SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 6 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Dirk Barsuhn
erschienen bei Zoch
Bereiten wir uns zuerst einmal auf diese Rezension vor. Atmet tief ein und aus. Lasst jegliche negative Energie aus euch fahren, um Platz zu schaffen für das Positive. Werdet eins mit euch selbst und wiederholt das Mantra: „Brettspiel ist Nahrung für einen hungernden Geist.“
Wer sich auch nur ein klein wenig mit Meditation auskennt, merkt direkt, dass ich von der Materie keine Ahnung habe. Aber das macht nichts. Denn genauso wenig weiß ich über dem Bau von Burgen, Ackerbau oder der Steuerung von X-Wing. Dennoch habe ich mit entsprechenden Spielen meinen Spaß.
Außerdem habe ich mir Ananda auch nicht wegen des Themas ausgesucht, sondern weil ich die Hoffnung hatte, dass es meiner Mutter genauso gut gefallen könnte wie Azul. Und das kann ich hier schon mal sagen. Das hat nicht funktioniert.
(Jiddu Krishnamurti)
In Ananda werden wir Stück für Stück Dominoartige Steine auslegen, um so Farbflächen zu erschaffen und dadurch zu punkten. Doch gehen wir erst einmal einen Schritt zurück.
Zu Zugbeginn müssen wir uns entscheiden, auf welche Farbfläche sich unser meditierender Mönch setzt. Dies darf nicht dieselbe sein, auf der wir unseren Zug begonnen haben oder eine, die bereits von einem anderen Mönch vollmeditiert wird.
Haben wir eine passende Fläche gefunden, dürfen wir diese mit unseren Bausteinen erweitern. Wichtig, Steine dürfen nur dann gespielt werden, wenn sie der gewählten Farbe entsprechen. Dafür haben wir einen Vorteil. Egal wie hoch der Stein liegt, er hängt mit dem Nachbarstein zusammen und zählt so zu unserer Fläche dazu.
Sind wir damit fertig, zählen wir die Gesamtanzahl der Felder unserer Fläche. Nun dürfen wir diesen Wert verwenden, um passende Farbkarten von der Hand zu spielen. Diese Karten zählen am Spielende zu unseren gesammelten Punkten.
Wir haben vier blaue Felder und spielen vier Punkte aus. Wir ziehen also keine Steine nach.
Für jedes dabei nicht verwendete Feld ziehen wir nun noch einen Stein. Haben wir danach weniger Karten auf der Hand als Steine im Vorrat, ziehen wir noch nach. Damit endet unser Zug. Und der nächste Meditationspartner ist an der Reihe.
Befinden sich keine Steine mehr im allgemeinen- und dem persönlichen Vorrat eines Spielers, endet Ananda. Nun werden die Punktewerte der Karten gezählt, die wir über die Partie ausgespielt haben. Wer die meisten hat, gewinnt.
Die komplette Spielregel zu Ananda findet ihr hier. (externer Link)
(Jon Kabat-Zinn)
Eigentlich sind die Grundlagen von Ananda auf dem Papier perfekt für ein Spiel dieser Kategorie. Sie bieten einen einfachen Einstieg, erfordern teilweise kleine Tricks beim Spiel selbst und fühlen sich dann belohnend an. Doch Papier ist geduldig und eine gute Theorie muss nicht unbedingt in der Praxis punkten.
Die folgenden Gedanken mögen daran liegen, dass ich manche Gegebenheiten negativer auffasse, die andere vielleicht mit einem Schulterzucken akzeptieren. Doch möchte ich sie dennoch ansprechen. Ihr entscheidet dann selbst, ob es tatsächlich spielspaßkillend für euch sein könnte.
Fangen wir mal mit den ganzen Leerzügen an. Diese passieren, wenn ihr im Spiel keine passende Kombination aus Farbsteinen und Karten euer Eigen nennt. Entweder weil ihr unglaubliches Pech beim Ziehen hattet oder eure Mitspieler die einzigen Farbflächen blockieren, die ihr habt. Hier könnt ihr dann nur euren Mönch zu euch nehmen und einen Stein ziehen. Es sei denn, ihr habt bereits acht. Dann ist der Zug komplett verloren.
