SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 8 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Eric M. Lang
erschienen bei Cool Mini Or Not
In Ankh haben die Menschen in Ägypten genug von ihren vielen Göttern und rufen zum Kehraus im Pantheon auf. Monotheismus ist jetzt en vogue. Ankh ist wie “Ancient Egyptian Idol”, die Götter buhlen um Aufmerksamkeit bei den Menschen. Wer nicht genug Stimmen aka Verehrung, hat fliegt raus, ein schöner Bezug zur Gegenwart. So kämpfen sie also um die Vorherrschaft in den Regionen, bei den Monumenten Ägyptens und gegen das Vergessen.
(Mika Waltari, aus Sinuhe der Ägypter)
In Ankh verkörpert man einen der bekannten Götter Ägyptens, beispielsweise Osiris, Isis oder Re. Jeder hat eine einzigartige Kraft, die ihm erlaubt, Dinge zu tun, die andere Götter nicht können. Ein Spiel kann auf mehrer Arten enden:
Ja, ihr habt richtig gelesen, es gibt in Ankh player eliminiation, später dazu mehr.
Der Spielaufbau variiert je nach gewähltem Szenario. Neben den Elementen auf dem Spielplan bringen die Szenarien in Ankh teilweise Regelmodifikationen mit. Ist man am Zug, darf man bis zu 2 Aktionen auswählen, es gibt:
Bei der Wahl der Aktion gibt es zwei Dinge zu beachten. Erstens: Die zweite Aktion muss immer eine darunter liegende Aktion sein. Wer “Figuren bewegen” wählt, kann danach nur eine der drei anderen wählen. Wer “Ankh – Kraft freischalten” zuerst wählt kann keine weitere Aktion durchführen, da es keine Aktion “darunter” gibt. Zweitens: Mit jeder Aktion wird der Marker auf der entsprechenden Aktionsleiste nach rechts verschoben. Kommt der Marker dabei auf das weiße Feld am Ende, wird ein Ereignis ausgelöst. Es gibt insgesamt drei Ereignisse in Ankh. Monument kontrollieren, erlaubt der Göttin, die es ausgelöst hat, ein neutrales Monument zu übernehmen. Mit “Kamel-Karawane” teilt man das Land und erzeugt so eine weitere Region, was für neue Mehrheitsverhältnisse sorgt. Und zu guter Letzt der Konflikt. Diese werden in Ankh über die Anzahl der Figuren, Handkarten und Ankh Kräfte entschieden.
(Aus Ägypten)
Beginnen wir ganz von vorn und dem, was Ankh beim Auspacken auslöst. Es schrie mich geradezu an: “Ich und überproduziert? Blödsinn! Na gut, vielleicht – ein wenig”. Die Figuren der Götter sind riesig, wirklich toll modelliert und von schöner Qualität. Man mag sich deshalb fragen, braucht man das wirklich? Brauchen ist meines Erachtens die falsche Frage. Es passt und unterstreicht das Thema. Wir bewegen in Ankh Götter über das Spielbrett, das dürfen keine kleinen Holzmeepelchen (ich weiß, das ist kein Wort 🙂 ) sein. Ich brauche das bestimmt nicht bei jedem Spiel, hier passt es ausgezeichnet. Zu meinem großen Bedauern haben sie bei aller Opulenz die Farbwahl versemmelt. Die Farben mögen stylish und reduziert sein, doch mit meiner Rot – Grün Schwäche brauche ich abends schon das große Flutlicht, um sie zielsicher auseinanderhalten zu können.
Ankh blendete mich zuerst eher beim Regelstudium. Es war tatsächlich der Umfang des Heftes. Ich war überrascht, das Spiel ist gut zu erlernen, einen großen Teil des Regelwerks nehmen die Beispiele ein. Erstaunlich mit wie wenig Regeln Ankh auskommt. Es fällt damit eindeutig in die Kategorie “easy to learn, hard to master”. Nach ein paar Spielzügen findet man sich durchaus sattelfest im Regelwerk und dann dämmert einem langsam, was alles hinter diesen wenigen und sehr eleganten Regeln steckt.
Denn schon die Wahl der Aktion(en) ist eine Sache für sich. Ankh stellt uns vor ein köstliches, mehrdimensionales Problem. Ich bin beschränkt in der Reihenfolge der Aktionen. Die erste der beiden schränkt die Auswahl für die zweite unter Umständen erheblich ein. Was mich unter Umständen dazu zwingt, auf die zweite Aktion zu verzichten oder ich disponiere um. Der andere Faktor ist die Position der Figur auf der Aktionsleiste. Welche Figur ist wie nah am Ende der Leiste? Kann ich ein Ereignis auslösen? Will ich das überhaupt? Oder schiebe ich die Figur zu nah ans Ende, sodass der nächste Spieler eines auslösen kann? Das ist kopflastig zugegeben, aber es spielt sich interessant und erstaunlich rasch. Die Downtime ist erträglich, sogar bei 4 Spielern. Zudem sind die Entwicklungen auf dem Spielbrett immer interessant, sodass der gelangweilte Griff zum Handy nur bei hoher Abhängigkeit passieren sollte. Sogar Grübelstarriker kommen ohne schlimmere Symptome durch die Aktionswahl.
