Bloodborne-Brettspiel-Cover

SPIELSTIL Rezension

Bloodborne: Das Brettspiel

Lesezeit: 10 Minuten

Ein Spiel entwickelt von Eric M. Lang, Michael Shinall
erschienen bei Asmodee, Cool Mini Or Not

- 10.Mai.2023

Anders als Christian habe ich nie das Playstation-Spiel Bloodborne gespielt. Auch all die anderen von diesen knüppelharten und unendlich schweren Spielen, wie Dark Souls oder Elden Ring – nie angefasst! Dabei ist es ja gar nicht so, dass ich nicht auch gute Computerspiele mit einer knackigen Schwierigkeit mögen würde. Auch diese düstere Stimmung; Steampunk bis Fantasy – ja, bitte gerne! Solche atmosphärisch dichten Spiele mag ich!

Bloodborne_Playstation_Overview

Blühende Wiesen, fröhliche Kaninchen… hm, wohl eher nicht…

Aber irgendwie habe ich nie den Sprung zu diesem Spiele-Genre gemacht und vielleicht lag es auch an meinem altersschwachen PC – eine Playstation besitze ich nicht – dass ich maximal darüber las, Youtube-Videos ansah oder eben bei neuen Kickstartern mit dem Thema dieser Spiele konfrontiert wurde. Wobei ich sagen muss – ich kann mich noch gut daran erinnern, als das Darksouls-Brettspiel ausgeliefert wurde: Da gab es sehr viel negative Kritik am Gameplay, an der Schwierigkeit, am repetitiven Farmen von Gegenständen und Ausrüstung – einzig die Bosskämpfe waren wohl gut. Ich selbst habe es nie gespielt, aber in den Brettspielforen konnte man dem ja nicht entgehen…

Entsprechend vorsichtig bin ich an Bloodborne: Das Brettspiel gegangen – mein erster Eindruck war dann gar nicht soo verheerend, wie ich es befürchtete… aber wie finde ich es mittlerweile?

Es gibt mehr Menschen, die kapitulieren, als solche, die scheitern.“

(Henry Ford)

Doch schauen wir uns erstmal an, wie das Brettspiel zu dem Playstation-Spiel eigentlich funktioniert. Am ehesten würde ich Bloodborne als ein Kampf-orientiertes Abenteuerspiel beschreiben. Bis zu vier Spielende schlüpfen in die Rollen der sogenannten Jäger in einer (ziemlich finsteren) Stadt namens Yharnam. Diese Stadt wird von allerlei Monstern und üblen Gesellen heimgesucht – und wir versuchen kooperativ, also gemeinsam, diese Viecher zu stoppen und ihnen den Garaus zu machen. Zu diesem Zweck hat jede Rolle ganz unglaublich spezielle Waffen parat – sogenannte Trickwaffen – die auf fantasievolle Art und Weise die Kreaturen vom Dies- ins Jenseits befördern.

Doch das Brettspiel bietet auch eine Story: Im Grundspiel (es gibt jede Menge Erweiterungen) sind vier Kapitel enthalten – quasi kleine Kampagnen, die aus 3 einzelnen Szenarien bestehen. Diese sind auf einem großen Stapel Karten abgedruckt, die uns immer ein wenig davon erzählen, worum es eigentlich geht und was passiert. In der Regel gibt es eine Hauptmission, die man aber erst dann bestreiten darf, wenn man eine bestimmte Anzahl kleinerer „Nebenmissionen“ gespielt hat. Da hier nicht immer dieselben ins Spiel kommen, ist Abwechslung gegeben. Letztendlich sind aber die meisten Missionen dann doch nur eines: Aufträge, einen Gegner umzuboxen!

Wer braucht schon einen Stadtplan?

Bloodborne_Boardgame_Atmosphere

Die Stadt ist ein Labyrinth…voller Monster!

Während wir aber metzelnd und schnetzelnd durch die Stadt ziehen, müssen wir Folgendes feststellen: Erstens hatte der Erbauer dieser Stadt weder Ahnung von modernen Wegekonzepten – noch einen Plan. Wir stolpern also ziemlich ziellos durch die Gegend und decken Platte für Platte neue Gebiete auf, in der Hoffnung, unsere Ziele zu finden. Denn Zweitens: Es gibt immer noch Bewohner in dieser Stadt, die uns nicht (sofort) ans Leder wollen, aber die haben meist Aufträge für uns, welche mit bestimmten Orten zusammenhängen. Und diese dürfen wir dann erstmal suchen gehen. Damit kommen wir wieder zu Erstens: Kein Plan!

