SPIELSTIL Rezension
Lesezeit: 5 Minuten
Ein Spiel entwickelt von Peer Sylvester
erschienen bei Giant Roc
Der König von Großbritannien hat seinen letzten Atemzug getan und schon bringen sich Schotten, Waliser und Engländer in Stellung, um sich den Thron zu sichern. Jedes Mittel, und sei es noch so niederträchtig, ist dabei gerade recht. Lasst die Spiele beginnen, denn “Der König ist tot”.
(Sprichwort aus Großbritannien)
In “Der König ist tot” wollen wir entweder den meisten Einfluss in den acht Regionen des Reiches oder wir schaffen dreimal ein Patt und forcieren so die Invasion der Franzosen. In einer Partie hat man nur acht Karten zur Verfügung, einmal gespielt kommen sie nie mehr auf die Hand zurück. Fünf davon sind bei allen gleich, drei sind bei jedem unterschiedlich. Ist man am Zug, spielt man entweder eine Karte oder passt. Entscheidet man sich für die Karte, ändert dies die Machtverhältnisse auf dem Spielbrett. Zusätzlich nimmt man sich einen Getreuen (Würfel) aus irgendeiner Region an den eigenen Hof. Wer gepasst hat, kann wieder einsteigen und erneut eine Karte spielen. Es sei denn, alle am Tisch haben nacheinander gepasst, dann kommt es zum Machtkampf.
Beim Machtkampf gewinnt die Fraktion mit dem größten Einfluss (den meisten Würfeln) in der aktuell umkämpften Region. Bei einem Gleichstand wird eine schwarze Krisenscheibe aus Frankreich in die Region gelegt.
Das Spiel endet mit der Krönung des neuen Königs, wenn die letzte Region gewertet wurde. Wer dann die meisten Getreuen der einflussreichsten Fraktion hat, gewinnt. Sollten aber irgendwann im Laufe des Spiels alle drei Krisenscheiben gelegt werden, endet das Spiel vorzeitig mit der Invasion Frankreichs. Jetzt gewinnt, wer die meisten Sets von Getreuen hat, also jeweils einen aus Gelb, Blau und Rot.
(Sprichwort aus Großbritannien)
Die Regeln von “Der König ist tot” sind einfach. Trotzdem weiß man anfangs nicht unbedingt was das Spiel von einem will. Der Zugang ist nicht so simpel, wie die Regeln es vermuten lassen. Auch beim Erklären sollte man nicht zu sparsam sein, sonst schaut man schnell in ratlose Gesichter. Ist der Penny erst mal gefallen, kommt “Der König ist tot” schnell in Fahrt. Die Züge gehen recht flott. Es hilft, dass Karten die Reihenfolge der Regionen um die gespielt werden, vorgeben. Ein probates Mittel gegen Grübelstarre. Ist man am Zug, steht man immer vor dem genialen Dilemma: “Spiele ich eine Karte oder passe ich?” Man hat maximal 8 Karten zur Verfügung, jede davon will wohl platziert und überlegt sein. Daher fühlt sich auch jede davon wertvoll und wichtig an. Verprasse ich das Blatt für ein paar wenige Regionen, bin ich für den Rest des Spiels Zuschauer und ein vermeintlicher Sieg rinnt mir durch die Finger. Wir hatten schon Partien, in denen bei den letzten Regionen nicht mehr alle dabei waren, was sich wie eine andere Art von Player Elimination anfühlt.
Trotzdem, ich muss und will Karten spielen! Nur so beeinflusse ich die Mehrheiten im Spiel. Nur so bekomme ich Getreue an meinen Hof. Den nachdem ich eine Karte gespielt habe nehme ich einen Würfel vom Brett. Allein diese Entscheidung ändert wieder das Kräfteverhältnis im Spiel. Auf der einen Seite will ich so viele Getreue meiner bevorzugten Fraktion wie möglich an meinem Hof, hole ich mir aber einen davon schwäche ich diese Fraktion gleichzeitig. Das führte immer wieder zu wunderschönen Zwickmühlen am Tisch inklusive wissendem Schmunzeln der anderen.
Wichtig während des Spiels ist es zu erkennen, wann es keinen Sinn mehr ergibt, eine Region weiter zu umkämpfen und auszusteigen. Vielleicht ist die nächste Region vielversprechender, leichter zu gewinnen und ein Gegner hat sich schon mit seinen Karten verausgabt. Für manchen mag das eine schwierige Prüfung sein, aufzuhören, wenn man sich festgebissen hat. Aber es macht den Reiz des Spiels aus.
Außerdem muss man jederzeit bereit seine Allianzen in den Wind zu schießen. Galt die Vorliebe erst den Walisern, ist das Blau der Schotten doch auch nicht schlecht oder vielleicht sollte man sogar die Franzosen ins Land bitten? Die französische Invasion ist natürlich der ultimative Verrat, doch das fühlt man nicht, man muss nur die neue Siegbedingung im Auge halten. Und man würde nicht glauben, wie schnell die anderen auf die Vaterlandstreue pfeifen und mitziehen. Dies ist die zweite Erkenntnis, die man gemacht haben muss. Man hat keine eigene Farbe, sondern man lenkt die Geschicke von Fraktionen und die anderen am Tisch machen das gleiche mit denselben Fraktionen. Dadurch ändert sich die Situation auch extrem schnell auf dem Spielbrett. Eine Mehrheit für Schottland kann nach einer Runde zur Mehrheit für die Engländer werden, ohne dass überhaupt noch ein Schotte in der Region ist.
Je mehr Leute um die Vormacht kämpfen, umso schlechter lässt sich das Spiel planen. Zu viert mögen manche das Spiel “Random” oder “völlig random” empfinden. Ich würde den Sweet Spot bei drei Thronanwärtern sehen, da ist die Dynamik noch nicht völlig undurchschaubar. Wer es aber nicht leiden kann, dass sein Zug nach einer Runde kaum mehr zu sehen ist, sollte “Der König ist tot” eher meiden. Für alle, die ein schnelles, doch auch grübeliges Brettspiel mit viel Interaktion mögen, ist es eine klare Empfehlung.
Der König ist tot von Peer Sylvester
Robert:
Hinweis:
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Ralf Brechtel
Nettes kleines Spiel. Problem, es gibt in letzter Zeit einfach besseres. Da spielt man das. Etwas unfair dem Spiel gegenüber.