Oath kommt in der deutschen Version demnächst bei Spielworxx heraus, daher möchte ich meine ersten Gedanken zu Oath mit euch teilen. Cole Wehrle hat bisher gar nicht so viele Spiele auf dem Buckel. Die Liste bei Boardgamegeek ist sogar recht kurz, zieht man die ganzen Erweiterungen ab. Bei uns schlugen sein Pax Pamir und Root heftigst ein und beide sind noch immer hoch im Kurs. Wenn er ein neues Spiel herausbringt, dann verfolgen wir das mit großer Aufmerksamkeit. Oath ist gar nicht mal so neu, es hat nur ein wenig gedauert, bis es den Weg zu uns fand.
Wie funktioniert das überhaupt?
Ich würde mir selbst minutenlang auf die Schulter klopfen, wenn ich das in zwei prägnanten Sätzen hinbekäme. Doch wären sie trotz aller Prägnanz fürchterlich lang oder es würde dem Spie doch nicht gerecht werden.
Im Wesentlichen gibt es 2 Fraktionen im Spiel. Die Kanzlerin (nein nicht die Angela), möchte die Macht über das Land erhalten. Sie spuckt den Exilanten, die andere Fraktion, in die Suppe. Das muss sie mindestes 5 längstens 8 Runden schaffen, um zu gewinnen. Die Exilanten hingegen wollen etwas anderes für das Land. Sie haben Visionen, wie es sein könnte und versuchen diese zu realisieren. Oder sie entreissen der Kanzlerin ihr Machtversprechen (den Oath), werden dadurch selber zum Oathkeeper und halten es für 2 Runden. Es gibt noch eine weitere Fraktion, die zwischen den beiden steht, die Bürger. Ein Bürger kämpft für die Kanzlerin und gewinnt das Spiel auf noch eine andere Weise als Nachfolger der Kanzlerin.
Wie man Oath spielt habe ich noch gar nicht beantwortet, ich weiß 🙂
Eine Partie geht maximal 8 Runden, kann aber auch deutlich früher zu Ende sein. Ein Zug ist eine Reihe von beliebig vielen Aktionen, auch die gleichen. Einzige Massgabe, man muss sie sich leisten können. Basisaktionen kosten Versorgungsgüter (Supply). Weitere Aktionen findet man auf Karten, die man selbst hat oder die an dem Ort liegen. Sie zu nutzen kostet typischerweise Geld (Favor: Gefallen) oder Geheimnisse (Secrets).
Basisaktionen sind unter anderem:
- Reisen, die Supply-Kosten sind unterschiedlich, je nachdem, in welcher Region man sich befindet und wohin man will.
- Suchen, man zieht bis zu 3 Karten, entweder vom allgemeinen Stapel oder dem Ablagestapel der Region. Eine behält man, die anderen werden abgelegt. Diese kann sofort ans eigene Tableau oder an den aktuellen Ort gespielt oder verdeckt behalten werden.
- Krieg führen (Campaigning) je nach Position kann man alles, was das Ziel besitzt, angreifen. Also Orte (ja Plural), Artefakte oder das Ziel selbst.
Wer gewinnt, darf in der nächsten Partie die Rolle der Kanzlerin übernehmen. Außerdem werden die Orte und Karten anhand der jetzigen Spielsituation für das nächste Spiel bestimmt.
Was macht Oath richtig?
Wenige Brettspiele regten meine Gehirnwindungen so an, wie Oath das macht. Das Spielfeld ist immer anders und muss neu gedacht werden. Die Karten werden jeweils neu zusammengestellt, jede davon einzigartig. Allein schon die Siegbedingungen sind vielfältig. Die Entscheidung für eine davon, ändert meine Strategie völlig. Auf der einen Seite kann man der Kanzlerin ihren Eid den sie geschworen hat abluchsen. Der Eid ist die Bedingung mit der sie das letzte Mal gewann. Oder man findet eine Vision im Kartenstapel, ein weiterer Weg wie man die Partie gewinnen kann.
Gleichzeitig ist es dringend nötig, die anderen Spieler im Auge zu behalten, um frühzeitig zu erkennen, wer welches Ziel verfolgt. Der Sieg der anderen will gleichzeitig noch verhindert werden.
