auch hören? Diesen in euch brennenden Klang, der euch in die Ferne zieht? Das ist das Abenteuer, das euch ruft! Alternativ könnte es auch das gute chinesische Buffet in der Nachbarstadt sein, aber das Abenteuer klingt romantischer als ein überfüllter Bauch.
Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass ein Brettspiel, das ein episches Thema haben möchte, sich auch lieber mit einer Heldenreise befasst. Und genau das ist, was den Kern von Call to Adventure ausmacht. Die Entwicklung eines normalen Menschen zu einer hoffentlich mächtigen Gestalt. Dabei liegt die Gesinnung ganz in eurer Hand. Wollt ihr für eure guten Taten bekannt oder doch lieber gefürchtet sein? Findet es heraus.
(Thornton Wilder)
Zu Beginn einer Partie Call to Adventure bekommt jeder Spieler erst einmal eine grundlegende Heldengeschichte. Woher kommt man, welche Motivation hat man und was ist unser Schicksal? Alle diese drei Punkte werden durch Karten symbolisiert. Von jeder Art erhält man zwei Stück, so dass man sich seinen Weg grob selbst bestimmen kann. Dabei hat jede Karte eine eigene Aufgabe. Herkunft und Motivation geben uns Sonderfertigkeiten und das Schicksal bestimmt, wie wir im Spiel zusätzliche Punkte sammeln können.
Hat jeder gewählt, geht es auch schon mit Stufe 1 los. Die dort ausliegenden Karten zeigen Eigenschaften oder Herausforderungen. Am Zug wählen wir eine dieser ausliegenden Karten. Für Eigenschaften müssen wir eine Bedingung erfüllen und dürfen sie dann einfach so nehmen.
Eine Herausforderung müssen wir zuerst bestehen. Jeder von ihnen sind bestimmte Attribute (in Form von Runen) zugeordnet, die bestimmen, wie sie zu bewältigen sind. Beispielsweise müsste man, um eine eingeklemmte Person zu befreien, Stärke und Geschick anwenden. Wir vergleichen, wie häufig die passenden Symbole bei unserem Charakter vorkommen und nehmen uns dann die Anzahl an Runensteinen. Zusätzlich erhalten wir immer drei Basisrunen und können uns bis zu drei dunkle Runen dazukaufen. Diese werfen wir und zählen die Erfolge zusammen. Haben wir die nötige Anzahl, haben wir die Herausforderung bestanden. Zu unserem Glück dürfen wir die Ergebnisse noch durch Heldenkarten beeinflussen. Zu unserem Pech können unsere Mitspieler uns durch Schurkenkarten ärgern.
Egal ob Eigenschaft oder Herausforderung. Haben wir sie erfüllt, schieben wir sie unter unsere Heldengeschichte und erhalten so weitere Runen, bekommen Helden-/Schurkenkarten oder sammeln Legendensymbole, welche für die Schlusswertung wichtig sind.
Haben ein Spieler drei Karten gesammelt, beginnt der nächste Akt, wobei alle darauf zugreifen können. Hat ein Spieler auch im letzten Akt drei Karten gesammelt, endet das Spiel und Punkte werden zusammengezählt. Wer die meisten hat, gewinnt.
Die komplette Spielregel zu Call to Adventure findet ihr hier. (externer Link)
(Joseph Joubert)
Mit wahrlich pompöser Grafik und interessanter Runen ausgestattet atmet Call to Adventure seinen Hintergrund aus jeder Pore. Dabei ist es eines der Spiele, das sich vollkommen auf die Thematik und der Interaktion der Spieler mit dieser verlässt. Es ist ein Spiel für Nerds mit einem Sonderbonus für Rollenspieler, da sich diese in der Epik der zu entwerfenden Heldenreise sofort wieder finden. Nun würde ich natürlich gerne sagen, dass es das in Perfektion abbildet und wir eine durch und durch spannende Zeit erleben. Jedoch wäre das gelogen.
Schließlich liegt das große Gerüst des Spiels auf den Schultern der Spieler. Reißen diese sich nicht zusammen, schwindet die persönliche Geschichte schnellen Schrittes, bis man diese überhaupt nicht mehr sieht. Dann wird eben nicht überlegt, ob man nun im Wald lieber den Ort der Macht sucht oder lieber den Verfolgern entkommen möchte. Denn dann legen wir unser Augenmerk nur noch auf die kryptischen Symbole. Also welche Belohnung wir erhalten und welche Fähigkeiten wir dazu beisteuern können. Natürlich sollte diese Überlegung auch Teil des Ganzen sein, jedoch ist es ein Stimmungskiller, wenn wir den ganzen Rest ignorieren. Wenn wir mit diabolischen Grinsen verkünden, dass wir das Feuerelemtar nun für unsere bösen Zwecke unterwerfen möchten, hat das einen ganz anderen Stellenwert als: „Ach, da brauch ich Magie und Geschick und es bringt mir Punkte und eine Schurkenkarte.“
Ist man auf ein perfekt beherrschbares Spiel aus, bei dem derjenige gewinnt, der die Mechaniken besser für sich nutzen konnte, wird man bei Call to Adventure auf Granit beißen. Denn der Zufall ist ein steter Begleiter. Lassen wir einmal die Ergebnisse der geworfenen Runen außen vor und konzentrieren uns auf die Punkte selbst. Ob uns diese vergönnt sind, liegen zu großen Teilen in Fortunas Hand. Kommen die Symbole ins Spiel, die unsere Schicksalskarte fordert? Wenn ja, dann sind uns gute Punkte gewisse. Genauso haben wir einfach Pech, wenn wir uns auf Magie spezialisiert haben und im letzten Akt vorwiegend Stärke Herausforderungen auf uns warten. Gleichfalls bietet manch Schicksal viel lukrativere Möglichkeiten als andere. Damit muss man umgehen können. Vor allem, wenn der Sieger doppelt so viele Punkte vorweisen kann, als man selbst.
Dann wären da noch die Runen. Wieder eine Mechanik-Entscheidung, die perfekt in das thematische Gerüst passt, aber vom Handling eher Luft nach oben lässt. Man wird häufig damit konfrontiert, dass man vor allem mit der Suche nach den richtigen Steinen beschäftigt ist. Denn die Form der Basis-Runen ist zu marginal anders, als dass man sie auf den ersten Blick erkennen könnte. Und die Symbole der Attribute auch immer wieder gut versteckt. Mit einer steten Sortierung und Erfahrung wird es zwar besser, aber nie so, dass es nicht einen kleinen Stolperstein darstellen würde.
Call to Adventure ist für Spieler, die sich in einer epischen Story fallen lassen und diese ausfüllen können. Dabei sollte man sich eben nicht daran stören, dass einem das Spiel ab und an (Runen-)Steine in den Weg legt und auch alles andere als fair bei der Punktevergabe ist. Spielerisch kein Highlight sorgt es dennoch mit seiner Thematik dafür, dass man zwischendurch eine gute Zeit hat. Und irgendwann schaffe ich es dann hoffentlich auch mal die richtigen Karten auf die Hand zu bekommen, um ein rechtschaffener Paladin zu werden. Wobei es interaktiver und witziger ist, sich dem Bösen zu verschreiben.
Call to Adventure von Christopher O’Neal, Johnny O’Neal
Optisch ein wahrer Leckerbissen, belohnt Call to Adventure vorwiegend die Spieler, die die Abenteuer richtig in Szene setzen können. Spielerisch eher ok, da die nötige Tiefe und Kontrolle fehlt.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
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