Doch nun zum eigentlichen Kern des Spiels – und hier merkt man auch, dass hier viel Redaktionsarbeit hinein geflossen ist: Immer, wenn wir uns mit einem Monster anlegen – sei es, weil wir angreifen, oder weil wir vom Monster angegriffen werden – kommt es zu einem Schlagabtausch. Anders als in klassischen Kampfspielen führt man hier nicht abwechselnd mit dem Gegner Angriffsaktionen aus, sondern beide Kontrahenten hauen direkt zu. Wir als Spielende wählen dabei eine Handkarte aus und platzieren diese auf einem freien Feld unserer Trickwaffe. Dabei gibt das Feld vor, wie viel Schaden wir machen werden, und wie schnell unser Angriff ist. Je nach Jägerin, also Trickwaffe, ist das sehr unterschiedlich! Aber der Clou ist die platzierte Karte: Diese modifiziert diesen Angriff nun noch. Manchmal wird der Schlag schneller oder macht mehr Schaden – oder er hat spezielle Auswirkungen. Wenn wir also unsere Karte gewählt und platziert haben, decken wir eine Gegnerkarte auf, die uns nun sagt, wie schnell und wie stark unser Gegner angreift. Schaffen wir es, unserem Gegner genug Schaden zuzufügen, dass dieser besiegt ist, bevor er selbst angreifen kann, sind wir fein raus: wir müssen keinen Gegenschlag hinnehmen! Hier kann man also durch geschicktes Wählen der Angriffe viel ausrichten!

Bloodborne_Boardgame_Combat_Example

Ein Beispiel für den Schlagabtausch – wir schlagen für 5 Schaden zu und besiegen den Gegner! Aber vorher gibt uns die Seuchenbestien noch 2 Treffer mit auf den Weg…

Auch Respawn! Wie im Computerspiel!

Nun gibt es eine Besonderheit: Zu einem beliebigen Zeitpunkt unseres Zuges dürfen wir, indem wir eine Karte für eine Aktion abwerfen, in den sogenannten Traum teleportieren. Das ist äußerst praktisch: Nicht nur werden wir komplett geheilt und unsere Trickwaffe wieder aufgefrischt – wir dürfen nun auch Erfahrungspunkte für besiegte Gegner in neue Karten umtauschen und so unser Deck aus 12 Karten verbessern! Ein kleiner Nachteil allerdings: Alle Gegner, die bereits besiegt wurden, tauchen wieder auf – der Computerspieler kennt das als „Respawn“. Doch wer meint, er könne ohne diesen durch Yharnam ziehen, der täuscht sich: In regelmäßigen, immer kleiner werdenden Abständen, erfolgt dieser Respawn ohnehin – Eile ist also geboten!

Schließlich gibt es natürlich auch noch verschiedenste Belohnungen. Manche sind zufällig, andere sind durch die Missionen vorherbestimmt. So oder so – wir werden immer stärker! Und das müssen wir auch werden…

Träume, als lebtest du ewig – lebe, als stürbest du heute.

(James Dean)

Thomas meint:

So, aber nun kommen wir doch zu den wirklich wichtigen Fragen.

Was macht Bloodborne: Das Brettspiel richtig?

Tja, ich hatte es schon bei der Zusammenfassung der Regeln angedeutet: Das Kampfsystem ist richtig, richtig hammermäßig gut! Ich kann es nicht anders sagen – ich bin ja nun wirklich kein Freund von Würfeleien, aber ein wenig Zufall darf es schon sein. Hier prallen diese beiden Welten aufeinander und verschmelzen zu einer der besten Mechanik, die ich kenne, wenn es um die bewaffnete Auseinandersetzung im Brettspiel geht! Auf meiner Seite, der Seite der Spielenden, habe ich die volle Kontrolle: Ich weiß wie schnell ich bin, ich weiß wie viel Schaden ich mache und ich weiß, ob ich noch ausweichen kann oder welche besonderen Manöver ich noch parat habe. Auf der Monsterseite – nun… da bin ich mir nicht immer sicher. Das hört sich komisch an? Ist aber so: Die Monster haben jeweils drei verschiedene Arten des Angriffs: StandardSpezial und Fähigkeit. Für jeden dieser Angriffe ist exakt festgelegt, wie schnell er ist, wie viel Schaden er macht und was die besonderen Auswirkungen sind.