Das passiert leider nicht nur selten, sondern eher regelmäßig. Man könnte nun noch argumentieren, dass das ja alle betrifft. Aber gerade das ist dann doch irgendwo ein Fehler im Design. Wenn mich das Spiel zwingt, sinnlose Züge zu integrieren, spiele ich dann in dem Moment überhaupt? Ich habe nichts dagegen, wenn man durch eigene Spielweise mal mit einem solchen Zug bestraft wird, aber das fühlt sich einfach fehl am Platz an.
Auch so wird man eher durch das Spiel geführt. Man sieht innerhalb von Sekunden, welche Möglichkeiten man hat und welche nicht. Nicht viel länger braucht es, um dann noch den lukrativsten Zug zu finden. Das Spiel reduziert also meine persönlichen Entscheidungen.
Gleichzeitig nimmt es Emotionen raus, indem ich nicht gezielt gegen meine Mitspieler agieren kann, da alle Informationen verdeckt sind und sich aus dem Verhalten keine Pläne ableiten lassen. Blockiere ich jemanden dann vollkommen unbeabsichtigt.
Dazu kommt dann, dass die Spannungskurve im Endspiel komplett abfällt. Es lässt sich größtenteils schnell erkennen, ob und wie man noch punkten kann. Selbst das Ende zu pushen ist selten möglich, da Farbsteine ja nur dann gespielt werden dürfen, wenn man passend sitzt! Das zwingt einen mitunter dazu, dass man die letzten Steine Zug um Zug einzeln spielt, ohne dabei etwas auszulösen. Spannung geht anders.
Einen letzten negativen Punkt führe ich noch auf. Der mag so richtig kleinlich sein, aber die Feldgrößen des Spielfelds stimmen nicht mit denen der Steine überein. Dadurch sieht das Spielfeld im letzten Drittel auch gerne etwas durcheinander aus. Schade.
Dennoch kann Ananda belohnend sein. Wenn Züge gelingen, über die man nicht nur viele Punkte einheimst, sondern auch noch wieder genügend Steine zieht, fühlt sich das richtig gut an. Und das ist ein Punkt, auf den wir nochmals zu sprechen kommen müssen.
Die Überlegung, Punktekarten zu spielen oder Steine zu ziehen, ist interessant. Nichts, was einen zur Verzweiflung bringen wird, jedoch ist die Verlockung groß, viele hohe Punktekarten zu spielen. Doch häufig steht man dann sehr blank da, was den eigenen Vorrat und dadurch die Möglichkeiten angeht. Die Balance ist wichtig und sorgt für interessante Abwägungen.
Am wenigsten hat mir Ananda zu zweit gefallen. Hier war es nie ein Problem, den kompletten Stapel Auftragskarten durchzuspielen, bevor wir überhaupt in die Nähe des Spielendes gekommen waren! Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich ein besonders helles Kerlchen bin oder der Umstand in Tests nie aufgefallen wäre.
Ananda ist ein sehr einfaches Familienspiel. Wenn man nichts dagegen hat, von der Mechanik immer wieder in eine Richtung geschubst zu werden, hat man hier eventuell sein Spiel gefunden. Mir persönlich fehlt leider die Möglichkeit, durch geschicktes Spiel Leerzüge zu vermeiden und ein spannendes Endspiel zu genießen.
Ananda von Dirk Barsuhn
Wenn man nichts dagegen hat, dass die Entscheidungen sehr offensichtlich sind, man zu Leerzügen gezwungen wird und nicht aktiv gegen Mitspielende zu agieren, kann man mit Ananda eine schöne Zeit haben. Meins ist es dann leider nicht.
Christian:
Hinweis:
Wir haben das Rezensionsexemplar ohne Auflagen gratis vom Verlag bekommen.
Mehr Informationen zu Affiliate Links und Rezensionsexemplaren findet ihr in unserer Übersicht zur Transparenz und in den Bestimmungen zum Datenschutz.