Manchmal besteht ein Zug nur aus wenigen Aktionen, die sich trotzdem wichtig anfühlen können. Deutlich befriedigender wird es aber, wenn man eine kleine Engine gebaut hat, mit der man Favors oder Secrets generieren und damit weitere Aktionen auf Karten nutzen kann.
Bestreitet man als Kanzlerin das Spiel, ist es ein reines Siegverhinderungsspiel. In dem Fall muss man nicht paranoid sein, um zu sehen, dass alle anderen einen vom Thron schubsen wollen.
So gleicht eine Partie kaum einer anderen. Oath fordert die Spieler heraus. Eine Partie vergeht nicht, ohne dass danach ausgiebig über das Geschehen, die Strategien und (un-)glückliche Züge diskutiert wird. Dabei hat eine Partie eine echte Auswirkung auf die nächste. Wer gewinnt, ist beim nächsten Mal Kanzlerin. Die eroberten Regionen sind beim nächsten Mal wieder dabei. Die gespielten Berater des Gewinnenden haben Einfluss auf den kommenden Kartenstapel. Mit diesem very-light Legacy Mechanismus verleiht Oath den vergangenen Partien Bedeutung für die kommenden. Ohne Kleben, Zerreißen oder sonstige gewalttätige Handlungen gegen das Spielmaterial.
Das Ganze präsentiert im wunderschönen Design von Kyle Ferrin, der auch schon Root gestaltet hat und Oath damit eine spezielle (aber für mich tolle) Tischpräsenz beschert.
Was nervt an Oath?
Leute bringt Geduld und Zeit mit, sonst wirds mühsam und zäh. Oath ist nicht besonders zugänglich, es ist kompliziert meets komplex. Wer die Regeln gelesen hat, weiß danach nicht zwingend, wie das Spiel funktioniert. Bis man begriffen hat, wie man das Spiel gewinnen kann, dauert es. Bis man weiß, wie die Mechanismen ineinandergreifen, dauert es. Wir haben uns in der ersten Partie Zeit gelassen, ausgiebig über Regeln und Mechanismen geredet. Die vierte Runde brachte dann so etwas wie Spielfluss. Zeitlich sind wir irgendwo zwischen 3 und 4 Stunden gelandet. Die zweite Partie, zwei Wochen, später war überraschenderweise ähnlich. Wieder erkannten wir, dass einige Regeln erneut diskutiert werden mussten. Doch das ging schon schneller. Wer sich das nicht antun mag, wird keine Freude an Oath haben.
Oath ist eigentlich ein Strategiespiel ist, doch ist man auch vom Glück abhängig. Wer keine Visionen auf der Hand hat, dessen Weg zum Sieg scheint deutlich schwieriger, hier liegt vielleicht Frustpotenzial. Fürs Campaigning braucht man ein gutes Würfelhändchen, wer Mist würfelt, kann die dickste Armee in den Tod schicken.
Freue ich mich auf die nächste Partie Oath?
Ja. Die ist auch schon geplant 🙂 Wir spielen zu viert in der selben Gruppe, was es noch schöner macht.
Ich bin sehr neugierig darauf, das Spiel weiter zu erkunden. Es fühlt sich lohnend an, das Spiel zu meistern und sich den immer wieder ändernden Voraussetzungen anzupassen. Die Mechanismen sind zwar kompliziert, trotzdem ergeben sie Sinn in der Spielwelt und machen Spaß sie zu bespielen.
Für mich stellen sich derzeit noch zwei Fragen, die ich erkunden möchte. Wie spielt sich die Kanzlerin, nachdem man begriffen hat, was zu tun ist? In der ersten Partie war ich es, aber das zählt für mich nicht. Ist das überhaupt interessant, da man nur gewinnen kann, indem man den Sieg der anderen verhindert. Oder ist die Rolle der Exilanten interessanter? Was mich zur nächsten Frage bringt. Warum sollte ich Bürger (Citizen) werden oder noch wichtiger warum sollte die Kanzlerin jemanden einbürgern? Das haben wir bisher noch nicht erforscht. Ich bin gespannt.