Bloodborne_Boardgame_Enemy_Actions

3 Monstertypen – und das Angriffsdeck!

Das hört sich bekannt an? Japp, es ist in der Tat wie bei den Spielenden! Aber: Ich weiß nicht immer, welchen Angriff das Monster machen wird! Denn es gibt das Gegneraktions-Deck der Monster, und dieses hat 3x den Standard-Angriff, 2x den Spezial-Angriff und 1x die Fähigkeit. Das Deck wird aber erst dann neu gemischt, wenn die letzte Karte gezogen wurde. Also weiß ich, wenn schon die Fähigkeit– und eine der Spezial-Karten gezogen wurden, dass sehr wahrscheinlich ein Standard-Angriff erfolgt – und eventuell ein Spezial-Angriff. Damit kann ich einschätzen, wie groß die Risiken bei einem Gegenschlag sind und das gefällt mir außerordentlich gut. Da aber nach 6 Angriffen das Deck neu gemischt wird, schwankt die (Un)Sicherheit bei der Voraussage der Gegneraktion immer wieder in Wellen hin und her.

Im Endeffekt wird hier simuliert, dass man bei Spielen wie Bloodborne an der Playstation die Gegner mit der Zeit „lernt“ und weiß, wie sie funktionieren – so dass ein Gegner, der vorher unüberwindlich schien, plötzlich sehr, sehr einfach wird.

Als nächstes: Das Aktionssystem! Auch hier wieder: Einfache Mechanik, tiefgreifende Wirkung. Alles, was die Spielenden machen, kostet eine Karte. Bewegen, Angreifen, teleportieren. Damit ist geschickt eingeschränkt, wie viele Aktionen pro Runde möglich sind. Wenn es dann zum Kampf kommt, gibt es allerdings noch eine weitere Einschränkung: Im Kampf werden die Karten nicht einfach abgeworfen, sondern auf einen der (leeren) Ablageplätze der Trickwaffe gelegt. Damit werden die möglichen Manöver im Kampf immer weniger – und wenn die Waffe keine leeren Plätze mehr hat? Nun dann (oder natürlich auch gerne schon vorher) muss man eine Karte abwerfen, also eine Aktion aufwenden, um die Waffe zu „verwandeln“ (nicht von ungefähr heißen die Waffen Trickwaffen…). Damit wendet man praktisch den Charakterbogen und hat die Alternativ-Waffe mit nun wieder freien Plätzen – und teilweise komplett anderen Eigenschaften im Kampf! So dreht man im Laufe einer Partie die Waffe immer wieder hin und her, um im Kampf handlungsfähig zu bleiben… ich liebe diesen Aktions-Waffen-Mechanismus!

Bloodborne_Boardgame_Cards

Oben die einfachen Standard-Aktionen – unten die verbesserten Aktionen!

…und wo bricht es ein und versagt?

Sind wir ehrlich: bei Bloodborne: Das Brettspiel braucht man Nehmer-Qualitäten. Das Spiel ist nicht nett, es verzeiht nicht, und oft genug liegt die eigene Figur im Staub, weil man doch nicht genau durchgerechnet hatte, was die gegnerische Figur machen wird. Oder besser: Machen könnte. Oder man ist ein Risiko eingegangen. Das Problem ist nicht, dass man „stirbt“ – die Helden kehren ja einfach in „den Traum“ zurück und können dann wieder einsteigen – Nein, das Problem ist, dass dann alle Erfahrungspunkte weg sind, die Monster wieder neu aufgestellt werden und der kostbare Fortschritt dahin ist.

Aber das ist eigentlich gar nicht so schlimm; schlimmer ist, dass das Spiel die riesige Zufallskeule auspackt, wenn es wirklich drauf ankommt. Und mit der haut es einem auf den Schädel, dass man manchmal einfach nur zu Boden gehen kann. Ich rede von den Spielplänen. Es gibt keine wirkliche Vorbereitung, was den Stapel an aufzudeckenden Planteilen angeht, und so hat man Partien, bei denen Start und Ziel einer notwendigen Nebenqueste direkt nebeneinander liegen – und dann wieder Partien, bei denen man quer über die Karte laufen muss. Mal sind es Planteile mit 2 und 3 Gegnern – mal quasi keine Gegner. Leider wird das auch in keiner Art und Weise ausgeglichen – es ist einfach Glück oder Pech! Das ist um so frustrierender, als dass weit auseinander liegende Ziele und gleichzeitig viele Gegner eine Mission quasi unschaffbar machen können. Und das sieht man dann schon in der Mitte der Partie – ohne, dass es zu diesem Zeitpunkt schon kritisch wäre. Man spielt dann quasi auf den sicheren Untergang hin; den man auch nicht vermeiden kann! Das finde ich fast ein No-Go. Ich starte meist sofort neu, wenn es sich so abzeichnet, aber glücklich bin ich damit nicht…

Bloodborne_Boardgame_Dreamboard

Neue Aktionen gibt es im Traum! Das zentrale Spielbrett mit den Gegnern, dem Kapiteldeck und den neuen Aktionen.