Neben den Aktionen sind die Ereignisse das andere große Thema von Ankh. Zwei davon sind bemerkenswert. Die Kamel – Karawane, sie gibt es drei Mal vor und teilt das Land neu auf. Es kommt also jedes Mal eine weitere Region hinzu. Für dieses Ereignis braucht man etwas Erfahrung, um wirklich zu wissen, was man macht. Denn je nachdem, wie ich die sechs Kamele platziere, habe ich die Mehrheiten in einer Region völlig auf den Kopf gestellt. Und Mehrheiten sind gerade bei Konflikten extrem wichtig, um Verehrung zu gewinnen.
Es gibt bis zu 5 Konflikte in Ankh. Es sind die Wertungsintervalle im Spiel. Nur hier gibt es Verehrung für das was man bisher erreicht hat. Der Konflikt zeigt, dass Ankh im Herzen ein Mehrheiten- / Area Control Spiel ist. Jede Region wird einzeln abgehandelt. Dabei werden die Mehrheiten für Monumente und Kampfstärke geprüft. Wer mehr hat, dem wird Verehrung gegeben. Die Kämpfe fühlen sich dabei nie gefährlich, schlimm oder brutal an. Auch wenn man den Kampf verliert, ist das selten schlimm. Im Gegenteil es ist vorteilhaft oft an Kämpfen beteiligt zu sein. Man mag manche seiner Krieger verlieren, aber der Gott stirbt dabei nie.
Sind mehr als 2 Götter im Spiel, verschmelzen in Ankh nach dem dritten Konflikt die beiden Götter mit der geringsten Verehrung zu einer einzigen Göttin. Die Glaubensgemeinde kann die beiden wohl nicht mehr so genau unterscheiden. Dabei wird alles, was der Spielende mit der geringsten Verehrung bis dahin erreicht hat vom Brett gefegt nur der Gott selbst bleibt. Was sich etwas seltsam anhört, spielt sich auch so. Die wenigsten freuen sich darüber und noch seltener hat die verschmolzene Göttin dann auch gewonnen. Ankh hat hier einen spannenden und interessanten Designkniff, aber so richtig gefallen will er mir nicht. Ich kann viel besser damit leben, dass alle Götter, die nach dem vierten Konflikt zu wenig Verehrung haben, vom Volk vergessen werden und damit aus dem Spiel sind. Das klingt tragisch, ergibt aber wirklich Sinn im Rahmen des Themas, zumal dies erst kurz vor Ende der Partie geschieht. Fallen alle Götter raus, ist das Spiel vorzeitig zu Ende.
Und jetzt? Ich finde Ankh gut, eigentlich sehr gut sogar, aber eben nur eigentlich, denn es hat schon ein paar Abzüge in der “B-Note”. Die Zugänglichkeit ist ausgezeichnet, mit wenig Regeln hat Eric M. Lang ein ausgewogenes, kopflastiges, sehr interessantes und wunderbar thematisches Spiel entwickelt. Die Idee, dass eine Gesellschaft sich vom Polytheismus zum Monotheismus entwickelt und die Götter gegen das Vergessen kämpfen, fanden wir alle großartig. Es gibt ein ganzes Heft an Szenarien, die einen Spielaufbau und ggf. noch zusätzliche Regeln vorgeben. Für längeren Spielspaß und Varianz ist gut gesorgt. Die Interaktion zwischen den Spielenden ist in Ankh so gestaltet, dass man fast schon auf friedliche Art Stärke misst, sich gefühlt, aber nicht gegenseitig zerfleischt. Sogar aus einem verlorenen Kampf kann man Positives ziehen. Die Stimmung am Tisch war immer gut. Es sei denn es ging um das Auslösen der Ereignisse. Es kann vorkommen, dass ein Spielender deutlich seltener ein Ereignis auslöst. Damit profitiert er nicht von dessen Vorteilen und kommt somit gerade zu Beginn der Partie nur schwer voran. Dies war einer der größten Kritikpunkte am Ende jeder Runde. Und dann natürlich noch die große Gottesfusion nach dem 3 Konflikt. Die Göttin mit der wenigsten Verehrung räumt erst einmal alles vom Spielbrett. Das ist bereits unschön, verliert der verschmolzene Gott am Spielende, kommt das einem zweiten Mal Verlieren in einer Partie gleich. Muss nicht sein.
Vielleicht verbannen wir die Verschmelzung als Hausregel, das haben wir noch nicht probiert. Denn ich spiele Ankh wirklich gerne und würde es ungern im Regal hinter Dünen von Staub vergessen.
Ankh von Eric M. Lang
Ankh ist eine Augenweide. Es punktet mit einem sehr zugänglichen Regelwerk, sehr interessantem Spielablauf und Szenarien für viel Varianz. Leider gibt es ein paar Schattenseiten mit denen man können muss.
Robert:
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