Ein Hinweis zu Abominiation:
In Abomination beschäftigen wir uns mit dem Tod. Das Spiel stellt Gräueltaten dar, die uns als Mensch eigentlich nie einfallen würden. Dies ist jedoch vor allem der literarischen Vorlage (Frankenstein oder der moderne Prometheus von Mary Shelley – Affiliate Link), als auch einer Zeit geschuldet, in der Leichen auf unredliche Art beschafft wurden, um wissenschaftliche Experimente an ihnen zu verüben.
Darum interessierte mich Abomination
Auch wenn ich Mary Shelleys Frankenstein nie gelesen habe, bin ich mir des Inhalts bewusst. So sehr, dass mir jedes Mal, wenn irgendwer Frankensteins Monster dann Frankenstein nennt ein kalter Schauer über den Rücken läuft. Nein meine Lieben, Frankenstein ist der Wissenschaftler, der das Monster erschaffen hat. Nicht das Produkt seiner Arbeit.
Nachdem das geklärt ist, kann ich mehr zum Brettspiel selbst sagen. Zuerst einmal fiel mir natürlich die Thematik auf. Ein Spiel, in dem man versuchen muss, aus Leichenteilen ein neues Wesen zu erschaffen. Eine Thematik im Gothic Horror, die sehr faszinierend ist. Witzigerweise ist es auch gerade ein Szenenbild aus dem Geisterschloss im Europapark, das aus dieser Zeit stammen könnte, welches mich immer schon in seinen Bann zog. Zumindest bilde ich mir die Verknüpfung ein.
Viel mehr wusste ich vor der ersten Partie nicht über das Spiel. Also von den Mechaniken selbst. Bilder des Materials hatte ich natürlich gesehen. Dieses sprach mich dann auch genügend an, um das Brettspiel unbedingt testen zu müssen. Nun war es an der Zeit, die erste Partie ist absolviert und ich kann meine Gedanken hierzu zu Papier bringen.
Wie funktioniert Abomination überhaupt?
Das Ziel von Abomination ist, Frankensteins Monster eine Braut zu basteln. Dabei werden durch Begegnungen mit dem Monster (oder dessen Widersacher) genauso Storyfetzen eingestreut wie über die Ereignisse. Letztere dienen dazu, das Spiel durch Unvorhergesehenes zu beeinflussen. Doch die Begegnungen selbst zwingen Mitspielende am Tisch immer wieder Entscheidungen zu treffen. Diese können unterschiedlichste Auswirkungen haben. Mal verliert man etwas Menschlichkeit und erhält dafür Geld. Ein anderes Mal könnte man Wissen gewinnen, dafür jedoch an Prestige einbüßen.
Wo wir schon dabei sind. Alle Spielenden am Tisch besitzen neben einem Charakter mit eigener Fähigkeit drei Skalen, die ihre Taten und Bemühungen festhalten. Da wäre die Menschlichkeit – über die man Siegpunkte und Prestige erhält -, das Prestige – welche uns mit weiteren Arbeitenden versorgt – und zuletzt das Wissen – welches wir für die Produktion der Braut vorweisen müssen.
Im Spiel selbst haben wir Arbeitende, die wir in ganz Paris einsetzen können. Das Besondere ist, dass es die Arbeitende in zwei Kategorien gibt. Wissenschaftler und Helfer. Der Unterschied ist, dass Wissenschaftler nicht nur überall eingesetzt werden können, sondern auch ab und an einen kleinen Bonus erhalten. Den Helfern stehen weniger Einsetzmöglichkeiten zur Verfügung. Eine zweite Besonderheit ist, dass man die Arbeitenden der Mitspielenden vertreiben kann. Zumindest solange noch ein Platz auf den Ausweichfeldern ist.
Da man sein persönliches Monster nicht aus dem Nichts erschaffen kann, benötigen wir hierfür Bauteile. Diese erhalten wir über Leichen, die wir uns in ganz Paris besorgen. Dabei bestimmt der Ort nicht nur, welche menschlichen Überreste wir finden können, sondern auch die Qualitätsstufe, die diese annehmen können. Dabei unterscheiden wir vier Verwesungsgrade, die einen Einfluss auf die Qualität des Endprodukts haben.
Zusätzlich ist es möglich, Tierteile zu beschaffen – welche man als minderwertigen Joker einsetzen kann -, Kanallien anzuheuern, Vorträge zu halten, ehrenamtlich zu arbeiten und Buße zu tun. Diese Möglichkeiten beeinflussen zumeist unseren Charakter oder dessen Barvermögen. Zusätzlich gibt es noch Menschlichkeits- oder Forschungskarten, mit denen wir das Spiel und uns selbst formen können.
Sind alle Arbeitenden gesetzt, geht es daran, das Monster zu bauen. Über eine Tabelle erfahren wir nicht nur, wie viel Wissen wir zum Beispiel für ein Bein benötigen, sondern auch, welche Überreste hierfür wichtig sind. Sind alle aus der Verwesungsstufe 1 oder 2, wird es ein Körperteil von hoher Qualität. Gibt es auch nur eines aus der Verwesungsstufe 3 oder 4, haben wir ein Körperteil von niedriger Wertigkeit erschaffen.
Macht aber nichts, da wir dieses noch aufwerten können, zumindest wenn wir die Voraussetzungen erfüllen. Zuletzt können wir noch den Schalter umlegen, um Leben in die Muskeln zu bekommen. Hierfür wird gewürfelt. Als Ergebnis können wir Menschlichkeit verlieren, Körperteile zum Leben erwecken oder mit Strom anreichern. Letzteres ist schlecht, da zwei Stromplättchen ein Körperteil zerstören.