Spaß macht es aber trotzdem

Versteht mich nicht falsch – das ist vielleicht in einer von fünf oder sechs Partien der Fall. Abgesehen davon spielt man in einer düsteren, verdorbenen Stadt mit waffenstarrenden Helden und kämpft gegen wilde Monstrositäten – und sind wir ehrlich: Sowohl die Miniaturen, als auch die komplette Illustration des Spiels sind super und tragen diese düstere Atmosphäre voll mit. Ich kann nicht beurteilen, ob die Figuren auch denen im Playstation-Spiel entsprechen – aber das ist mir eigentlich auch egal, weil sie auch so toll aussehen! Apropos Illustrationen: Noch schöner wäre gewesen, wenn die Aktionskarten für die Spielenden auch Illustrationen gehabt hätten, und nicht einfach nur Karten mit Icons und Text gewesen wären… Schade.

Bloodborne_Boardgame_Enemies

Was für eine Auswahl an gigantischen Gegnern!

So ist es unter dem Strich ein atmosphärischer (Dungeon)-Crawler, der mit einer hervorragenden Ausstattung und einem grandiosen Kampfsystem zu begeistern weiß. Man muss akzeptieren, dass es manchmal auch nicht rund läuft und die Gegner einen einfach umboxen – hier wäre eine Möglichkeit zur Anpassung der Schwierigkeit schön gewesen – aber dass es absolut aussichtslos ist, passiert eher selten.

Dir hat die Rezension gefallen? Du denkst wir liegen völlig daneben? Lass uns wissen was du denkst.

Bloodborne: Das Brettspiel von Eric M. Lang, Michael Shinall

Bloodborne-Brettspiel-Cover

Düsterer Crawler mit üppiger Ausstattung und durchdachtem Aktionssystem – aber starkem Zufallselement bis hin zu unschaffbaren Leveln.

Spielstil – Wertung

Thomas:

8/10
Das gefiel uns
  • Tolle Atmosphäre
  • Sehr passende Miniaturen
  • Aktions/Kampfsystem mit Kniff
Das nicht so
  • Keine modifizierbare Schwierigkeit
  • Zufall beim Stadtplan oft frustrierend
Hier bekommt ihr „Bloodborne: Das Brettspiel“

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Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.

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Thomas Büttner

Tom schätzt neben komplexen Euros auch thematisch satte Solitär-Meisterwerke - und natürlich feine App-Umsetzungen. Dabei wird er schon mal ungehalten, wenn die Steuerung umständlich ist oder das User Interface unintuitiv.

So erreicht ihr Thomas:

2 Comments
  1. Ich habe das Spiel richtig lieb gewonnen und kann deiner Wertung größtenteils zu stimmen. Es ist sehr Immersiv und das Aktions-/Kampfsystem finde ich herausragend.
    Ich dachte Anfangs das die Jäger, weil sie kleiner vom Maßstab sind, ein Fehldruck wären. Mich stört es das sie kleiner sind. Vielleicht kommt es von der digitalen Vorlage, diese kenne nicht. Ansonsten sind die Miniaturen wirklich gut.
    Positiv finde ich noch die länge der Storytexte. Ich möchte beim spielen keinen Roman lesen.
    Ja, die Schwierigkeit des Spiels hängt oft mit dem zufälligen Stadtplan zusammen, aber in beide Richtungen.

    Reply
    • Portrait Tom

      Ja, in beide Richtungen – zugegeben. Aber das macht es ja nicht besser.
      Wenn ich nicht weiß ob ich gewonnen oder verloren habe, weil es Zufall war, oder weil ich so gut gespielt habe, finde ich das unbefriedigend.
      Und in die Richtung „zu schwer“ finde ich es deshalb schlimmer, weil eben durch die Auslage des Stadtplans schon frühzeitig feststehen kann, dass ein Szenario nicht mehr zu schaffen ist – aber es erst zum Ende hin klar wird…

      Reply

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