Das Spiel läuft über mehrere Runden und endet, sobald entweder der Captain (= Widersacher) das Endfeld erreicht oder jemand ein komplettes Wesen erschaffen und zum Leben erweckt hat. Im Anschluss gibt es zu den im Spiel gesammelten Siegpunkten noch Punkte für die einzelnen Körperteile und Bonusziele. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt.
Was macht Abomination richtig?
Das Brettspiel bietet einen spannenden Wettlauf sowohl gegen die Zeit als auch die Mitspielenden. Denn die zwei Endbedingungen sorgen dafür, dass man durchaus unter Druck gerät. Vor allem, wenn irgendwer am Spieltisch auch noch den Captain (Rundenmarker) durch eine menschliche Handlung vorwärts bewegt oder damit bestimmte Bereiche sperrt. Dabei finde ich es auch interessant, dass man mit steigender Anzahl Mitspielenden nicht einfach das Spielfeld selbst skaliert, sondern die Möglichkeiten für Verdrängungen erweitert. Das sorgt für weitere taktische Entscheidungen und einen regen Geldwechsel.
Thematisch lässt sich das Spiel, trotz seiner unrealistischen Ausgangslage, recht gut ableiten. Eben, dass unterschiedliche Orte und Beschaffungsmaßnahmen zu unterschiedlich wertigen menschlichen Bauteilen führen. Ob ich den Glücksfaktor als gelungen empfinde, kann ich noch nicht mit 100 %-iger Gewissheit sagen. Ja, er bringt eine spannende Komponente mit, aber sorgt eben auch dafür, dass erfolgreiches Handeln auf Würfel- oder Kartenglück reduziert werden.
Ist man dann im Spiel angekommen, kann man recht schnell Erfolge erzielen. Auch die unterschiedlichen Möglichkeiten laden zum Experimentieren ein. Ich werde das nächste Mal einfach mal prüfen, indem ich ein bösartiges Genie spiele. Also niedrige Menschlichkeit und hohes Wissen.
Einen Punkt muss ich auch noch als gelungen einwerfen. Das Aktionsfeld für Startspielende. Eine Figur, die dort platziert wurde, ist für diese Runde nicht komplett verloren, sondern kann am Ende noch auf eines der Einsetzfelder verschoben und für eine Aktion genutzt werden. Das ist ein Punkt, der mir in der Partie besonders gefallen hat.
Was nervt an Abomination?
Es gibt leider auch ein paar Schattenseiten in Abomination, die mich nach der ersten Partie etwas ratlos zurückließen. Da waren zum einen die Story-Elemente für einzelne Mitspielende. Klar, sie haben nur kleine Auswirkungen, aber dennoch fühlen sie sich irgendwie ein wenig deplatziert an. Zumal es auch hier wieder vollkommen willkürlich ist, wer getroffen wird.
Genauso möchte ich hier nochmals den Glücksfaktor aufgreifen. Ja, man kann vieles kompensieren, aber immer wieder fehlen bestimmte menschliche Überreste, die es zu beschaffen gilt, die eben in einem letzten Zug auf den Karten auftauchen müssen, die man zieht. Ansonsten schaut man in die Röhre. Wahrscheinlich muss ich noch tiefer einsteigen, um zu sehen, wie man das erfolgreich umgeht, aber aktuell wirkte es noch recht stark beeinflussend.
Ob der extreme Geldmangel, den wir im Spiel hatten, durch eigene Unfähigkeit ausgelöst war oder das Spiel einfach recht knausrig ist, ist ein weiterer Punkt, den ich noch klären muss. Aber hier bleibe ich auch am Ball.
Zuletzt möchte ich noch den Spielplan ansprechen. Dieser ist viel größer, als er eigentlich sein müsste. Wir haben viele illustrierten Freiflächen, die dafür sorgen, dass das Brettspiel einen großen Platzbedarf hat. Außerdem sehen die Gebäude mit Einsetzfeldern dank Folierung zwar gut aus, neigen aber gleichzeitig dazu zu spiegeln.
Freue ich mich auf die nächste Partie Abomination?
Natürlich! Das Spiel ist zwar extrem makaber, aber bietet einen durchaus interessanten Spielablauf. Meine Frau war nach erster Skepsis schon einmal begeistert, sodass weiteren Partien nichts im Wege steht. Außerdem interessiert es mich zu entdecken, wie man am besten vorgeht und ob extreme Strategien zum Erfolg führen können.
Das Spiel läuft schon nach kurzer Zeit flüssig. Man weiß, was man tut und wie man es erreicht. Klar ist es wichtig, richtig mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu jonglieren, aber das fühlt sich nie anstrengend an, sondern ergibt einen guten Flow. Außerdem mag ich Spiele, in denen ich die Aktionen meiner Mitspielenden erahnen möchte, um gerade noch rechtzeitig am richtigen Ort zu sein.
Zuletzt will ich es einfach schaffen, meine persönliche Kreatur zum Leben zu erwecken. Denn etwas Wahnsinn schlummert auch in mir.
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Transparenz
Bei unserer Testausgabe von Abomination: Frankensteins Vermächtnis handelt es sich um ein Rezensionsexemplar. Dieses wurde uns freundlicherweise von Corax Games ohne Verpflichtungen oder Beeinflussungen zur Verfügung gestellt.
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Denny Crane
Schöner Test zu einem Spiel was mich vom Thema tatsächlich 0 anspricht. Trotzdem lese ich solche Tests auch immer gerne um zu wissen warum das Spiel seine Fans hat